Kautschuk ist ein wichtiger Bestandteil von Reifen. Etwa zehn bis 30 Prozent eines Pkw-Pneus bestehen aus diesem Naturprodukt, der Anteil bei einem Lkw-Reifen liegt noch höher. Hauptlieferant ist zurzeit der Kautschukbaum Hevea Brasiliensis. Die meist in Monokulturen angebaute Pflanze wächst überwiegend im "Kautschukgürtel" um den Äquator.
Der Bedarf an Kautschuk dürfte weltweit aufgrund der wachsenden Bevölkerung und der prognostizierten weiter zunehmenden Motorisierung steigen. Schon seit einigen Jahren suchen die Reifenhersteller daher nach Alternativen. Diese sollten zum einen nachhaltig, also nachwachsend sein, zum anderen natürlich auch kostengünstig. Natürlich wollen die Reifenhersteller auch ihre Abhängigkeit von den Kautschuk-Produzenten sowie von schwer kalkulierbaren Preisschwankungen reduzieren.
Latex aus Guayule-Strauch
Das Unternehmen Bridgestone hat jetzt einen Pkw-Reifen vorgestellt, bei dem der Kautschukanteil in der Lauffläche und in den Seitenwänden komplett durch das aus der Pflanze Guayule gewonnene Gummi ersetzt werden konnte. Die Latex-Flüssigkeit findet sich in den Wurzeln und Stängeln des in den Wüstengebieten Mexikos sowie in den US-Staaten Texas und New Mexico beheimateten Guayule-Strauchs. Die Pflanze benötigt nur wenig Wasser. Ihr Lebensraum ist für andere Pflanzen nicht geeignet, sie tritt also zum Beispiel nicht in Konkurrenz zu Nahrungspflanzen. Da der Guayule-Latex keine Allergien auslöst, wird es bereits zur Produktion von Gummihandschuhen genutzt. Schon im Zweiten Weltkrieg gab es Versuche, die Pflanze als alternativen Kautschuk-Lieferanten zu nutzen. Moderne Anbau- und Verarbeitungsmethoden machen die industrielle Nutzung nun effizienter. Bridgestone rechnet damit, ab 2020 die ersten Serienreifen mit Guayule auf den Markt zu bringen.
Daneben arbeitet Bridgestone auch an der Erforschung des russischen Löwenzahns (Taraxacum) als Kautschukalternative. Allerdings sieht man die Verwendung von Guayule technologisch weiter fortgeschritten, so dass sich das Unternehmen darauf fokussiert.
Mindestens noch fünf Jahre bis zum Serienreifen
Die Wurzel des russischen Löwenzahns als Latexlieferant steht bei Continental im Mittelpunkt der Kautschuk-Alternativforschung. In Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut ist es dem Reifenhersteller gelungen, Anbau und Ertrag der Pflanze zu optimieren. Langfristig soll die Pflanze auf bisher ungenutzten Flächen in gemäßigten Zonen Europas - und damit in geografischer Nähe zu den europäischen Reifenwerken von Continental – angebaut werden. Bis es soweit ist, müssen aber noch Fragen zur Verarbeitung oder aber einer unkontrollierten Verbreitung der Pflanze geklärt werden. Zurzeit testet der Hersteller Reifen, bei denen die Laufstreifen aus Löwenzahn-Latex besteht. Bis zur Serienreifen werden aber noch mindestens fünf Jahre vergehen.
Reifenhersteller suchen zudem nach weiteren Ersatzstoffe für die Reifenproduktion. Schon länger experimentieren zum Beispiel Dunlop, Michelin und Yokohama mit Sonnenblumen-, Raps- und Orangenöl. Zum Teil werden sie schon heute in der Reifenproduktion verwendet, um unter anderem die Reduzierung der Kohlenwasserstoffen im Reifen zu forcieren oder aber auch um die optimale Arbeitstemperatur eines Reifens besser zu steuern. Auf der Suche nach einem Ersatzstoff für Silica arbeiten Dunlop und Pirelli an der Verwendung von Reis-Spelzen, also den Hüllen der Reiskörner. In Brasilien gewinnt Pirelli aus diesem Abfallprodukt in einem Pilotprojekt bereits Silica. (sp-x)