Kurzfassung
Quietschen der Bremse und andere Geräusche lassen sich auf verschiedene Ursachen zurückführen. Wir zeigen die häufigsten Problemfälle und erklären, wie Werkstätten bei der Bremsen-Montage Fehler vermeiden können.
Im Motorsport sind quietschende oder rubbelnde Bremsen kein Problem, schließlich geht es hier um Performance und nicht um Komfort. Ganz anders in Pkw, denn hier wird jedes Geräusch der Bremsen als störend empfunden. Besonders in Elektroautos macht sich das bemerkbar.
Viele Ursachen
Quietschende Bremsen können viele Ursachen haben, die entweder in der Bremse selbst oder auch in der Peripherie zu finden sind. Erste Regel: Bremsbelag und Bremsscheibe sollten immer zusammen getestet sein und vom selben Hersteller stammen, denn sonst können Inkompatibilitäten und Geräusche entstehen - selbst bei Markenprodukten. Doch woher kommt das Quietschen? Quietscht eine Bremse, ist das im Regelfall auf mechanische Resonanzen zurückzuführen. Mechanische Resonanz ist ein Phänomen, das auftritt, wenn ein Körper durch eine externe periodische Kraft schwingt und die Frequenz dieser periodischen Kraft der eigenen Schwingungsfrequenz des Körpers entspricht. Schwingungen entstehen in unterschiedlichen Frequenzbereichen: In unteren Frequenzen nimmt man sie eher als Rubbeln oder leichte Vibration war, in höheren Frequenzbereichen als Quietschen. Bremsbeläge können beispielsweise auf der Bremsscheibe zu Schwingungen angeregt werden, was Geräusche produziert.
Vibrationen können aber auch durch andere Teile des Autos verstärkt werden, beispielsweise durch Stoßdämpfer oder Stabilisatoren. Auch lockere Radlager können für Bremsgeräusche sorgen. Felgen können ebenfalls für unerwünschte Vibrationen sorgen, wenn sie beispielsweise keine Homologation haben oder für UHP-Reifen ausgelegt sind. Generell tendieren alte Autos eher zu Bremsgeräuschen, da Teile lose werden und Dämpfungseigenschaften im Fahrwerk nachlassen. Auch das Wetter kann Einfluss haben: So haben besonders sommerliche Temperaturen und Trockenheit Einfluss auf Bremsgeräusche. Ebenso können Salz und Staub die Performance der Bremse beeinflussen.
Auch die Fahrweise kann Einfluss auf die Bremsengeräusche haben: Wurden die Bremsscheiben aufgrund von Überbelastung überhitzt oder sind die Bremsbeläge unregelmäßig abgefahren, kann dies für Geräusche sorgen. Bei langen Bremsvorgängen während der Bergabfahrt und gleichzeitig niedriger Bremsleistung können Bremsbeläge überhitzen und sogar verglasen, was sie dauerhaft schädigt. Auch Fremdkörper wie Steine, die in den Belag eindringen, sind eine Quelle für Bremsenquietschen.
Auf korrekte Montage achten
Viele Geräuschquellen an der Bremse sind auch auf eine falsche Montage zurückzuführen. So gibt es richtungsgebundene Bremsbeläge, die in falscher Richtung eingebaut für Geräusche sorgen können. Viele richtungsgebundene Bremsbeläge haben einen Pfeil auf der Rückseite, der die Laufrichtung der Bremsscheibe anzeigt. Beim Einbau dieser Bremsbeläge sollte darauf geachtet werden, dass der Pfeil in die gleiche Richtung zeigt, in die sich die Räder beim Vorwärtsfahren drehen. Bei der Wartung sollte zudem darauf geachtet werden, passendes Bremsenfett an den richtigen Stellen zu verwenden, gerade an den Dämpfungselementen. Für Geräusche können auch verunreinigte Bremsscheiben sorgen, wenn dorthin beispielsweise Öl gelangt oder die Korrosionsschutzbeschichtung für die Lagerung nicht korrekt entfernt wurde. Eine Kontamination des Bremsbelags mit Öl oder Bremsflüssigkeit sorgt zudem für eine Kristallisation der porösen Struktur des Bremsbelags und Geräusche. Verunreinigte Bremsbeläge müssen in diesem Fall ausgetauscht werden.
Beim Wechsel von Bremsbelag und Bremsscheiben sollten die Schrauben und andere sicherheitskritische Komponenten am Bremssattel immer mit ausgetauscht und beim Anziehen nicht überdreht werden, da ansonsten die Dämpfung nachlassen kann. Denn eine korrekt angezogene Schraubverbindung wirkt wie ein Vibrationsdämpfer. Sicherstellen kann man das durch Akku-Werkzeuge, die das Drehmoment begrenzen. Für die meisten Fahrzeuge sind 90 bis 120 Newtonmeter Anzugsdrehmoment seitens der Fahrzeughersteller empfohlen. Viele pneumatische Schlagschrauber eignen sich daher nur für die Demontage der Räder. Zu beachten ist auch, dass beim Wechsel der Bremsscheiben immer auch die Bremsbeläge mit ausgetauscht werden sollten. Denn ansonsten kann es passieren, dass die Paarung von Bremsbelag und Scheibe nicht gelingt. Die Bremsscheiben sollten auch ersetzt werden, wenn sie die empfohlene Mindeststärke erreichen. Je dünner die Bremsscheibe wird, desto anfälliger ist sie für eine höhere Abnutzungsrate und Resonanzeffekte, die Bremsgeräusche verursachen. Auch der Zustand der Fahrwerkkomponenten wie Lenkung und Stoßdämpfer sowie Federn sollte gecheckt werden. Dämpfer sollten nach rund 80.000 Kilometern ausgetauscht werden.
- Ausgabe 3/2023 Seite 18 (391.4 KB, PDF)
"Das Online-Schulungsportal auf der Garage-Gurus-Webseite bietet Hilfe bei der Bremsenmontage. "
Maxim Atarov, Driv
"Das Online-Schulungsportal auf der Garage-Gurus-Webseite von Driv bietet Kfz-Betrieben Hilfe bei der Bremsenmontage oder beim Lokalisieren von Bremsgeräuschen an", sagt Maxim Atarov, Technical Support Training & Warranty Manager bei Driv. Auf dem Schulungsportal gibt es neben den "Trouble Tracer"-Schadenspostern zu Symptomen und Ausfallursachen, in der systematisch Bremsengeräusche beschrieben und Möglichkeiten zur Behebung erklärt werden, auch Links zu weiteren technischen Hilfestellungen wie der E-Learning-Plattform, technischen Artikeln sowie Montage- und Diagnosevideos.
Konstruktive Maßnahmen
Bei der Konstruktion der Bremse achten die Hersteller bereits darauf, dass das Design von Beginn an so ausgelegt ist, dass Resonanzen reduziert werden. Gewichte am Bremssattel oder am Bremsbelag können unerwünschte Resonanzen reduzieren. Durch den Einsatz weicherer Bremsbeläge oder spezieller Formulierungen können Schwingungen reduziert werden. Auch sogenannten Geräuschdämmplatten ("Anti-Noise Shims") an den Bremsbelägen können Vibrationen minimieren und lassen sich auch nachrüsten. Ebenfalls eine Maßnahme sind seitliche Abschrägungen ("Chamfer") in der Reibfläche des Bremsbelags, was Geräusche und Schwingungen beim Einleiten des Bremsvorgangs reduziert.