Die EU-Kommission hat die europaweit gültigen Regelungen über den Zugang zu Reparatur- und Wartungsinformationen konkretisiert und ergänzt. Im Amtsblatt der Europäischen Union wurde am Donnerstag die Verordnung Nr. 566/2011 (s. "Dateidownload" in der Infobox unter diesem Text) veröffentlicht, die einige Änderungen der Verordnungen Nr. 715/2007 (Euro5/6-Verordnung) und 692/2008 bereit hält. Die Verordnung Nr. 566/2011 trat am 19. Juni in Kraft. Bei Zuwiderhandlung droht den Herstellern ein Entzug der Fahrzeug-Typgenehmigung. Die lang umstrittene Frage nach der Verfügbarkeit der so genannten Roh- bzw. Basisdaten wurde im Sinne des unabhängigen Aftermarkets (IAM) entschieden.
Die neue Verordnung verpflichtet die Fahrzeughersteller nun zur Freigabe elektronischer Daten, die die genaue Identifikation von Ersatzteilen für Pkw ermöglichen. Wörtlich heißt es in Anhang I unter Punkt 8: "Informationen über alle Fahrzeugteile, mit denen das durch Fahrzeug-Identifizierungsnummer (VIN) und zusätzliche Merkmale wie Radstand, Motorleistung, Ausstattungsvariante oder Optionen identifizierbare Fahrzeug vom Hersteller ausgerüstet ist, und die durch Ersatzteile — vom Fahrzeughersteller seinen Vertragshändlern und -werkstätten oder Dritten zur Verfügung gestellt — anhand der Originalteil-Nummer ausgetauscht werden können, sind in einer unabhängigen Marktteilnehmern leicht zugänglichen Datenbank bereitzustellen."
Der europäische Dachverband der Teilegroßhändler (FIGIEFA) begrüßte am Freitag die neue Verordnung. Zwar veröffentlichten die Automobilhersteller schon heute Ersatzteil-Kataloge, in denen die so genannten OE-Nummern mit einem Fahrzeug anhand genau dieser eindeutigen VIN verknüpft seien, hieß es in der Mitteilung. Allerdings habe sich so bislang ausschließlich das Teil des Automobil-Herstellers identifizieren lassen. Freie Anbieter mussten aus den Informationen der Fahrzeughersteller und per generischer Suchmethode ableiten, welche Ersatzteile wie beschaffen sind, damit sie in das jeweilige Fahrzeug passen. Im Zweifelsfall liefern Teilehändler z.B. zwei oder drei Bremsscheiben an Werkstätten, damit diese eine Reparatur auf jeden Fall durchführen können, eine Vorgehensweise, die u.U. auch die Sicherheit im Straßenverkehr negativ beeinflussen könnte und damit die EU-Kommission zum Handeln bewog.
Ebenfalls erfreulich für den IAM ist die Feststellung in der neuen Verordnung, dass Arbeitswerte als technische Informationen anzusehen sind. Auch dieser Einschätzung hatten Automobilhersteller bislang widersprochen. Sie vertraten den Standpunkt, Arbeitswerte seien Daten, die vor allem für die Abwicklung von Garantie- und Kulanzfällen gedacht sind und deshalb rein wirtschaftliche Hintergründe haben. Dagegen heißt es in der neuen Verordnung: "Es wird davon ausgegangen, dass kommerzielle Sicherheit für die Marktteilnehmer geschaffen wird, wenn präzisiert wird, dass Arbeitseinheiten durch Artikel 6 der Verordnung (EG) Nr. 715/2007 abgedeckt sind."
Umsetzungskontrolle
FIGIEFA-Präsident Michel Vilatte zeigte sich in seinem Statement erfreut über die Entscheidung der Kommission, ermahnte die Wettbewerbshüter aber auch, "die Umsetzung in der Praxis aufmerksam zu begleiten, damit die Fahrzeughersteller auch wirklich ihren Verpflichtungen nachkommen. Nur wenn der freie Markt die Informationen in geeigneter, elektronisch nutzbarer Form erhält, sind diese auch verwendbar", sagte Vilatte. (ng)
- Verordnung (EU) 566/2011 (1007.3 KB, PDF)
- Verordnung (EG) 715/2007 (141.1 KB, PDF)
- Verordnung (EG) 692/2008 (4.1 MB, PDF)