Die Kombination aus Software-Nachrüstungen für ältere und Abwrackprämien für ganz alte Diesel-Autos reicht nach Ansicht des Experten Stefan Bratzel nicht für einen Befreiungsschlag. Insgesamt seien die auf dem Diesel-Gipfel verabredeten Maßnahmen nicht durchschlagend genug, sagte der Branchen-Experte von der Fachhochschule Bergisch-Gladbach der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch.
Ob die mit der hohen Schadstoffbelastung begründeten Fahrverbote in den Städten verhindert werden können, sei in der unübersichtlichen Lage mit zahlreichen Akteuren noch völlig offen. Vor allem die Fahrer der bis 2016 verkauften Euro5-Diesel könnten sich auch nach den von den deutschen Herstellern angebotenen Software-Updates keineswegs auf der sicheren Seite fühlen. "Es ist noch völlig offen, ob man mit den Euro5-Fahrzeugen in alle Städte zu jeder Zeit fahren kann. Das werden wahrscheinlich die Gerichte irgendwann entscheiden", sagte Bratzel.
Ähnliches gelte auch für die erste Generation der Euro6-Fahrzeuge, welche die Grenzwerte meist nur auf dem Prüfstand, nicht aber im Fahrbetrieb einhielten. "Die Sicherheit vor Fahrverboten ist nicht vollständig", mahnt der Experte. Erst Modelle, die die strengere Euro6d-Norm erfüllen, entsprächen den Vorgaben.
Die von den Herstellern angebotenen Umtauschprämien seien für viele Besitzer älterer Diesel-Fahrzeuge durchaus attraktiv, meinte Bratzel. Allerdings seien bei einzelnen Modellen auch bislang schon Preisnachlässe von bis zu 20 Prozent gewährt worden. "So ein Angebot kann durchaus Sinn machen. Bei dem Angebot braucht man ja nicht verhandeln. Da kann man sich direkt das passende Fahrzeug aussuchen und den Rabatt mitnehmen."
Der Experte erwartet unter dem Strich einen positiven Effekt für die Umwelt durch die Verkaufsaktion. Neben dem geringeren Stickoxidausstoß sollten der Verbrauch und damit die CO2-Emissionen bei den neuen Fahrzeugen niedriger liegen, wenn nicht zu viele deutlich leistungsstärkere Modelle gekauft würden. Allerdings werde mit der Verschrottung noch fahrbereiter Autos immer auch Wert vernichtet, mahnte Bratzel. Für den Volkswagen-Konzern könnte das Verkaufsförderprogramm mit bis zu 10.000 Euro Kaufanreiz zu einer besseren Auslastung der Produktion führen. (dpa)