Kurzfassung
Reifen für E-Autos müssen spezielle Eigenschaften wie niedrigen Rollwiderstand oder hohe Traglasten erfüllen. Die Hersteller haben verschiedene Pneus im Angebot, allerdings deckt das Portfolio bislang nur den Sommer ab.
Bei der Entwicklung von Reifen für E-Autos besteht eine zentrale Herausforderung darin, das hohe Drehmoment der Stromer übertragen zu können. Gleichzeitig müssen die Reifen aber auch einen geringen Rollwiderstand aufweisen sowie ein niedriges Abrollgeräusch sowie hohe Traglasten bieten. Auch eine lange Lebensdauer und Komfort sind bei den Pneus wichtig. Vorrangiges Ziel der Reifenhersteller ist die Zulassung eines Reifens für die Erstausrüstung, dem entsprechend müssen zusätzlich die Anforderungen der Autohersteller berücksichtigt werden.
Angepasste Versionen
So hat Goodyear seinen UHP-Reifen Eagle F1 Asymmetric 5, der bereits bei verschiedenen Verbrennersportwagen erfolgreich zum Einsatz kommt, in einigen Varianten auf die Anforderungen eines Audi e-tron GT, RS e-tron GT oder Porsche Taycan neu abgestimmt. Von den angeboten Größen zwischen 17 und 20 Zoll erreicht rund die Hälfte eine A-Klassifizierung beim Rollwiderstand, was der Reichweite zuträglich ist. "Wenn wir einen Reifen für ein Elektroauto entwickeln, gibt es bestimmte Bereiche, auf die wir uns konzentrieren müssen. Wir können die Lauffläche so entwickeln, dass eine größere Aufstandsfläche entsteht. Der Reifen kann dann besser mit hohen Drehmomenten umgehen und gleichzeitig eine hohe Leistung bei Nässe beibehalten. Unsere Arbeit am Laufflächendesign verhindert, dass Schallwellen in die Rillen eindringen, was die Geräuschentwicklung reduziert. Wir haben die Form der Karkasse optimiert, um zusätzliches Gewicht zu tragen, und die Laufflächenmischung modifiziert, um die Batteriereichweite des Fahrzeugs zu erhöhen und gleichzeitig hohe Drehmomente zu bewältigen", so Laurent Colantonio, Goodyear Regional Technology Director für Consumer Tires in EMEA. Optional steht auch die RunOnFlat-Technologie zur Verfügung, wenn Erstausrüster auf Reserverad oder Reifenreparatursätze verzichten wollen, um mehr Platz für die Batterien zu haben.
Der Michelin Pilot Sport EV ist der erste Reifen aus der Michelin-Pilot-SportFamilie, der speziell auf die spezifischen Anforderungen von Sportwagen mit Elektroantrieb abgestimmt wurde. Der innovative Reifen ist seit Mai im Handel für den deutschsprachigen Markt verfügbar, und zeichnet sich durch eine Vielzahl spezifischer Eigenschaften aus, die die sportive Elektromobilität verlangt. So erreicht der neue Reifen optimierte Werte in puncto Grip auf trockener und nasser Fahrbahn. Das schafft der neue Spezialist für elektrische Sportwagen getreu der Michelin-Philosophie unabhängig vom Verschleißgrad des Reifens auch unter Berücksichtigung des höheren Gewichts und der damit verbundenen Balanceunterschiede von Sportwagen mit E-Antrieb.Der Pilot Sport EV wird für den deutschsprachigen Markt 2021 insgesamt in 16 Größen für 19- bis 22-Zoll-Felgen verfügbar sein. Davon werden in der Erstausrüstung elf Größen und auf dem Ersatzmarkt fünf Größen auf die Straße gebracht.
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"In der Reifenentwicklung für E-Autos müssen wir uns
auf bestimmte Bereiche konzentrieren."
Laurent Colantonio, Goodyear
Weniger Gewicht, mehr Reichweite
Pirelli hat einige Größen seiner P-Zeround Scorpion-Reifen mittels der sogenannten Elect-Technologie speziell auf sportliche E-Fahrzeuge abgestimmt und entsprechend gekennzeichnet. Im Lastenheft standen mehr Reichweite, mehr Grip und leisere Abrollgeräusche. Der Reifenunterbau wurde den höheren Fahrzeuggewichten der E-Autos angepasst.
Bridgestone hat sich bei der Entwicklung von Reifen für E-Autos für die "Enliten"-Technologie entschieden. Dabei handelt es sich um eine neuartige Leichtbautechnologie, die durch verringerten Materialeinsatz Gewicht spart und dadurch den Rollwiderstand reduziert. So haben Neureifen aus der Serie eine Profiltiefe von nur 5,5 Millimetern, sollen aber laut Konzern die gleiche Laufleistung erreichen wie die konventionellen Modelle mit 8,5 Millimeter. Auch in Bezug auf Nass- und Trockenperformance entspricht man den Anforderungen der Automobilhersteller. Die Enliten-Technologie kommt in ausgewählten Größen des Turanza Eco zum Einsatz, im Potenza S005 für den Audi RS Q3 sowie im Turanza T001 Eco für den Golf 7. Die Technologie ist also sowohl für den Einsatz in Verbrennermodellen als auch E-Fahrzeugen gedacht.
Den ersten Reifen für elektrisch betriebene Fahrzeuge, den Conti.eContact, hat Continental schon 2012 vorgestellt; aktuell wurde er für den Smart EQ Forfour freigegeben. Weitere Modellreihen wurden so entwickelt, dass sie die Anforderungen von E-Fahrzeugen und Hybriden ebenfalls erfüllen. So ist beispielsweise der EcoContact 6 mit seinem sehr niedrigen Rollwiderstand und sicheren Fahrleistungen in der Erstausrüstung auch unter E-Mobilen und Hybriden weitverbreitet. Auch für sportlichere Fahrzeuge gibt es mit dem brandneuen UHP-Reifen SportContact 7 eine Möglichkeit zur effizienten Bereifung von E-Cars im Sortiment der Hannoveraner.
Im Bereich der Winter- und Ganzjahresreifen sieht es derzeit noch düster aus, was spezielle E-Ausführungen betrifft. Lediglich Pirelli stellt aktuell seinen neuen Winter- und Ganzjahresmodellen Cinturato Winter 2 und Cinturato All Season 2 eine Elect-Version in verschiedenen Größen zur Seite. Was bei Sommerreifen in einigen Modellen speziell für E-Mobile bereits gelungen ist, stellt die Reifeningenieure bei Winter- und Ganzjahresreifen vor besondere Herausforderungen. Aus Sicherheitsgründen sind die Anpassungsmöglichkeiten bei Ganzjahres- und Winterreifen für Elektrofahrzeuge etwas geringer, als es bei einem Sommerreifen der Fall ist.
Nach Expertenaussagen beträgt das Einsparpotenzial beim Rollwiderstand gegenüber einem Standardwinterreifen rund fünf bis zehn Prozent und ist damit insgesamt etwas geringer als beim Sommerreifen. Trotzdem würde sich auch hier eine spezielle Bereifungslösung für Elektrofahrzeuge lohnen. Denn selbst geringe Prozentwerte können den Stromverbrauch des Fahrzeugs über das Jahr gesehen nicht unerheblich reduzieren.