asp: Welches Fazit ziehen Sie nach 1,5 Jahren Ihrer Mahle-Tätigkeit als Aftermarket-Verantwortlicher?
P. Grosse Kleimann: Die Zeit ist wie im Flug vergangen. Tatsächlich war es eine sehr aufregende Zeit. Vor allem bin ich begeistert, zurück im Ersatzteil- und Servicegeschäft zu sein. Mein über die Jahre gewachsenes Netzwerk kommt mir jetzt zugute, und ich freue mich, mit vielen Bekannten wieder zusammenzutreffen. Die Mitarbeiter bei Mahle haben mich mit großer Offenheit aufgenommen und ich verspüre ein sehr gutes Klima im Haus, das ich sehr schätze. Ich war schnell davon beeindruckt, wie umfangreich und vielfältig das Produktangebot von Mahle ist. Wir sind im Aftermarket ein echter Full-Service-Anbieter: mit wettbewerbsfähigen Produkten in Thermomanagement, Elektronik, Mechatronik, Diagnose-Software. Im Markt trifft man das in dieser Kombination ganz selten.
asp: Was waren bisher wichtige Projekte?
P. Grosse Kleimann: Unser Fokus liegt insbesondere auf Elektrifizierung, Digitalisierung und Nachhaltigkeit. In diesen drei Kernfeldern wollen wir unsere starke Position als zuverlässiger und kompetenter Partner für unsere Kunden ausbauen. Jedes unserer Projekte zahlt auf mindestens eines dieser Felder ein. So verfolgen wir beispielsweise eine konsequente Digitalisierungs- und Automatisierungs-Strategie in der Logistik. Ein besonderes Highlight war für mich die diesjährige Automechanika in Frankfurt. Hier haben wir neben der kompletten Produktpalette für das Ersatzteilgeschäft auch Innovationen aus dem Erstausrüstergeschäft wie das Thermomanagement-Modul oder die bionische Batteriekühlplatte live präsentiert. Ganz wichtig ist für uns die Nähe zum Kunden, über die Teilegroßhändler bis hin zu den Werkstätten. Deshalb entwickeln wir aktuell eine neue zentrale digitale Schnittstelle in Form eines Werkstattportals. Die Werkstattpartner sollen so jederzeit noch einfacher die Information erhalten, die sie vor Ort benötigen.
asp: Welchen Stellenwert hat der Aftermarket-Bereich innerhalb des Konzerns?
P. Grosse Kleimann: Das Service- und Ersatzteilgeschäft macht gut zehn Prozent des Konzernumsatzes aus. Wir sind stabil profitabel und leisten somit einen starken Beitrag zur Transformation des Konzerns. Unser Ziel ist es, unsere führende Rolle im globalen Wettbewerb mit attraktiven Angeboten für Werkstätten und Handel weiter auszubauen - vor allem im Bereich der E-Mobilität. Denn richtig spannend wird es aus europäischer Sicht, wenn BEV-Fahrzeuge vermehrt Einzug in die Werkstätten halten. Wir arbeiten heute schon an Lösungen, um die Werkstätten in ihrer eigenen Transformation bestmöglich zu unterstützen. Eine große Rolle spielen hierbei unsere Produkte rund um die Themen Werkstattausrüstung und Diagnose. Seit der Integration von BrainBee im Jahr 2017 haben wir diesen Bereich kontinuierlich ausgebaut und unter dem Namen Mahle Service Solutions zusammengefasst.
asp: Welche Rolle spielt das OE-Geschäft für den Aftermarket?
P. Grosse Kleimann: Im Erstausrüstungsgeschäft denken wir den Aftermarket immer gleich mit. Als Entwicklungspartner aller großen Pkw- und Nutzfahrzeughersteller weltweit arbeiten wir heute schon an Programmen, die 2028 oder 2029 auf den Markt kommen, und bedenken diese in unserem Produktportfolio. Damit wissen wir frühzeitig, welche Anforderungen und Spezifikationen im Service- und Ersatzteilgeschäft auf die Werkstätten zukommen werden. Unser Anspruch lautet "Fixed First Visit" - das heißt: Das Problem des Kunden löst die Werkstatt beim ersten Besuch. Wir beliefern unsere Partner in Handel, Werkstätten und der Motoreninstandsetzung sowie E-Commerce weltweit mit Produkten in Erstausrüstungsqualität.
asp: Wie sehen Sie den Stellenwert der Elektromobilität in freien Werkstätten?
P. Grosse Kleimann: Die Zukunft ist elektrisch, daran besteht kein Zweifel. Die Elektromobilität kommt, allerdings nicht so schnell, wie wir alle dachten. Durch unsere Nähe zu den Automobilherstellern wissen wir, welche Produkte in der Pipeline sind, und es ist davon auszugehen, dass spätestens ab 2025 der Anteil batterieelektrischer Fahrzeuge an den Neuzulassungen erheblich sein wird. Die CO2-Flottenziele greifen dann. Bis Ende des Jahrzehnts könnte ein Drittel des Fuhrparks in Europa elektrisch fahren - wenn man die Plug-in-Hybride mitrechnet. Gerade dieses Segment ist für den freien Markt interessant, insbesondere wenn man bedenkt, dass der Anteil der geleasten Fahrzeuge zunehmen wird. Diese Autos wechseln nach drei Jahren den Besitzer. Dafür ist es wesentlich, eine valide Information zum Gesundheitszustand der Batterie zu bekommen. Das ist der Grund, weshalb wir im Bereich Werkstattausrüstung unsere Produktfamilie BatteryPRO für die Batteriediagnose an E-Fahrzeugen kontinuierlich erweitern.
asp: Welche Bedeutung hat der Bereich Werkstattausrüstung?
P. Grosse Kleimann: Wir sind dabei, den Bereich gezielt und tatkräftig weiterzuentwickeln - in Bezug auf Expertise, Produkte und auch Mitarbeiter. Mahle Aftermarket ist vor allem Partner der freien Werkstätten. Jedoch sind im Bereich Werkstattausrüstungen unsere Produkte bei Vertragswerkstätten beziehungsweise von Herstellerseite aktuell gefragt. Die markengebundenen Anbieter brauchen unsere Lösungen für die E-Mobilität schon heute, während die freien Werkstätten noch nicht den ganz großen Druck spüren, sich aber ebenfalls bereits orientieren.
asp: Werden auch Wissen und Information zu den einzelnen Ersatzteilen immer wichtiger?
P. Grosse Kleimann: Die Fahrzeuge werden immer intelligenter, entsprechend sind viele Teile im Fahrzeug vernetzt und Teil eines komplexen Gesamtsystems. Wir werden sehen, dass die Integration der Steuergeräte zunehmen wird. Statt unzähliger einzelner Steuergeräte wird es mehrere Module von Ersatzteilen im Fahrzeug geben. Nicht umsonst sprechen wir vom "softwaredefinierten Fahrzeug". Das hat auch Auswirkungen auf den Aftermarket - auf Services wie Diagnose ebenso wie auf Ersatzteile. Viele Teile müssen heute schon elektronisch in dieses Gesamtsystem eingebunden werden, damit das Steuergerät weiß, dass ein neues Teil verbaut wurde. Sonst kann es sein, dass trotz des Austausches weiterhin eine Fehlermeldung kommt. Werkstätten brauchen daher verlässliche Diagnosegeräte für ihre tägliche Arbeit, die die steigende Datenmenge verarbeiten.
asp: Brauchen wir in Zukunft Informatiker anstatt Mechaniker in den freien Werkstätten?
P. Grosse Kleimann: Das nicht, aber eine gezielte Schulung der Mitarbeiter ist sehr wichtig. Ich glaube, das ist ein Bereich, in dem wir als Mahle Aftermarket noch stärker werden können und wollen. Vor diesem Hintergrund haben wir unsere neue Kampagne "Mahle Workshop Heroes" gestartet, die wir anlässlich der Automechanika in Frankfurt vorgestellt haben. Über diese Kampagne suchen wir gezielt die Nähe zu den Werkstätten - schließlich sind sie für uns der wichtigste Adressat.
asp: Nachhaltigkeit ist ein Kernthema bei Mahle Aftermarket. Was unternehmen Sie, um ihren CO2-Fußabdruck zu reduzieren?
P. Grosse Kleimann: Wir gehen in drei wichtigen strategischen Stoßrichtungen voran: Wir wollen erstens die Mobilität der Zukunft mitgestalten, wir wollen zweitens das Geschäft digital transformieren, und drittens soll es nachhaltig sein. Unser Service Solution Headquarter in Parma (Italien) wird zum Beispiel bereits klimaneutral betrieben. Ganz praktisch spiegelt sich Nachhaltigkeit aber auch in der bekannten weiß-blauen Verpackung unserer Produkte wider: Das Papier unserer Faltschachtel besteht zu 95 Prozent aus recyceltem Material. Außerdem verwenden wir in der Verpackung kein Styropor. Das benötigte Füllmaterial ist in der Regel voll recycelt. Falls in der Fertigung Reste anfallen, werden diese wiederverwendet. Jeder einzelne Beitrag ist wichtig - nicht nur, weil wir in Bezug auf Nachhaltigkeit extern zertifiziert werden, sondern weil es unser eigenes Bestreben ist, unser Geschäft so klimaneutral wie möglich zu gestalten.
- Ausgabe 12/2024 Seite 036 (483.9 KB, PDF)