Der Ende November vorzeitig abgetretene Continental-Chef Elmar Degenhart hat wegen Gesundheitsproblemen die Reißleine gezogen - nun nennt er den konkreten Auslöser seiner Entscheidung. "Vor neun Wochen hatte ich einen ziemlich kapitalen Hörsturz", sagte der Manager der 'Zeit'. Ärzte hätten ihm aufgrund des Stresses Ruhe verordnet, er habe dann auch im Interesse des Konzerns handeln müssen. "So einen Job über einen Zeitraum von Monaten mit der halben Leistung zu machen, geht nicht. Das wird dem Unternehmen nicht gerecht, den 230.000 Mitarbeitern nicht und meiner eigenen Verantwortung gegenüber mir und meiner Familie auch nicht."
Seit dem 1. Dezember führt nun der langjährige Leiter der Reifen- und der Autozuliefersparte, Nikolai Setzer, den Vorstand von Continental. Er muss den schwierigen Umbau des Dax-Unternehmens von klassischer Technik wie Hydraulik und Verbrennerantrieben zu immer mehr Software, Elektronik und Bauteilen für die Elektromobilität weitersteuern. Im Konzern war es zuletzt zu heftigem Streit und tiefem Misstrauen von Teilen der Belegschaft gegenüber dem Management gekommen. Denn Conti streicht in den kommenden Jahren auch Tausende Jobs in "alten" Bereichen. Gewerkschafter und mehrere Politiker warfen der Führung einen Kahlschlag sowie mangelhafte Abstimmung und Kommunikation vor.
Viele Top-Manager betrieben eine Art "Dauer-Hochleistungssport", sagte Degenhart der Zeitung. Doch die gesundheitlichen Folgen der Belastungen blieben oft ein Tabuthema. "Je fragiler die Verhältnisse sind, je weniger ein Vertrauensverhältnis existiert in einem Team, desto größer ist das Risiko, zu versuchen, gesundheitliche Probleme zu verheimlichen. (...) Fehler einzugestehen, ist in einer Vertrauenskultur eine Stärke. Fehler einzugestehen in einem Haifischbecken, wird Ihnen nicht zum Vorteil gereichen."
Degenharts Vertrag wäre eigentlich noch bis August 2024 gelaufen. Ende Oktober nannte der frühere Manager des Conti-Großaktionärs Schaeffler dann aber gesundheitliche Gründe für seinen Rückzug. Während der Betriebsrat die Kürzungen scharf kritisiert hatte, forderten die Großaktionäre einen noch entschlosseneren Sparkurs. (dpa)