Die niedrigere Dieselsteuer steht nach Einschätzung des Bosch-Kfz-Chefs Rolf Bulander nicht auf der Kippe. "Aktuell besteht kein Grund zur Annahme, dass die Privilegien für Diesel in Europa fallen", sagte der Geschäftsführer der Kraftfahrzeug-Sparte bei dem Zulieferer der Deutschen Presse-Agentur vor dem Beginn des Genfer Autosalons (3. bis 13. März).
Bundesumweltministerin Barbara Hendricks (SPD) hatte sich jüngst für eine Anhebung der Dieselsteuer ausgesprochen, um Anreize für Elektroautos zu finanzieren. Auch das Umweltbundesamt und Greenpeace wollen die steuerliche Bevorzugung des Kraftstoffs abschaffen, weil Dieselwagen umwelt- und gesundheitsschädlicher als Benziner seien.
Im Zuge des VW-Abgas-Skandals war die Diskussion um die Emissionen von Dieselfahrzeugen neu entbrannt. Bosch hatte die Software geliefert, mit deren Hilfe VW Motoren-Messwerte manipuliert hatte. "Der Diesel hat im Schnitt einen Verbrauchsvorteil von 20 Prozent und emittiert 15 Prozent weniger CO2 als ein vergleichbarer Benziner", betonte Bulander. Auch deshalb, so argumentieren die Autobauer, brauchen sie die Technologie weiter, um die künftigen CO2-Grenzwerte in der Europäischen Union zu erreichen, die ab 2021 gelten.
2017 realistischere Abgastests
Schon von 2017 an soll es auch realistischere Abgastests (Real Driving Emissions/RDE) für Dieselfahrzeuge geben, die im regulären Fahrbetrieb auf der Straße stattfinden. Der bisher dafür abgesteckte Rahmen erlaubt allerdings, dass der mit der Euro-6-Abgasnorm festgelegte Wert von 80 Milligramm Stickoxid pro Kilometer noch bis zum Jahr 2020 um mehr als das Doppelte überschritten wird.
"Die Zielwerte sind anspruchsvoll, aber technisch machbar", meinte Bulander. Die Einführung von RDE erfordere eine Weiterentwicklung der Technik an mehreren Stellen wie der Einspritzung und Nachbehandlung von Abgasen: "Mit der Einführung von Real Driving Emissions wird das Stickoxid-Problem gelöst sein. Die Technologie ist da."
Allerdings werden wohl längst nicht alle Dieselfahrzeuge im Straßenverkehr die neuen Bedingungen erfüllen, weil auch noch viele ältere Autos auf Europas Straßen unterwegs sind. Die Technologie muss sich erst nach und nach im Markt verbreiten.
Ob und wie sich die Abgas-Diskussion auf Boschs Diesel-Geschäft auswirkt, hängt davon ab, wie viele Kunden sich in Zukunft für einen Diesel entscheiden. Der Zulieferer Bosch legt nicht offen, wie viele Umsätze aus seinem Kfz-Geschäft auf den Diesel entfallen. Fast zwei Drittel der rund 71 Milliarden Euro an Erlösen stammten 2015 aus dem Gesamtbereich "Mobility Solutions", den Bulander verantwortet.
Jedoch hängen den Angaben zufolge 50.000 der weltweit 375.000 Arbeitsplätze vom Diesel ab. "Wir glauben fest an eine Zukunft des Diesels", sagte Bulander. "Es ist wichtig, die Diskussion um die Dieseltechnologie zu versachlichen. Ich hoffe, dass sich die Gespräche auf die Ebene der technischen Fakten verlagern." (dpa)