Es gibt Autos, die kennt jedes Kind. Auch, wenn sie schon längst nicht mehr gebaut werden, erinnern wir uns alle an die blechernen Denkmäler. Sie haben Deutschland ins Rollen gebracht und sich auf Ewigkeit einen Stammplatz in den Herzen jedes Autofans gesichert. Sie dokumentieren das automobile Erbe unseres Landes.
Benz Patent-Motorwagen – Aller Auto Anfang
Die Patenschrift DRP 37435 ist heute Teil des UNESCO-Registers für das Erbe "Memory of the World". Carl Benz meldete sie am 29. Januar 1886 für sein "Fahrzeug mit Gasmotorenbetrieb" an. Diese Patentschrift dokumentiert aller Auto Anfang – oder besser gesagt, den ersten selbstfahrenden Wagen ohne Pferde. Damit ist der Benz Patent-Motorwagen nicht nur das erste Automobil überhaupt, sondern – na klar – auch das wichtigste Auto der Geschichte. Das knatternde Herzstück des heckgetriebenen Motorwagens ist der Einzylinder-Zweitakter mit 0,954 Litern Hubraum und ungefähr, wer weiß es schon genau, 0,75 Pferdestärken, liegend im Heck einer dreirädrigen Kutsche montiert.
Damit erfüllte sich der Automobilpionier Carl Benz die Vision eines Fahrzeugs, bei dem Motor, Fahrgestell und Antrieb eine Einheit bilden. Kein Automodell ohne entsprechendes Marketing: Werbewirksam brach Benz ́ Gattin Bertha mit den Söhnen Eugen und Richard im August 1888 zur ersten Fernfahrt auf. Weitgehend problemlos ging es unter den staunenden Blicken der Passanten von Mannheim nach Pforzheim und wieder zurück. Der Rest ist Automobilgeschichte.
VW Käfer – Ein Volksheld für die Ewigkeit
Als KdF-Wagen sollte er 1938 für 990 Reichsmark ein ganzes Volk mobilisieren. Die Nazis planten, bis zu 1,5 Millionen pro Jahr zu bauen. Eine unglaubliche Zahl. Schließlich betrug die Gesamtproduktion der deutschen Autobranche damals nicht mehr als 380.000 Stück. Interessenten am Kdf-Wagen wurden animiert, monatlich fünf Reichsmark anzusparen. Alle 336.668 Sparer gingen letztlich leer aus. Mit Beginn des 2. Weltkriegs waren gerade mal 630 Exemplare fertig. So musste der KdF-Käfer zunächst als militärischer Kübel die Wehrmacht durch die dunkelste Zeit Deutschlands begleiten. Erst im Sommer 1945 begann die Serienfertigung des zivilen Käfers in Wolfsburg. Sie endet 58 Jahre später in Mexiko.
Dazwischen liegen 21,5 Millionen gebaute Käfer und eine Automobilgeschichte, die sich beizeiten, wie Prosa von Pilcher liest. Sie handelt vom Charme des Einfachen. Die Polizei fährt ihn, die Post und manchmal auch der Pfarrer. Sie erzählt von einer Pendelachse, die Generationen das Gegenlenken beibringt, vom typischen Brabbeln des Boxers, der die Deutschen in der Wirtschaftswunderzeit über den Brenner schiebt, und von der Legende des Unzerstörbaren (Er läuft, und läuft, und läuft…). Heute steht kein anderer Klassiker häufiger in den deutschen Sammlergaragen. Ein Volkswagen für die Ewigkeit.
Porsche 911 – Eine Legende ohne Ende
Bei der ersten Abnahmefahrt am späten Abend des 9. November 1962 vermerkte Helmuth Bott, Leiter des Fahrversuchs: "Türen klappern, Fenster klappern, Heizung stinkt, Getriebe heult." Da hieß der Elfer noch 901 und hatte reichlich Verspätung. Die schwierige Geburt dauerte sechs Jahre. Porsche ringt um jeden Zentimeter, um jedes Detail. Und weil die Null in der Mitte (angeblich) von Peugeot geschützt war, musste der Nachfolger des 356 im September 1964 als 911 starten.
Ein schlechtes Omen? Von wegen! Der 2+2-Sitzer wurde der erfolgreichste Sportwagen der Welt. Mythos und Essenz der Marke Porsche. Die Grundkonstruktion stammte vom Käfer. Das ikonische Design von "Butzi" Porsche, Ferry Porsches ältestem Sohn. Eine Klage, Chefdesigner Erwin Komenda hätte die Elfer-Form erfunden, scheiterte 2018 vor Gericht. Der Porsche 911 fuhr als Coupé, Targa und Cabrio, Turbo und Allradler durch die Zeitgeschichte. 407.229 luftgekühlte Elfer waren es bis 1998. Bereits 2018 wurde die Millionengrenze überschritten. Und ein Ende der Legende ist nicht in Sicht.
Die wichtigsten deutschen Autos aller Zeiten
BildergalerieVW Golf – Vom Rettungswagen zum Welterfolg
Der Käfer muss weg, sonst droht die große Pleite. VW brauchte nichts Geringeres als eine Revolution, eine Zeitenwende. Und die kam 1974, dem Jahr, in dem Deutschland erneut Weltmeister wurde. Der Golf. Etwas völlig Neues für einen Autobauer, der nicht gerade für Experimente und forschen Fortschritt bekannt war. Frontantrieb, quer eingebauter Motor, wassergekühlt, top Raumnutzung. Giorgio Giugiaro goss den Wolfsburger Rettungswagen in kantige Formen. Kein Design zum Lieben, sondern zum Leben. Der Golf blieb fortan immer das, was er noch heute ist: die Summe seiner Eigenschaften.
Obwohl der Beginn von Rost- und Qualitätsmängeln begleitet war, wurde der Golf zum Mega-Welterfolg. Als zweitürige Kombilimousine mit 50 PS (8.000 Mark) kam er einst bescheiden daher. Als weltweit kleinster Diesel-Pkw lehrte er den Deutschen 1976 das Sparen und im gleichen Jahr als GTI mit 110 PS (13.850 Mark), dass Fahrspaß kein Privileg der Reichen ist. Der Volks-Golf verwandelte sich mal zum luftigen Erdbeerkörbchen, mal zum Kombi, und ein hochgelegter Allrad-Golf namens Country machte 1989 Landlust auf eine Auto-Gattung, die eigentlich erst 20 Jahre später als SUV geboren wurde. In achter Generation ist der Golf heute selbst eine Ikone. Mit über 35 Millionen verkauften Exemplaren ist er längst der Volkswagen Nummer 1, selbst wenn er aktuell von SUVs verdrängt wird.
Mercedes 300 SL Coupé – Ein Lebensgefühl bekommt Flügel
Direktoren, Fabrikanten, Filmsternchen – feine Leute mit Geld gab es schon wieder, im Deutschland der frühen Fünfziger. Und dann erst der lukrative US-Markt… Reichlich Gründe für Daimler-Benz, 1954 den ersten reinen Sportwagen nach dem Krieg zu bauen. Auf der "International Motor Sports Show" in New York sorgte der 300 SL (Werkscode: W198) für ein mittleres Erdbeben. Unglaubliche 29.000 Mark kostete das Sportcoupé mit den legendären Flügeltüren, den Gullwings. Der aus dem Rennsport übernommene Gitterrohrrahmen ermöglichte wegen der Bauhöhe keine konventionellen Türen, wie drei Jahre später bei dem 300 SL Roadster. Unter dem stromlinienförmigen Alu-Kleid mit den markanten Powerdomes steckte der erste serienmäßige Direkteinspritzer von Mercedes.
Seitlich gekippt und damit besonders flach, schaffte der Dreiliter-Motor mit Sportnockenwelle 215 PS. Fünf verschiedene Übersetzungen der Hinterachse machten den Traumwagen bis zu 228 km/h schnell. Nach 1.400 Stück war 1957 Schluss, rund 500 soll es noch in Deutschland geben. Vom Roadster wurden 3.258 Exemplare gebaut. Er lief 1963 aus. Der Mythos 300 SL aber wird ewig leben. Heute ist besonders der Flügeltürer der Stoff, aus dem Auto-Träume sind. Selbst für Scheunenfunde in bedauernswertem Zustand geht unter einer Million Euro in der Regel nichts.
Trabant – Angetrieben vom Klassenkampf
Der Klassenkampf war sein Antrieb. Während sich die Sowjetunion und die USA ein Wettrennen im Weltall lieferten, entwickelte Sachsenring in Zwickau den Trabant. Ab 1957 sollte der Kleinwagen mit 18 PS-Zweitakter die Überlegenheit der DDR-Wirtschaft demonstrieren. Die Duroplast-Kunststoff-Karosserie stehe für Modernität und hohen Entwicklungsstand, verlautbarte das Zentralorgan der SED "Neues Deutschland". Die Wahrheit war, dass es schon damals systembedingt Lieferengpässe beim Stahl gab. So erwarb sich der Trabant den Spitznamen Rennpappe und fuhr den Mangel einer ganzen Nation durch die Republik.
Aber auch den Stolz der Besitzer, die so lange auf ihren Sachsenporsche gewartet haben. Bis zu 17 Jahre betrug die Lieferzeit für Normalbürger, ohne Wartezeit verdreifachte sich der Trabi-Preis auf dem Schwarzmarkt. Ab den 1970er Jahren investierte die DDR-Führung kaum noch in die Autoindustrie, Neuerungen blieben aus. So kam es 1984 zu einem bizarren Lizenzvertrag mit dem Klassenfeind aus Westdeutschland. Das VEB Sachsenring Automobilwerk Zwickau einigte sich mit VW über die Lieferung von Viertaktern. Hierfür mussten an der Karosserie des Trabant T 1.1 – so ist in Trabi-Foren nachzulesen – mehr als die Hälfte aller Bauteile verändert werden. Es wäre sicherlich billiger gewesen, dem Trabant gleich ein neues Kleid zu schneidern, doch man wollte bewusst am alten Erscheinungsbild festhalten. Der erste Trabant mit VW-Motor lief 1990 vom Band. Nach der Wende – und kurz vor dem Ende. Drei Millionen Trabis wurden insgesamt in Zwickau gebaut. Fast 40.000 fahren noch heute rum. Die meisten in Sachsen.