Von Holger Holzer/SP-X
25 Jahre nachdem das Elektronische Stabilitätsprogramm (ESP) zum ersten Mal in einem Auto serienmäßig eingebaut wurde, ist der Schleuderschutz zum drittwichtigsten Sicherheitssystem aufgestiegen, nach Sicherheitsgurt und Airbag. Etwa 15.000 Menschenleben hat das ESP nach Berechnungen des Zulieferers Bosch seit 1995 in Europa gerettet.
Das Elektronische Stabilitätsprogramm verhindert durch gezieltes Abbremsen einzelner Räder, dass ein Auto etwa bei einem plötzlichen Lenkmanöver oder einer zu schnell angefahrenen Kurve ins Schleudern gerät. Es erkennt beginnende Schleuderbewegungen, indem es anhand von Sensorsignalen die vom Fahrer gewünschte mit der tatsächlichen Fahrzeugbewegung vergleicht. Bis zu 80 Prozent aller Schleuderunfälle im Straßenverkehr könnten verhindert werden, wenn alle Fahrzeuge das elektronische Stabilitätsprogramm an Bord hätten, sagt Automobilzulieferer Bosch, der die Technologie ursprünglich gemeinsam mit dem Autohersteller Daimler entwickelt hat.
Premiere feierte das ESP 1995 in der Mercedes S-Klasse, dem Flaggschiff und Technologieträger der Marke mit dem Stern. Große Bekanntheit erlangte das Assistenzsystem zwei Jahre später, obwohl es zunächst gar nicht in Erscheinung trat: Bei einem provozierten Ausweichmanöver, dem sogenannten "Elchtest", kippte die damals neue Mercedes A-Klasse um. Als Konsequenz stattete Mercedes alle A-Klasse-Fahrzeuge mit ESP aus. Auch andere Hersteller führten die Technik in der Folge ein, teilweise unter anderen Bezeichnungen wie DSC (BMW, Mazda), VSA (Honda) oder PSM (Porsche). Die grundsätzliche Funktionsweise aber war überall die gleiche, Unterschiede gab es lediglich bei der Abstimmung. Etwa der Frage, wie früh und rigide das System eingreift – oder ob es einen etwas sportlicheren Fahrstil noch zulässt.
ESP anfangs in Kleinwagen oft aufpreispflichtig
Zum Standard wurde die Fahrdynamikregelung jedoch nur langsam. Noch 2005 hatte laut der Unfallforscher der Versicherer (UDV) nur jedes vierte in Deutschland zugelassene Auto ESP an Bord. Bei Neufahrzeugen stieg mit den Jahren die Ausstattungsrate zwar stetig an, die Abwrackprämie 2009 führte jedoch zu einem kurzfristigen Rückschlag: Viele billige Kleinwagen wurden damals ohne das in dieser Klasse meist aufpreispflichtige ESP verkauft.
Damit war in der Europäischen Union aber bald danach Schluss. Denn seit 2011 wurde das System schrittweise vorgeschrieben, zunächst für neue Personenwagen- und Nutzfahrzeugtypen und ab dem 1. November 2014 für alle neu zugelassenen Pkw und Nutzfahrzeuge. Auch in Argentinien, Australien, Brasilien, China, Ecuador, Israel, Japan, Kanada, Malaysia, Neuseeland, Russland, Südkorea sowie in der Türkei und den USA gibt es gesetzliche Vorgaben oder Selbstverpflichtungen für den Schleuderschutz.
Heute ist der elektronische Helfer aus Autos nicht mehr wegzudenken. Weltweit sind 82 Prozent aller neuen Fahrzeuge mit der Fahrdynamikregelungausgestattet, 2017 waren es erst 64 Prozent. Allein Bosch hat nach eigenen Angaben bereits 250 Millionen Systeme gefertigt. Über die Jahre hat sich das ESP dabei immer weiterentwickelt und immer stärker mit anderen Fahrdynamiksystemen vernetzt. Zum reinen Schleuderschutz gesellten sich Zusatzfunktionen wie Berganfahrhilfe, elektronisches Differenzial oder die Anhängerstabilisierung. Und auch die meisten Reifendruck-Kontrollsysteme würden ohne die ESP-Sensorik, die die veränderte Raddrehzahl beim einem Plattfuß erkennt, nicht funktionieren.