Von Wolfgang Schäffer/SP-X
Karlheinz Hell ist so etwas wie der Vater des Golf 8. Der Leiter der Baureihe Compact sieht seine Arbeit als "den aufregendsten Job, den jemand in der Autoindustrie haben kann". Schließlich müsse der Golf auch nach dem Modellwechsel unverwechselbar ein Golf bleiben. Auf der anderen Seite aber sei es unabdingbar, dass der Wagen optisch und vor allem technisch die hohen Anforderungen der Zukunft erfülle. Und das zu bezahlbaren Preisen. Die liegen im Einstieg bei weniger als 20.000 Euro. Anfang Dezember rollen die ersten Modelle der neuen Golf-Generation zu den Händlern in Deutschland und Österreich.
Hell ist überzeugt, die gesteckten Ziele erreicht zu haben: "In der Generation 8 haben wir den nachhaltigsten, sichersten, kommunikativsten, komfortabelsten und intelligentesten Golf auf die Räder gestellt. Und optisch ist die typische DNA der Baureihe in die Neuzeit übertragen worden."
Letzteres gilt in erster Linie für die C-Säule, die seit jeher den Auftritt des Golf prägt. Der hat zwar mit einer Länge von 4,28 Metern, einer Breite von 1,79 Metern und einer Höhe von 1,46 Metern seine kompakten Maße behalten. Doch wurde so gut wie jedes Teil der Karosserie neu geformt. So ist die Front mit den schmal gezeichneten serienmäßigen LED-Scheinwerfern sowie dem weit nach außen gezogenen und dort ansteigenden Lufteinlass deutlich flacher als bislang. Über die Motorhaube ziehen sich auf beiden Seiten scharf gezogene Powerdomes. Damit werden die muskulösen Radhäuser zusätzlich betont. In der Seitenansicht fallen die hohe Schulterlinie und das nach hinten abfallende Dach auf. Es ist zwei Zentimeter tiefer als beim Golf 7. Am Heck sind die Rücklichter relativ weit oben platziert und über eine Falz in der Kofferraumklappe verbunden. Stoßfänger und Hecktür haben die Designer deutlicher voneinander getrennt als beim Vorgänger. Der wirkt von hinten zudem runder als die trapezförmig ausgelegte Rückansicht der neuen Generation.
VW Golf 8 (2020)
BildergalerieEinen weitaus größeren Sprung in die Moderne aber haben die Designer im Innenraum des Millionensellers vollzogen. Hier ist vor allem die Gestaltung des Armaturenträgers zu nennen. Vor dem Fahrer liegen nicht nur ein Multifunktionslenkrad, sondern auch digitale Instrumente mit einem 10,25 Zoll großen Display. Gestochen scharf werden sämtliche Infos dargestellt. Das Licht sowie die Heizung der Front- und Heckscheibe werden über ein hoch angeordnetes, digitales Tastenfeld links von den Instrumenten bedient. Übergangslos und auf der gleichen Blickachse schließt sich rechts der Touchscreen (8,25 Zoll) für das serienmäßige Infotainmentsystem an.
Touchslider: Ein Pluspunkt für die Sicherheit
Ganz neu dabei der Einsatz sogenannter Touchslider. Dabei werden beispielsweise Lautstärke oder auch Klimaautomatik (Serie) über das Wischen mit einem Finger in einer feinen Rinne geregelt. Diese Vertiefung direkt vor dem Display ist leicht zu ertasten und lenkt – anders als die Bedienung über den Screen – so gut wie gar nicht ab. Ein Pluspunkt für die Sicherheit.
Schon die beiden nebeneinanderliegenden Bildschirme sorgen optisch für eine enorme Breitenwirkung. Die wird mit einer durchgehenden Leiste darunter zusätzlich betont. Integriert in diese sind die Luftausströmer. Die wiederum geben beim Verstellen eine Rückmeldung mit einem leisen Klicken. Ralf Brandstätter, Chief Operating Officer (COO) der Marke VW, sagt dazu: "Unser Ziel war es, modernste Technologien einem großen Kundenkreis zugänglich zu machen."
Anders als bisher ist die Mittelkonsole komplett vom Armaturenbrett abgekoppelt. Das bringt eine gewisse Leichtigkeit in das mit wertigen Materialien ausgestattete Passagierabteil. Ebenso der winzige Getriebewählhebel, ähnlich wie im neuen Porsche 911, wenn ein Doppelkupplungsgetriebe die Kraftübertragung des jeweiligen Triebwerks übernimmt. Ansonsten ist ein neu entwickeltes Sechsgang-Schaltgetriebe im Einsatz.
Die Kunden haben die Wahl zwischen einer Vielzahl von Antriebsvarianten. Das Motorenprogramm wird nach und nach außer effizienten Benzinern und Dieseln auch Erdgas-, Mild-Hybrid- und Plug-in-Hybrid-Versionen beinhalten. Das Leistungsspektrum liegt nach dem Anlauf aller Motorversionen zwischen 66 kW / 90 PS und mehr als 221 kW / 300 PS. Neu im Programm sind zwei Benziner (TSI) mit 66 kW / 90 PS und 81 kW / 110 PS sowie zwei Diesel (TDI) mit 85 kW / 115 PS und 110 kW / 150 PS. Die neuen TSI-Motoren sollen wenig verbrauchen und dementsprechend geringere Emissionen erzeugen. Die Diesel reduzieren laut VW aufgrund einer neuen zweifachen AdBlue-Einspritzung vor zwei hintereinander angeordneten SCR-Katalysatoren die Stickoxid-Emission (NOx) deutlich und vermindern den CO2-Ausstoß um bis zu 17 Prozent.
Drei Mild- und zwei Plug-in-Hybride
Das Hybridprogramm im Golf wird von zuvor einem auf fünf Antriebe ausgeweitet: Als Premieren wird es drei Mild-Hybridantriebe (eTSI) mit 48-Volt-Technik in den Leistungsstufen 81 kW / 110 PS, 96 kW / 130 PS und 110 kW / 150 PS geben. Sie sollen die CO2-Emissionen um bis zu zehn Prozent verringern. Darüber hinaus steht der Plug-in-Hybridantrieb (eHybrid) in zwei Leistungsstufen zur Wahl: eine neue Effizienzversion mit 150 kW / 204 PS und ein sehr sportlich ausgelegter, weiterentwickelter GTE mit 180 kW / 245 PS. Beide Versionen kommen 2020 und starten mit einer neuen 13-kWh-Batterie, die Reichweiten von bis zu 60 Kilometern nach WLTP-Norm ermöglichen soll. Ebenfalls im nächsten Jahr wird ein Golf TGI mit Erdgasantrieb (CNG, 96 kW / 130 PS) ins Programm aufgenommen. GTI, GTD und Golf R folgen zeitversetzt.
Von Anfang an stehen serienmäßig der Spurhalteassistent und ein Umfeldbeobachtungssystem - inklusive City-Notbremsfunktion, Fußgänger- und Radfahrererkennung sowie neuer Ausweichunterstützung und neuem Abbiegeassistent zur Verfügung. Außer einer Vielzahl von weiteren Assistenzsystemen kann auf der Bestellliste auch ein so genanntes Windshield-Head-up-Display angekreuzt werden, bei dem die Informationen direkt in die Windschutzscheibe projiziert werden. Wer sich nicht gleich entscheiden mag, kann unter anderem die automatische Distanzkontrolle, den Fernlichtassistenten, die Navigation, einen WLAN-Hotspot und die online-basierte Sprachbedienung nachträglich aktivieren lassen. Die Digitalisierung des Fahrzeugs bietet zudem die Möglichkeit, dass jeder Fahrer den Wagen auf seinen ganz eigenen Geschmack abstimmt. Diese personalisierten Einstellungen können im Wagen und via Cloud gespeichert werden, um sie nach einem Fahrer- oder auch einem Fahrzeugwechsel wieder abzurufen. Wer möchte, kann seinen Golf mit dem Smartphone öffnen und starten und über eine App einen digitalen Schlüssel an Dritte übergeben.
Diese umfangreiche Digitalisierung des Autos war ein enormer Aufwand. Aufgrund des Software-Ausbaus seien dabei in der Entwicklungsphase auch mehr Fehler aufgefallen als noch beim Golf 7, hatten die Verantwortlichen schon vor einigen Monaten erklärt. Die seien aber allesamt ausgemerzt worden, so dass der Golf 8 vom ersten Tag an mit allen Optionen bestellen werden kann.