Die FDP lehnt ein befristetes Tempolimit auf Autobahnen als Beitrag zum Energiesparen weiter strikt ab. FDP-Chef und Bundesfinanzminister Christian Lindner will sich derzeit nicht an Debatten über Tempolimits beteiligen. In der Krise durch die Corona-Pandemie und den Krieg in der Ukraine gebe es keine Zeit für ideologische Debatten, sagte er am Samstag. Die Grünen sowie der Städtetag und Umweltverbände fordern eine befristete Geschwindigkeitsbegrenzung.
Unterstützung kommt auch aus der SPD im Bundestag. Die FDP hatte bereits in den Koalitionsverhandlungen mit SPD und Grünen ein Tempolimit abgelehnt. Auch bei dem von den Koalitionsspitzen kürzlich beschlossenen Maßnahmenpaket zur Entlastung bei Preisen und zum Energiesparen fehlte ein Tempolimit.
Bei einem Landesparteitag der nordrhein-westfälischen FDP in Duisburg sagte Lindner, die stark steigenden Preise hätten ohnehin schon dazu geführt, dass viele Menschen ihr Verhalten, ihre Fahrweise und ihren Konsum veränderten. Rolle der Politik sollte es in einer solchen Situation nicht sein, Befürchtungen zu befördern. Verantwortung der Politik sei es vielmehr, Kapazitätsengpässe zu überwinden.
Grüne-Vorsitzende fordert temporäres Tempolimit
Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang sprach sich dafür aus, dass die Bundesregierung ohne Denkverbote alles anschauen sollte, was auf dem Tisch liege. Dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) sagte sie, keine Maßnahme werde die Abhängigkeit vom Öl sofort beenden: "Und weil es ansonsten kaum Maßnahmen gibt, die schnell wirken, brauchen wir jetzt ein temporäres Tempolimit auf Autobahnen - zum Beispiel für neun Monate und damit bis zum Ende des Jahres, also dem Zeitpunkt, zu dem wir spätestens unabhängig von russischem Öl werden wollen."
Der Co-Vorsitzende des Forums Demokratische Linke in der SPD, Sebastian Roloff, sagte, es gebe sehr gute Argumente für ein Tempolimit 130 auf Autobahnen, "zum Beispiel, dass es auf sehr einfachem Wege Energie spart". Zudem zeigten Umfragen, dass Menschen die Maßnahme im Moment befürworteten. "Daher sollten wir das jetzt schnell umsetzen", sagte der Bundestagsabgeordnete.
Der designierte FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai kritisierte: "Es ist schon bemerkenswert, wie einige den Krieg in der Ukraine für die Umsetzung eigener Symbolthemen ausnutzen. Die Koalition hat in dieser schwierigen Situation eine große Verantwortung für das ganze Land", sagte Djir-Sarai der Deutschen Presse-Agentur: "Jetzt ist definitiv der falsche Zeitpunkt für parteipolitische Ideologie."
Die Parlamentarische Staatssekretärin im Bundesverkehrsministerium, Daniela Kluckert (FDP) betonte im "Handelsblatt", dass ein Tempolimit auf Autobahnen im Koalitionsvertrag explizit nicht vereinbart worden sei. "Und diese Entscheidung steht." Sie verwies auf das vereinbarte "Gesamtpaket" zur Entlastung der Bürgerinnen und Bürger.
Auge auf den Energieverbrauch
Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städtetags, Helmut Dedy, hatte kürzlich betont, es müsse ab sofort noch mehr auf den Verbrauch von Energie geschaut werden. "Deshalb plädieren wir dafür, jetzt ein Tempolimit zu prüfen. Damit könnten wir sofort ein Einsparpotenzial heben." Die "Wirtschaftsweise" Veronika Grimm nannte es wichtig, Signale zu setzen, dass es im Falle eines Lieferstopps russischer Energielieferungen eine brisante Lage geben könnte. Ein solches Signal könnte ein generelles Tempolimit auf Autobahnen sein.
Insbesondere auf der Autobahn ist der Verbrauch pro Kilometer Experten zufolge stark von der gefahrenen Geschwindigkeit abhängig. Laut Umweltbundesamt verbraucht beispielsweise ein typisches Fahrzeug mit 90 Stundenkilometern auf der gleichen Strecke 23 Prozent weniger Sprit als mit einer Geschwindigkeit von 110 Kilometer pro Stunde.