Neue Autos mit Verbrenner-Motor sollen nur noch rund zwölf Jahre in der EU verkauft werden dürfen. Das EU-Parlament billigte am Dienstag in Straßburg die neuen CO2-Vorgaben, wonach in der EU ab dem Jahr 2035 nur noch Neuwagen verkauft werden dürfen, die im Betrieb keine Treibhausgase ausstoßen. Unterhändler des Parlaments und der EU-Länder hatten sich bereits im Oktober auf den Kompromiss verständigt (wir berichteten).
Die Abgeordneten stimmten der Einigung nun auch formell zu, mit 340 Ja-Stimmen, 279 Nein-Stimmen und 21 Enthaltungen. Die Mitgliedsstaaten müssen auch noch zustimmen, dies gilt aber so wie die Billigung des Parlaments als Formsache.
Der Beschluss ist Teil des "Fit for 55"-Programms der EU-Kommission, mit dem die Netto-Treibhausgasemissionen bis 2030 um mindestens 55 Prozent gesenkt werden sollen. Auch für neue Lastwagen und Busse sollen bald andere Regeln gelten.
Die Sozialdemokraten feierten die Einigung am Dienstag als Erfolg für klimaschonenderen Straßenverkehr. "Der Beschluss sichert den Weg zur Umstellung auf Autos ohne Verbrennungsmotor ab, auf den sich Automobilhersteller schon lange gemacht haben", sagte der klimapolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Tiemo Wölken. Gleichzeitig werde mit dem Beschluss sichergestellt, dass Schlüsselkompetenzen wie die Fertigung von Batteriezellen in der EU gehalten werden.
"Chinesische Konkurrenz wird in die Pole Position bugsiert"
Der CDU-Europaabgeordnete Dennis Radtke kritisierte den Beschluss: "Grüne, Liberale und Linke haben heute im EU-Parlament für das Verbrennerverbot gestimmt, obwohl sie wissen, dass sie damit rund 1,4 Millionen Arbeitsplätze in Europa gefährden. Die europäische Ampel untergräbt den Automobilstandort Deutschland und bugsiert damit die chinesische Konkurrenz in die Pole Position." Der FDP-Abgeordnete Jan-Christoph Oetjen betonte: "Das endgültige Aus des Verbrennungsmotors ist mit der Annahme wahrscheinlich.»
Der Kompromiss soll im Jahr 2026 erneut überprüft werden können. Um die Frage des Verbrenner-Aus' hatte es auch in der Bundesregierung länger Streit gegeben. Hauptsächlich Grüne und Liberale vertraten unterschiedliche Positionen. Das grün geführte Umweltministerium hatte sich etwa für ein eindeutiges Verbrenner-Aus ausgesprochen.
In dem Kompromiss-Papier ist auch eine Bitte an die EU-Kommission festgehalten zu überprüfen, ob sogenannte E-Fuels für Autos künftig infrage kommen könnten. Darauf drängt vor allem die FDP: "Um unsere Klimaziele zu erreichen, müssen wir uns alle Möglichkeiten und Technologien offen halten", sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) nach der Abstimmung des EU-Parlaments. "Sowohl für die Bestandsflotte als auch für neue Fahrzeuge bieten E-Fuels klimaneutrale Mobilität mit Verbrennungsmotoren."
Auch der Verband der Automobilindustrie (VDA) hält synthetische Kraftstoffe für unerlässlich, um die ambitionierten Klimaziele zu erreichen. "Doch statt E-Fuels zu fördern, groß zu denken, schließt Europa diese Technologie bisher aus und lässt den Bestand bei der Erreichung der Klimaziele im Verkehr außen vor. Das ist realitätsfremd und verbaut uns Chancen und Möglichkeiten", sagte VDA-Chefin Hildegard Müller.
ZDK: Schneller Weg zum Klimaschutz verbaut
Diese Argumentation unterstützt auch das Deutsche Kfz-Gewerbe (ZDK). "Wer schnelle Erfolge bei der CO2-Reduktion erzielen will, muss den aktuellen Fahrzeugbestand in den Blick nehmen", erklärte Verbandspräsident Jürgen Karpinski. Das seien in Deutschland rund 46 Millionen Pkw und weltweit 1,2 Milliarden Pkw mit Verbrennungsmotoren. "Mit E-Fuels, erzeugt aus erneuerbaren Energiequellen, könnten alle diese Fahrzeuge klimaneutral angetrieben werden, und die bestehende Tankstellen-Infrastruktur wäre vorhanden. Dieser Weg wird durch das Parlaments-Votum verbaut." Das sei realitätsfern, denn in zahlreichen anderen Märkten außerhalb Europas würden auch nach 2035 noch viele Fahrzeuge mit Kolbenmotoren zugelassen.