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Nio EL6 Test: Premium-SUV mit besonderem Ladeerlebnis

30.07.2024 09:54 Uhr | Lesezeit: 3 min
Ein Trumm von einem Auto: der Nio EL6
© Foto: Timo Bürger

Mit dem Nio EL6 bietet der chinesische Autobauer ein feines SUV mit vielen technischen Finessen. Zudem sollte man sich eine Fahrt zur Swapping Station nicht entgehen lassen. Trotzdem gibt es noch Details zu verbessern.

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Gehen wir gleich in Medias Res und nehmen Platz: Der Nio-Innenraum macht einen sehr hochwertigen Eindruck. Die Materialien, wie das satt gepolsterte Lenkrad, fassen sich ausnahmslos angenehm an und sehen erlesen aus. Viele Teile sind weich und schmeicheln Augen und Händen. Hier knarzt nichts, hier scheppert nichts, hier knirscht nichts. Ein gigantisches Panorama-Schiebedach (laut Nio das größte seiner Klasse) sorgt für stimmungsvolles Lichtambiente im Interieur. Mit einer Länge von 4,85 Metern, einer Breite von 2,0 Metern, einer Höhe von 1,70 Metern und einem Radstand von 2,91 Metern bietet der EL6 den Insassen großzügigen Platz, gleich, wo ob man vorne oder hinten sitzt.

Die Rücksitze können im Verhältnis 40/20/40 umgeklappt werden, um einen (für die Größe dann doch eher überschaubaren) Stauraum von bis zu 1.430 Litern (sonst 579 Liter) zu schaffen. Einen Frunk bietet der wuchtige Chinese dagegen nicht. Fuhrparkmanager und Dienstwagenfahrer gleichermaßen werden die vielen stabil wirkenden Verzurrösen ebenso goutieren wie den doppelten Ladeboden und die in der Öffnungshöhe individuell einstellbare Heckklappe.


Nio EL6 Test (2024)

Nio EL6 Test (2024) Bildergalerie

Nio EL6: Komfortables Sitzen und innovative Bedienung

Nio legt großen Wert auf komfortables Gestühl: Die Sitze sind mit einem mehrschichtigen Komfortsystem ausgestattet, das aus neun Lagen unterstützender Materialien besteht und zudem Ventilation bietet. Die extrem weich gepolsterten Kopfstützen lassen sich auch in Längsrichtung arretieren. Das Ergebnis: Selten hat man so entspannt in einem Fahrzeug gesessen; eine Empfehlung für jeden Vielfahrer.

Sehr schick gelöst: Die Lüftungsdüsen sind quasi unsichtbar unter der Verkleidung des Armaturenbretts (das aus nachhaltig gewonnenem Rattan besteht) und verteilen den Luftstrom so leise, dass nur mit einem Blick auf die Anzeige erkennbar wird, dass die Lüftung eingeschaltet ist. Auch das generell sehr reduzierte Bedienkonzept ist schick, verlangt aber eine gewisse Eingewöhnung.



Der stilvoll wirkende Walzen-artige Automatikwählhebel erfordert noch das geringste Einfühlungsvermögen. Die Spiegel sind nur umständlich einstellbar, es gibt keine Tasten dort, wo man sie vermutet. Zunächst muss im Menü des sehr klar abzulesenden und schnell reagierenden Touchscreens das "Spiegel"-Menü gefunden und aktiviert werden. Sodann lassen sich die Spiegel über die beiden Kreuze der Lenkradbedienung einstellen.

Ähnliches gilt für das Laden des Fahrzeugs: Auch hier muss die Klappe über der Ladebuchse via Bildschirmmenü angesteuert und geöffnet werden – umständlich. Der oval gestaltete Funk-Öffner des Fahrzeugschlüssels ist von so glatter und weicher Oberfläche, dass er gerne mal aus der Hand rutscht.

Bedienkonzept im Nio EL6 erfordert Eingewöhnung

Generell – das ist wohl der größte Kritikpunkt – bietet das System (viel zu) viele Menüs, Untermenüs, Aktivierungs- und Deaktivierungsmöglichkeiten, Optionen und Einstellmöglichkeiten. So viele, dass man nach dem dritten Anlauf kaum mehr Lust hat, sich mit diesen schier unendlichen Optionen näher zu beschäftigen. Immerhin funktioniert die Steuerung per Sprachbefehl oft sehr gut und schneller, sodass nicht im Menü gekramt werden muss. Die digitale KI-Assistentin ("Hey, Nomi!") setzt die meisten Befehle prompt um – das gelingt oft und beindruckt zuweilen.

Watchtower sorgt nicht immer für den vollen Durchblick

Eine optische Besonderheit sind die beulenartigen Ausbuchtungen auf dem Dach oberhalb der Frontscheibe: Das "Watchtower-Layout" verschmilzt nahtlos mit dem Fahrzeugdach. Mithilfe dieses Super-Sensing-Systems arbeitet das Lidar mit den Frontkameras zusammen, um die Straßenbedingungen automatisch zu erkennen und das Lichtsystem entsprechend anzupassen.



Die Verkehrszeichenerkennung funktioniert oft, aber nicht immer: Mal wird das Aufheben des Tempolimits nicht erkannt, mal interpretiert das System das Verkehrsschild einer parallel verlaufenden Spur oder Straße. Dafür wird jeder noch so entfernt sich bewegende Fußgänger erfasst, solange er sich im Blickfeld der Kameras befindet. Vorbildlich: Der EL6 ist serienmäßig mit einem Head-up-Display und intelligenten Adaptive Driving Beam Matrix-Scheinwerfern ausgestattet.


Nio EL6 Preis und technische Daten

  • Testwagenpreis ab: 58.950 € (brutto, exklusive Batterie)
  • Batteriepreis: 21.000 €
  • Elektromotor vorne | 150 kW/210 PS | Elektromotor hinten | 210 kW/285 PS |
  • Maximalleistung: 360 kW/490 PS | 700 Nm
  • 4,5 s | 200 km/h | Reichweite: 529 WLTP-Kilometer
  • Akkukapazität: 100 kWh (brutto)
  • Ladeleistung: AC 11 kW | DC 180 kW
  • Verbrauch: ab 20,4 kWh
  • Maße 4.854 x 2.095 x 1.703 mm
  • Kofferraum 578–1.430 Liter
  • Versicherung HK  21 | VK 29 | TK 23
  • Wartung:
  • Garantie: 5 Jahre/150.000 km


Nio EL6 ist fast 500 PS stark

Was die Motorisierung betrifft: Der Nio EL6 ist serienmäßig mit einem Zweimotoren-Allradantrieb ausgestattet. An der Vorderachse arbeitet ein 150 kW Induktionsmotor, während an der Hinterachse ein 210 kW Permanentmagnetmotor für Antrieb sorgt. Zusammen erzeugen sie eine Gesamtleistung von 490 PS und ein Spitzendrehmoment von 700 Newtonmetern. In nur 4,5 Sekunden beschleunigt der Chinese von 0 auf 100 Kilometer pro Stunde.


Nio ET5 Touring

Nio ET5 Touring schräg von vorn auf Schotterplatz Bildergalerie

Der Fahreindruck ist für ein SUV dieser Größe beeindruckend ausgewogen, selbst in schnell gefahrenen Kurven liegt der Wagen souverän auf den 21 Zöllern. Im Innenraum ist es dabei fast mucksmäuschenstill, kaum Windgeräusche dringen ein. Das Fahrzeug mit fast 500 PS ist also jederzeit bestens motorisiert, bis der Vorwärtsdrang bei Tempo 200 gestoppt wird. 

Verbrauch und Reichweite

Obacht walten lassen sollte man bei der Durchfahrt von Toren und ähnlichen Portalen. Bereits ohne Spiegel ist das Fahrzeug ganze zwei Meter breit, das erfordert zuweilen höchste Konzentration. Was den Verbrauch angeht, ist schnell erörtert: Ein 2,3 Tonnen schweres, fast fünf Meter langes SUV kommt nicht mit absolut wenig Strom aus. Unter 20 kWh den EL6 zu bewegen ist fast unmöglich, selbst bei moderaten Frühlingstemperaturen und Tempo ist eher mit 25 kWh auf 100 Kilometer zu rechnen. Und dann ist selbst mit diesem großen Akku nach gut 400 Kilometern Sense – diese Reichweite geht aber völlig in Ordnung, genauso wie die maximale Ladeleistung von 180 kW bei der großen Batterie (bei der kleineren sind es 130 kW).


Nio EL6 an der Swapping Station – ein Erlebnis

Wie wäre es damit: Batterie wechseln statt Batterie laden, wenn es noch schneller gehen soll? (Die Long-Range-Batterie kann man übrigens neben dem Kauf monatlich für 289 Euro brutto mieten). Ein Besuch an der Swapping Station ist ein Erlebnis. Wie das geht? Kinderleicht! Man lässt sich von Nomi zur nächsten Wechselstation lotsen, parkt parallel zur Garage und lässt dann die virtuelle Assistentin den Rest erledigen. Der Wagen parkt mit Fahrer im Inneren selbsttätig rückwärts ein, bis er millimetergenau auf der Hebebühne steht. Sodann wird das Fahrzeug angehoben, der Akku wird vollautomatisch gelöst und ins Akkuhotel verfrachtet. Danach wird die neue vorgewärmte Batterie geholt und ans Fahrzeug montiert.

Der Fahrer lauscht derweil den Anweisungen Nomis ("Es kann ein bisschen wackeln"), in wenigen Minuten ist der Tausch perfekt. Sodann darf der Fahrer wieder die Kontrolle übernehmen und den Nio selbst aus der Swapping-Station steuern. Natürlich nicht ohne den obligatorischen Nomi-Tipp: "Seien Sie vorsichtig beim Herausfahren“. Der ganze Vorgang war in nicht einmal zehn Minuten erledigt – handgestoppt von der Abfahrt der Autobahn A8 in den Sortimo-Ladepark-Zusmarshausen und wieder zurück auf die Autobahn.



Fazit zum Nio EL6: Luxuriös, aber mit Verbesserungspotenzial

Der Nio EL 6 beeindruckt mit seinem hochwertigen Innenraum, einer Vielzahl von Komfortfunktionen und einem starken Antriebssystem. Besonders hervorzuheben sind das großzügige Platzangebot, die luxuriösen Materialien und die komfortablen Sitze. Der einzigartige Wechsel der Batterien in der Swapping-Station ist ein Alleinstellungsmerkmal.

Allerdings gibt es auch Kritikpunkte: Das Bedienkonzept erfordert Eingewöhnung und die zahlreichen Menüs können unübersichtlich wirken. Zudem könnten die Verbrauchswerte für ein Elektrofahrzeug dieser Klasse optimiert werden und die Vollkasko-Einstufung liegt bei 29 – also im oberen Bereich. Insgesamt bietet der Nio EL6 aber ein klasse Gesamtpaket.


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