Nach der Milliarden-Übernahme durch Liberty Media steht die Formel 1 vor einer Neuausrichtung. Das US-Unternehmen will mit der Rennserie neue Erlösquellen erschließen, die Vermarktung modernisieren und für seine Pläne auch die Teams als Mit-Investoren gewinnen. Experten erwarten zudem einen Machtkampf zwischen Geschäftsführer Bernie Ecclestone, der vorerst im Amt bleiben darf, und dem neuen Formel-1-Vorstandschef Chase Carey. «Ich sehe die große Chance, der Formel 1 dabei zu helfen, sich zum Wohle des Sports, der Fans, der Teams und der Investoren weiter zu entwickeln und zu wachsen», sagte der US-Amerikaner Carey, ein langjähriger Vertrauter des australischen Medienmoguls Rupert Murdoch.
Liberty Media hatte am Mittwochabend bekanntgegeben, dass es den bisherigen Formel-1-Hauptgesellschafter CVC ablöst. Nach Angaben der Unternehmen zahlt Liberty Media 4,4 Milliarden Dollar (etwa 3,93 Milliarden Euro). Zudem sollen Schulden in ähnlicher Höhe übernommen werden. Insgesamt werde die Formel 1 bei der Transaktion mit 8,0 Milliarden Dollar bewertet.
Es wird erwartet, dass Liberty Media die Formel 1 künftig deutlich stärker im Bereich der digitalen Medien positionieren will. Der 85 Jahre alte Ecclestone hatte das Internet und soziale Medien wie Twitter und Facebook bislang für das Marketing weitgehend ignoriert. Zudem dürfte der neue Besitzer künftig seinen Fokus stärker darauf legen, die Erlöse mit den Bewegtbildern von der Formel 1 zu steigern. Ecclestone hatte Umsatz und Gewinn vor allem über die stetig steigenden Gebühren für die Rennstrecken-Betreiber erhöht.
Rennställe sollen Anteile kaufen
Liberty Media kündigte zudem an, die Rennställe für den Kauf von Anteilen an der Formel 1 gewinnen zu wollen. Die detaillierten Bedingungen würden demnächst vereinbart, hieß es. Einige Teams haben demnach bereits Interesse an dem Geschäft signalisiert. Schon früher hatten einige Teams den Kauf von Formel-1-Anteilen geprüft, wegen zu hoher Forderungen von CVC war dies jedoch gescheitert.
Die Formel 1 hat sich in den vergangenen Jahrzehnten unter der Führung von Ecclestone zu einem Milliarden-Geschäft entwickelt. Der Brite vereinte die Teams und organisierte die gemeinsame Vermarktung, mit der die Rennserie inzwischen nahezu zwei Milliarden Dollar jährlich erlöst.
Interesse spürbar gesunken
In Deutschland erlebte die Rennserie mit dem Einstieg des TV-Senders RTL und dem Aufstieg von Michael Schumacher zum siebenmaligen Weltmeister ihre Blüte. Mehr als zehn Millionen Zuschauer sahen zu Beginn des Jahrtausends im Schnitt die Rennen. Seither ist das Interesse spürbar gesunken, obwohl Sebastian Vettel das Erbe Schumachers antrat und zwischen 2010 und 2013 vier WM-Titel gewann.
Die Kritik von Fans und Experten richtete sich zuletzt vor allem gegen die häufigen Regeländerungen und die nun schon im dritten Jahr anhaltende Dominanz des Mercedes-Teams. Sogar Ecclestone selbst hatte sich mehrfach abfällig über die Entwicklung geäußert. Der neue Eigentümer könnte nun für einen Kurswechsel sorgen. (dpa)