Jürgen Karpinski, Präsident des Deutschen Kfz-Gewerbes (ZDK), hat vor einem Kulturkampf um das Auto gewarnt. "Jeder Verkehrsträger hat seine Berechtigung. Statt den Verkehrsraum einseitig zu Lasten des Automobils neu aufzuteilen, gilt es, ein intelligentes Miteinander aller am Straßenverkehr Beteiligten zu organisieren – unter Berücksichtigung der Fußgänger, der Radfahrer, des ÖPNV und der Automobile. Ohne Auto geht es auch in Zukunft nicht", sagte Karpinski am Mittwoch in Berlin.
Die neu angefachte Diskussion um das Tempolimit ist aus seiner Sicht Teil einer Reihe von Aktionen, mit denen die individuelle Auto-Mobilität Schritt für Schritt erschwert werden soll. "Wer das Parken für Anwohner massiv verteuert, den Parkraum in Stadtzentren verknappt und durch Maßnahmen im Straßenraum Staus geradezu provoziert, der nimmt den Menschen ein gutes Stück ihrer individuellen Mobilität. Intelligente Verkehrspolitik sieht anders aus", betonte der Branchenvertreter.
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Nach wie vor dringenden Handlungsbedarf sieht der ZDK beim Hochlauf der Elektromobilität in Deutschland. Karpinski verwies auf eine Blitzumfrage unter 790 Autohäusern, wonach der hohe Anschaffungspreis (23 Prozent), die Unsicherheiten bezüglich der Ladeinfrastruktur (18 Prozent), die Reichweite der Fahrzeuge (16 Prozent) sowie die hohen Strompreise (zehn Prozent) die größten Hemmnisse seien.
"Der Weg hin zur E-Mobilität ist vorgezeichnet, die Politik gibt den Rahmen, die Automobilhersteller beschreiten diesen Weg. Aber eins ist ebenfalls klar: Es gibt noch viele Schlaglöcher auf diesem Weg", erklärte Karpinski. Die Kunden hätten viele Fragen, und es seien die Händler, die den Kunden von der Technologie überzeugen müssten. Karpinski: "Ohne das Engagement des Handels wird der von der Politik gewollte schnelle Hochlauf der Elektromobilität nicht funktionieren." Wie berichtet, hat die Bundesregierung das Ziel ausgerufen, bis zum Jahr 2030 15 Millionen vollelektrische Pkw auf die Straße zu bringen.
E-Autos: Ausbleibende Aufträge machen Sorgen
Besorgt zeigte sich ZDK-Vizepräsident Thomas Peckruhn über den deutlichen Rückgang der Auftragseingänge bei E-Fahrzeugen. Diese rückläufige Tendenz schon seit dem dritten Quartal 2022 zu verzeichnen und setze sich auch zu Beginn des Jahres 2023 fort, erläuterte der Sprecher des Fabrikatshandels. Neun von zehn Autohäusern würden gesunkene oder stark gesunkene Neubestellungen bei Plug-in-Hybriden wahrnehmen. Bei den batterieelektrischen Modellen würde mehr als jeder zweite Händler über stark gesunkene Neubestellungen berichten.
Peckruhn sagte: "Mit den geänderten Förderungsbedingungen hat die Bundesregierung dem selbst postulierten Ziel eines kräftigen Hochlaufs der E-Mobilität einen Bärendienst erwiesen. Die Kunden, aber auch der Handel brauchen verlässliche Rahmenbedingungen, sonst lassen sich die angestrebten Zulassungsmengen nicht erreichen."
Forderung nach E-Fuels bekräftigt
Die Verbandsspitze bekräftigte ihre Forderung nach klimaneutral hergestellten synthetischen Kraftstoffe (E-Fuels) für den Einsatz in Benzin- und Dieselautos. "Gerade aus Sicht der Autofahrerinnen und Autofahrer ist es dringend geboten, auch den Bestand von Verbrennerfahrzeugen möglichst bald klimaneutral zu stellen. Andernfalls wird der Druck zunehmen, weitere Maßnahmen im Verkehrssektor zum Erreichen der Klimaziele anzuordnen – vom Tempolimit über Fahrverbote bis hin zu höheren Kfz-Steuern für Verbrenner", so Karpinski. "Die Kosten für die individuelle Mobilität werden steigen. Das trifft viele Millionen Menschen, die auf ihre Fahrzeuge angewiesen sind, sowohl beruflich als auch privat."
Der ZDK hat in Berlin auch seine Bilanz zum Branchenjahr 2022 vorstellt. Hier kommen Sie zur Meldung.