Das Bundeskartellamt hat wegen Preisabsprachen bei Stahl rund 100 Millionen Euro an Bußgeldern gegen Volkswagen, Daimler und BMW verhängt. Die Unternehmen hätten sich von 2004 an beim Einkauf von Langstahl abgesprochen, teilte das Bundeskartellamt am Donnerstag mit. Sie haben nach Angaben der Bonner Wettbewerbshüter den Sachverhalt anerkannt und einer einvernehmlichen Beendigung des Verfahrens zugestimmt. Den beteiligten Stahlproduzenten, von denen die illegale Praxis ausging, hatte das Kartellamt bereits im vergangenen Jahr 205 Millionen Euro Strafzahlungen auferlegt.
VW zahlt nun mit 48,7 Millionen Euro den größten Anteil. In München bezifferte BMW seinen Anteil auf 28 Millionen, gegen Mitarbeiter seien keine Bußgelder verhängt worden. Daimler nannte in Stuttgart eine Summe von 23,5 Millionen Euro. Mit den Kartellvorwürfen gegen fünf Autohersteller in Sachen Diesel-Abgasreinigung hatten die Stahl-Ermittlungen nichts zu tun.
Mit Langstahl werden in der Industrie runde Stahlstäbe bezeichnet, die nach dem Schmieden unter anderem zum Bau von Getriebeteilen, Kurbelwellen oder Lenkstangen verwendet werden. Deren Preise setzen sich aus drei Bestandteilen zusammen: Basispreis, Legierungszuschlag und Schrottzuschlag.
Einheitliche Berechnungsformeln abgesprochen
Stahl enthält je nach Güteklasse unterschiedlich hohe Anteile von Chrom, Nickel und anderen Metallen. Dafür wird der Legierungszuschlag bezahlt. Der Schrottzuschlag wird für den Anteil von Altmetall fällig, der bei der Herstellung verwendet wurde. Abgesprochen wurden einheitliche Berechnungsformeln für diese Zuschläge, nicht der Basispreis. "Schrott- und Legierungszuschläge machen einen wesentlichen Teil der Einkaufspreise bei Langstahl aus", erklärte Andreas Mundt, der Präsident des Kartellamts.
Auslöser der Absprachen waren in den Jahren 2003 und 2004 Drohungen der Stahlhersteller. Diese hätten "einseitig und zum Teil unter Androhung von Lieferstopps" die Preisberechnung verändert, hieß es in der Mitteilung der Behörde. Die Autohersteller akzeptierten die Berechnungsformeln und verfuhren bis Anfang 2016 danach, bis Ende 2013 gab es zweimal jährlich Treffen aller Beteiligten.
Volkswagen betonte in einer Stellungnahme, es handle sich "nicht um klassische Kartellverstöße wie Preisabsprachen, Gebiets- oder Kundenaufteilungen". Die Berechnungsformeln für Schrott- und Legierungszuschläge seien dem Wolfsburger Konzern von den Stahlherstellern vorgegeben worden: "Andernfalls drohten Lieferungen auszufallen", hieß es in der Stellungnahme.
Große Auswirkungen auf die Autopreise hatten die Absprachen ganz offensichtlich nicht: Das Kartellamt bezifferte den Anteil der Einkaufskosten für Langstahl an den Gesamtkosten eines Pkw auf unter ein Prozent. Ursprünglich hatte die Behörde auch Autozulieferer im Visier, darunter Bosch, doch diese Ermittlungen wurden «aus Ermessensgründen» eingestellt, wie es in der Mitteilung hieß. (dpa)