Zwei Wochen stellen uns Hersteller gewöhnlich einige ihrer Produkte zu Testzwecken zur Verfügung. Je nach Terminkalender bleibt den einzelnen Redakteuren dann Zeit für mehr oder weniger ausgiebige Probefahrten. Nach dem Zafira Tourer überließ uns Opel den Cascada, ein "Ganzjahres-Cabrio", wie uns das Modell angepriesen. Eine der wenigen Versprechen, die wir nicht ausprobieren konnten, denn während der Testphase verwöhnte uns überweigend goldenes Herbstwetter, so dass die asp-Redakteure vielfach tatsächlich "oben ohne" zu Terminen erscheinen konnten.
"Die Faszination, die der Cascada ausstrahlt, sowie seine hochmodernen Technologien und Ausstattungsmöglichkeiten heben ihn in Richtung Spitze des Opel-Portfolios." Häufig sind solche Marketing-Elogen aus Pressemappen ja mit Vorsicht zu genießen. Doch nach insgesamt vier Wochen mit zwei Opel-Modellen können wir festhalten: Der Blitz donnert wieder! Hier die Notizen zum Cascada.
Bernd Reich
Pro:
- Optisch sehr gelungenes, klassisches Cabrio mit Stoffverdeck. Sehr ehrlich gemacht ohne Pomp. Kompliment Opel!
- Lenkung, Getriebe und Fahrwerk gut auf langes, entspanntes Reisen abgestimmt.
- Bequeme Sitze, genügend Platz auch im gut zugänglichen Kofferraum (bei geschlossenem Verdeck).
- Der 1.6-Liter-Motor passt gut zum Charakter des Cascada.
Contra:
- Die sehr flach stehende Windschutzscheibe sorgt schon bei geringer Verschmutzung für optische Irritationen bei Nachtfahrten.
- Die beheizbare Heckscheibe steht ebenfalls sehr flach und gibt nur einen schmalen Sehschlitz frei.
- Zur Bedienung der vielen Knöpfe in der Mittelkonsole ist wenn auch nur kurz volle Aufmerksamkeit mit Hinsehen erforderlich.
Niko Ganzer
Pro:
- Tatsächlich ein Viersitzer - zumindest mit kleiner gewachsenen Menschen auf dem Rücksitz. Es lassen sich auch längere Strecken ohne Thrombosegefahr bewältigen.
- Schickes Cabrio, bei dem der sonst durch den Dach-Stauraum verursachte Buckel geschickt kaschiert wurde.
- Schnell schließendes, gut gedämmtes Stoffverdeck. Auch auf der Autobahn sind noch Gespräche in normaler Lautstärke möglich.
Contra:
- Auch nach vier Wochen mit zwei verschiedenen Opel-Modellen habe ich mich noch immer nicht an die Tasten-Inflation im Innenraum gewöhnt.
- Nie mehr gewöhnen werde ich mich an das pixelige rote Display des Bordcomputers. Die ersten Modelle, die mit diesem Display umherfuhren, müssen inzwischen schon Youngtimer sein.
- Totwinkelassistent funktionierte bei unserem Tesfahrzeug nicht zuverlässig.
- Zu großer Wendekreis.
Peter Diehl
Pro:
- Angenehmes Reisecabrio, wäre da nicht der recht kleine Kofferraum (vgl. Kontra).
- Aufgeladener 1,6-Liter-Benziner + Sechsgang-Schaltgetriebe = optimale Cabrio-Motorisierung.
- Beim Thema Korrosionsschutz hat Opel viel dazu gelernt.
- Perfekt anpassbare AGR-Sportsitze für relativ wenig Aufpreis.
- Sicher ein großer Image-Gewinn für Opel.
Contra:
- Wozu ein Opel-Cabrio, das außen deutlich größer als beispielsweise ein 129er Mercedes-Benz SL ausfällt, innen aber kaum mehr Platz bietet.
- Verdeck nimmt zu viel Platz im Kofferraum weg.
- Bedienkonzept gibt zum Teil Rätsel auf.
Frank Schlieben
Pro:
- Optisch ein echtes Schmankerl, kein Nachbar, der mich nicht auf den "eleganten Wagen" ansprach (die meisten waren überrascht, dass es sich um einen Opel handelt).
- Der 1,6l Ecotec Turbo-Motor mit 170 PS macht richtig Spaß, hängt gut am Gas und verleiht dem Cascada zwar keine Flügel, verhilft ihm aber zu ordentlichen Fahrleistungen und beherrscht auch das Cruisen gut – also genau richtig für ein Cabrio.
- Hochwertige Verarbeitung in unserem Testwagen, der insgesamt wie aus dem Vollen geschnitzt wirkt.
- Das Verdeck schließt und öffnet schnell und ist zudem sehr gut gedämmt; die Geräuschkulisse auf der Autobahn bei geschlossenem Verdeck dürfte sich nicht groß von der in einem Auto mit festem Dach unterscheiden.
Contra:
- Die Außenlänge von 4,70 Metern täuscht Platzverhältnisse vor, die es im Inneren so nicht ganz gibt, besonders im Kofferraum, wo der Verdeckkasten viel Platz schluckt.
- Bis zu 1,8 Tonnen Leergewicht: der Cascada ist kein Hänfling, er wirkt gerade auf schnell gefahrenen kurvigen Landstraßen ein wenig behäbig.
- Das Bedienkonzept der Multimedia-Einheit und die zahlreichen Knöpfe in der Mittelkonsole sind auch beim dritten Bedienversuch etwas verwirrend.
- Ohne Parkdistance-Control wird das Auto hoffentlich nicht angeboten, denn das kann für den Käufer teuer werden.
Fazit: Ein gelungen designtes Auto mit ein paar (verzeihbaren) Schwächen.
Robert
Klaus Nohr