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Datenzugang und Teileidentifizierung: GVA überzieht Automobilindustrie mit Klagen

21.11.2024 13:54 Uhr | Lesezeit: 2 min
GVA
 GVA-Präsident Thomas Vollmar machte deutlich, dass der GVA sich auf weitere langwierige Rechtsstreitereien einstellen muss. 
© Foto: Dietmar Winkler / asp

Um rechtliche Vorgaben aus Brüssel zu Datenzugang und Teileidentifizierung durchzusetzen, will der GVA die Gerichte weiterhin bemühen. Der Grund: Auch nach Klarstellungen des Europäischen Gerichtshofes geben sich viele Automobilhersteller uneinsichtig.

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Der Gesamtverband Autoteile-Handel (GVA) stellt sich auf weitere langwierige Rechtstreitereien mit der Automobilindustrie ein. Das machte GVA-Präsident Thomas Vollmar an diesem Mittwoch im Rahmen der Automotive Conference in Hannover vor knapp 400 Teilnehmern deutlich. Am Vortag fand die Mitgliederversammlung des GVA in Hannover statt.

Das Enforcement, als die Durchsetzung von Rechtsansprüchen im Interesse der Unternehmen des Freien Reparaturmarktes, sei eine wichtige Aufgabe des Verbandes. Nachdem der Europäische Gerichtshof in den vergangenen zwei Jahren in mehreren wesentlichen Punkten im Sinne des unabhängigen Reparaturmarktes entschieden hat, gehe es nun um die Durchsetzung der Regelungen gegen den Widerstand der Automobilindustrie.

Vollmar hatte die GVA-Mitglieder bereits auf langwierige rechtliche Auseinandersetzungen zur Durchsetzung der EuGH-Rechtsprechung eingeschworen und Gelder eingesammelt, um die Verfahren finanziell stemmen zu können: "Derzeit laufen 40 Verfahren gegen die Automobilindustrie, wir versuchen bei möglichst vielen Gerichten einstweilige Verfügungen gegen die Vorgehensweise der Automobilindustrie zu erwirken", erklärte Vollmar.

Zum Hintergrund: Das Landgericht Köln folgte mit seinem Urteil vom 15. Mai 2024 den Grundsätzen, die der Europäische Gerichtshof (EuGH) zum Thema  "Secure Gateways" aufgestellt hatte. Anlass einer Klage von ATU und Carglass beim Landgericht Köln gegen Stellantis Europe waren so genannte "Secure Gateways", die insbesondere freien Kfz-Werkstätten den Zugriff auf notwendige Fahrzeugdaten erschweren.

In einem anderen Rechtsstreit ging es um die Bereitstellung der Fahrzeug-Identifikationsnummer (FIN) und der damit verbundenen Daten. Der Lkw-Hersteller Scania hatte die Herausgabe der Fahrzeug-Identifikationsnummer (FIN) an Dritte mit Hinweis auf den Datenschutz verweigert, weil die FIN ein personenbezogenes Datum sei. Eine Klarstellung des EuGH verpflichtet Fahrzeughersteller, ihre Fahrzeug-Identifikationsnummer zur Verfügung zu stellen. Damit werden auf dem freien Markt passende Ersatzteile und technische Informationen jeweils für das konkrete Fahrzeug über die Eingabe der Fahrgestellnummern schnell und präzise auffindbar. Überdies wurde klargestellt, dass die Fahrzeughersteller technische Informationen in einem Format bereitstellen müssen, das zur elektronischen Weiterverarbeitung vorgesehen ist. Das gelte nicht nur für Ersatzteilinformationen, sondern für sämtliche Reparatur- und Wartungsinformationen. Manche Fahrzeughersteller vertraten laut GVA die Position, dass auch ein als PDF speicherbarer Screenshot ein geeignetes Format darstelle. Diese Sichtweise sei nun nicht mehr haltbar.

Die große Abhängigkeit der Unternehmen des IAM von eindeutigen europäischen Regelungen machten Marcus Sacré und Elisabeth Macher von der auf Wettbewerbsrecht spezialisierten Kanzlei Osborne Clarke in Hannover in ihrem Vortrag deutlich. Am Beispiel der Typgenehmigungs-Verordnung (ehemals Euro5/6-Verordnung) machten die Rechtsexperten deutlich, wie schwierig der Spagat bei Rechtstexten zwischen möglichst eindeutigen Regelungen und deren Auslegung durch verschiedene Marktteilnehmer sein kann. So sei die Regelung, dass Informationen von den Fahrzeugherstellern als „maschinenlesbare elektronisch verarbeitbare Datensätze zur Verfügung gestellt werden“ müssen seitens der Industrie zum Teil sehr großzügig interpretiert worden.

Beste Strategie hin zum klimaneutralen Verkehr 

Einen Blick auf die beste Strategie hin zum klimaneutralen Verkehr warf Arnd Franz, CEO des Automobilzulieferers Mahle. Die Elektrifizierung des Antriebs sei unumkehrbar. Der Entwicklungsfokus bei Mahle liegt daher für die nächsten Jahre auf den Bereichen Ladetechnologie, Thermomanagement und effizienter Antriebstechnologie. "Der Umbau hin zu Elektromobilität geht aber langsamer als erwartet, ich halte die meisten Prognosen für zu optimistisch", sagte Arnd Franz. Deshalb habe auch der Verbrenner künftig noch seine Berechtigung - schon allein mit Blick auf den klimaneutralen Betrieb der Bestandsflotte.

"Wir bleiben dem Verbrenner treu, allerdings muss sich der Verbrennungsmotor verändern", erklärte Franz. "Wir können uns eine Zukunft ohne Verbrenner nicht vorstellen, allerdings mit nachhaltigen Kraftstoffen um die CO2-Emissionen zu senken."

Insbesondere machte sich Franz für hohe Beimischungsquoten von Bio-Kraftstoffen sowie von E-Fuels zu fossilen Kraftstoffen stark. Der Verbrauch fossiler Kraftstoffe werde weltweit trotz aller Einsparbemühungen nur leicht sinken. "Wir kommen global bis 2050 nur wieder auf den Verbrauch von 2010 zurück. Deshalb müssen wir massive Beimischungen von E-Fuels anstreben." Diese seien zu konkurrenzfähigen Preisen vermutlich erst im kommenden Jahrzehnt verfügbar. Daher müsse man auf jeden Fall auch die Beimischung von Biokraftstoffen setzen. Franz verwies auf das Beispiel Brasilien, wo der Einsatz von Biokraftstoffen in erheblichem Maße zur Decarbonisierung des Verkehrs beitrage. "Das sind Signale, die wir in Deutschland hören sollten", appellierte Franz in Richtung Politik. Aktuelle Vorgaben für Biokraftstoff-Beimischungsquoten seien viel zu gering.

Abrechnung mit rot-grüner Politik

Die gefühlte Stimmungslage der Mitgliedsunternehmen sei laut Thomas Vollmar für das Jahr 2024 recht gut, man gehe von einem realen Wachstum von 4 Prozent aus. Für das Jahr 2025, liegt die Schätzung mit 2.5 Prozent Umsatzwachstum deutlich geringer. "Hier zeigen sich die vielen Unsicherheiten durch Regierungswechsel, den Krieg in Europa und der Wahl in den USA."

Vollmar nutzte die Gelegenheit zur Abrechnung mit der rot-grünen Regierungsarbeit. "Die Weichspülung der Politik hat den Blick auf wichtige Themen verschleiert", beklagte Vollmar. Die rot-grüne Regierung habe versucht, die Agenda 2010 zurückzudrehen um den Sozialstatt wieder schrittweise zu etablieren. Vollmar beklagte die fehlende Selbstverantwortung bei vielen Arbeitnehmern. Durch die telefonische Krankmeldung sei der Krankenstand auf einen Höchststand geklettert. Die Abkehr von der Leistungsorientierung und Eigenverantwortung habe man in einem Positionspapier bemängelt, das bereits im Frühsommer der Regierung übergeben wurde.

Mit Blick auf das Thema "Fahrzeugdaten" bekräftigt der GVA-Präsident: "Es darf keine neuen Monopole geben!" Der derzeitige fehlende geeignete Rechtsrahmen beim Thema Fahrzeugdaten bevorteilt aus Sicht des GVA die Fahrzeughersteller, da die Fahrzeugdaten auf ihren Servern liegen und sie willkürlich über den Zugang zu diesen Daten entscheiden können. "Fahrzeughersteller sind keine neutralen Treuhänder, sondern Wettbewerber. Es muss die gleichen Chancen für alle geben!", stellt Thomas Vollmar klar. Deshalb braucht es schnell eine sektorspezifische Regulierung zum Zugang zu Fahrzeugdaten.


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