Seit 2007 soll es für alle Marktteilnehmer möglich sein, leicht, unverzüglich und uneingeschränkt auf Hersteller-Informationen zuzugreifen. Grundlage ist die Verordnung (EG) Nr. 715/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates, welche die Typgenehmigungen und Emissionen (Euro 5 und Euro 6) von leichten Personenkraftwagen und Nutzfahrzeugen sowie den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen neu regeln. Der Zugriff selbst und die Daten- und Informationsabfrage erfolgen über einen standardisierten Prozess via Internet.
Steuergeräte reprogrammieren
Vor allem freie Werkstätten haben so die Möglichkeit, neben der Abfrage von Reparatur- und Diagnosedaten bei Bedarf auch die Reprogrammierung von Fahrzeugkomponenten und -systemen online durchzuführen. Hierzu wird die sogenannte PassThru-Technologie genutzt. Unter PassThru versteht man den direkten Draht zu allen benötigten Diagnose-, Service- und Wartungsdaten für Fahrzeuge nach Euro 5/6, die von den OE- Herstellern über die Portale zur Verfügung gestellt werden müssen ( siehe Tabelle rechts). Dieser Zugang ist für freie Kfz-Betriebe ohne Markenbindung sehr wichtig, um Softwareupdates, zum Beispiel zur Problembeseitigung elektronischer Fehler, aber auch die Initialisierung und Kalibrierung von Sensoren bzw. Kameras von Fahrerassistenzsystemen ohne Hilfe von Markenbetrieben vornehmen zu können. Daneben ist ihnen auch die Neuprogrammierung und sogar Codierung von Steuergeräten und Systemkomponenten möglich.
Eine immer wichtiger werdende Funktion der PassThru-Technologie ist auch das Führen des Digitalen Serviceheftes. Neben einer lückenlosen Dokumentation - das Heft kann nicht verloren gehen - wird hiermit auch das Risiko bei Garantiefällen und Gebrauchtwagenkauf erheblich reduziert.
Anmeldung notwendig
Der Zugang zu den Reparatur- und Wartungsinformationen ist jedoch nicht kostenfrei und verlangt zudem eine Registrierung der Werkstatt beim Fahrzeughersteller.
Folgende Daten können dabei abgefragt werden:
- Name und Adresse des Kfz-Betriebes und der Mitarbeiter
- Daten für die Rechnungserstellung (inkl. Umsatzsteuer-Identifikationsnummer)
- Akzeptanz der Allgemeinen Geschäftsbedingungen des jeweiligen Fahrzeugherstellers/-importeurs
Um Zugang zu diebstahlrelevanten Reparatur- und Wartungsinformationen zu erlangen, muss der Kfz-Betrieb einen Anerkennungs- und Autorisierungsprozess durchlaufen. Zusätzlich zu den Registrierungsdaten sind dann weitere Daten notwendig, beispielsweise Personalausweiskopien, Arbeitsverträge sowie die Betriebshaftpflichtversicherung und Baunutzungsgenehmigung als Kfz-Werkstatt. Mit der Dateneingabe werden zumeist ein frei wählbares Kennwort und Passwort vergeben.
Technische Voraussetzungen
Um das PassThru-Verfahren nach der Registrierung nutzen zu können, sind ein Computer mit stabilem Internetzugang und ein PassThru-fähiges Diagnoseinterface (Vehicle Communication Interface) notwendig. Vor allem zum Flashen von Steuergeräten müssen ein unterbrechungsfreier Datenfluss und eine stabile Stromverbindung (zum Beispiel Spannungserhaltungsgerät) gewährleistet sein.
In der Regel werden die Daten gegen Gebühr zur Verfügung gestellt. Die Bezahlung erfolgt über Kreditkarte. Grundsätzlich wird der Zugang zu allen Daten tage-, monats- oder jahresweise gewährt. Die Gebühr hängt von der Nutzungsdauer ab. Auch Kostenmodelle in Abhängigkeit von den gebuchten Informationen sind üblich. Um die unterschiedlichen OE-Informationen abfragen zu können, muss man sich bei jedem Hersteller separat anmelden. Das ist zeitaufwendig und kann gehörig ins Geld gehen.
Eine Alternative ist daher das Euro 5/6 Diagnose- und Flash-Tool (Euro DFT), ein Produkt der ADIS-Technology GmbH in Aachen. Dabei handelt es sich um ein Universalwerkzeug zur Herstellerdiagnose und -programmierung von Euro 5/6-Fahrzeugen mit Original-Software der Automobilhersteller (OEM). Die Kommunikation mit dem Fahrzeug wird über einen Universaladapter ermöglicht. Die Inhalte der Übertragung sind dabei identisch. Auch die Nutzung des Herstelleradapters ist weiterhin möglich. Zurzeit werden unter anderem folgende Marken unterstützt: Audi, BMW, Ford, Mercedes-Benz, Mini, Opel/Vauxhall, Seat, Skoda, Smart und VW. Weitere werden folgen.
Kurzfassung
Über die Online-Portale der Fahrzeughersteller können freie Werkstätten Reparatur- und Diagnosedaten abfragen. Wie die Anmeldung funktioniert und worin die Vorteile liegen, haben wir zusammengefasst.
Vorteile für freie Kfz-Werkstätten
- Zugang zu spezifischen Herstellerinformationen- Online-Diagnose- Neuprogrammierung und Codierung von Steuergeräten- Digitales Serviceheft- Aktuelle Wartungspläne
- Ausgabe 05/2019 Seite 32 (200.5 KB, PDF)