Kurzfassung
Der Schmierstoffhersteller ExxonMobil hat ein innovatives System zur Kühlung von Batterie, E-Motor und Leistungselektronik des Porsche GT4 e-Performance entwickelt. Dabei kommt ein einziger Kühlkreislauf zum Einsatz.
Fahrer eines Tesla Model X werden die Situation kennen: Spätestens nach dem dritten Überholspurt auf der Autobahn wird das Display plötzlich rot eingefärbt und das Auto weist einen darauf hin, dass die Leistung aufgrund von Überhitzung des Systems gedrosselt wird. Das Verhalten ist keine Seltenheit, denn aktuelle Elektroautos sind in ihrer Bauart nicht darauf ausgelegt, die drehmomentstarke Leistung des E-Motors dauerhaft auf die Straße zu bringen. Was für den Otto-Normalverbrauer nicht unbedingt ein Problem darstellt, ist im Motorsport ein No-Go. Denn hier muss die Leistung dauerhaft abrufbar sein.
Öl kommt näher an die Wärmequelle
Die Hauptursache für die Überhitzung des Antriebs liegt an der bislang verwendeten Kühlung. Im Regelfall wird zur Kühlung von Batterie und Antrieb eine Wasser-Glykol-Lösung verwendet, die zwar gut Wärme abführen kann, jedoch aufgrund der Leitfähigkeit des Wassers nie nahe genug an die Wärmequelle herangeführt werden kann. Im Regelfall kommen beim E-Motor ein Kühlmantel, in dem das Wasser-Glykol-Gemisch fließt, und bei Batterien Kühlplatten zum Einsatz. In fortschrittlicheren Systemen, so wie es beispielsweise Tesla macht, winden sich Kühlleitungen durch die Batterie hindurch, was die Abwärme der Batterie deutlich besser abtransportieren kann. Aber auch diese Technik kann nicht zaubern, und so bleiben Hotspots in der Batterie, die nicht optimal gekühlt werden.
Der Schmierstoffhersteller ExxonMobil hat sich dieses Problems angenommen und eine sogenannte 3-in-1-Kühllösung für den elektrischen Porsche GT4 e-Performance entwickelt. "3-in-1" heißt hierbei, dass nicht nur die Batterie des Fahrzeugs, sondern auch die E-Motoren und die Leistungselektronik des Porsche über einen einzigen Kühlkreislauf gekühlt werden. Das hat den Vorteil, dass dadurch Kühlplatten, Pumpen und Wärmetauscher eingespart werden können, die bei Einsatz einer Wasser-Glykol-Lösung notwendig wären. Denn anstelle von Wasser-Glykol kommt zur Kühlung ein Öl zum Einsatz, das direkt zur Wärmequelle geführt wird. Die Batteriezellen werden quasi mit dem Öl geflutet. Man spricht hier von der "Immersionskühlung", sprich einer Tauchkühlung.
Da Öl nicht leitend ist, stellt das jedoch kein Problem dar. Im Gegensatz zu Wasser-Glykol hat Öl zwar eine eine schlechtere Wärme-Aufnahmefähigkeit, jedoch wird dieser Nachteil dadurch wettgemacht, dass das Öl direkt an der Wärmequelle wirkt. So auch bei der Leistungselektronik, deren Bauteile ebenfalls mit dem Kühlöl umspült werden. Im Elektromotor kann das Öl direkt über die Welle zum Stator geführt werden und dadurch den Motor effizienter kühlen.
Konstante Leistung, mehr Schutz
Die Kühlung mit Öl sorgt dafür, dass die Wärme effizienter abgeführt werden kann, was besonders für die Batterie entscheidend ist, die in einem Temperaturfenster von 20 bis 60 Grad Celsius gehalten werden möchte. Durch das 3-in-1-System von ExxonMobil ist es nun möglich, die Leistung des Porsche GT4 e-Performance für einen Zeitraum von 40 Minuten dauerhaft auf die Straße zu bringen, ohne sie wegen Überhitzung drosseln zu müssen. Die Batterie des Fahrzeugs lässt sich quasi mit voller Leistung leer fahren.
Umgedreht hat die Kühlung auch Vorteile beim Laden, denn auch schnelles Laden wärmt die Batterie auf. Durch das 3-in-1-System von ExxonMobil ist es somit möglich, die Batterie schneller aufzuladen, da die Ladeleistung weniger stark reduziert werden muss. Laut ExxonMobil altert die Batterie auch weniger und hält länger, weil eine gleichmäßige Kühlung garantiert ist. Ein weiterer nicht zu unterschätzender Vorteil ist auch die Sicherheit des Kühlsystems: Sollte die Batterie durch mechanische Beschädigung oder einen sonstigen Fehler einen Kurzschluss erleiden und die Gefahr des "thermischen Durchgehens" bestehen, wird das durch die Ölkühlung effektiv verhindert. Denn normalerweise erhitzt sich eine Batteriezelle dabei so stark, dass sie auf die benachbarte Zelle übergreift und es zu einem Domino-Effekt kommt, der sich nicht mehr unter Kontrolle bekommen lässt. Durch die Tauchkühlung mit Öl wird das bestmöglich unterbunden.
Ob und wann das 3-in-1-System von ExxonMobil auch Eingang in die Serie finden wird, ist noch nicht klar. Für die OEM hätte das Verfahren unbestreitbar Vorteile, was Bauraum und reduzierte Komplexität betrifft. Auch kostenseitig ist so ein System laut einer Studie von ExxonMobil durch den Wegfall von Komponenten nicht teurer als die konventionelle Wasser-Glykol-Kühlung. Die Direktkühlung der Batterie wird laut ExxonMobil ohnehin kommen - ob als 3-in-1-System oder in anderer Ausführung.
- Ausgabe 11/2023 Seite 020 (364.3 KB, PDF)