Kurzfassung
Die meisten Schäden an Bremsen entstehen durch Montagefehler oder durch fehlende Überprüfung der Peripherie. Aber auch Umwelteinflüsse oder Verschleiß können die Komponenten der Bremse schädigen.
Welche Werkstatt kennt das nicht: Der Kunde kommt nach dem Wechsel der Bremsbeläge zurück in die Werkstatt und bemängelt ein Rubbeln oder Quietschen. Solche Reklamation machen einen Großteil der Probleme mit Bremsen aus (siehe Interview mit Volker Birkholz auf S. 23).
Verschiedene Ursachen möglich
In den seltensten Fällen sind jedoch mechanische Schäden an den Bremsen zu finden. Diese treten jedoch oft als Folge auf, wenn bei der Montage Fehler gemacht werden. Auch Verschleißschäden und Schäden durch Umwelteinflüsse wie durch Öl und Streusalz können auftreten. Das Spektrum ist dabei groß: Durch asymmetrischen Verschleiß und ungleichmäßig starke Abnutzung wird die Verschleißgrenze des Belags schneller erreicht und die Bremswirkung lässt nach. Ebenso gibt es häufiger den Fall, dass die Bremsbeläge auf der einen Seite eines Fahrzeugs nahezu verschlissen sind, während die Bremsbeläge auf der anderen Seite kaum Abnutzungen aufweisen. Was zudem viele kennen, sind Riefen, die sich an den Bremsbelägen ebenso wie an den Bremsscheiben bilden können. Das führt nicht nur zu einem unangenehmen Bremsgeräusch, sondern auch zur Beeinträchtigung der Bremsfähigkeit der Beläge. Ein weiterer typischer Schaden: thermische Überlastung. Durch einen langanhaltenden, engen Kontakt von Bremsbelag und Bremsscheibe kann das Bremssystem überhitzen, es können Hitzerisse in der Bremsscheibe entstehen oder die ganze Bremse kann im schlimmsten Fall ausfallen.
Andere typische Schäden an Bremsscheiben sind Auswaschungen, die das Bremsverhalten verschlechtern und zu Vibrationen beim Bremsen führen können. Zudem treten an Bremsscheiben häufiger sogenannte Hotspots auf. Sie entstehen bei unregelmäßiger Belastung und machen sich beim Bremsvorgang in Form von leichten Schlägen im Lenkrad, einem pulsierenden Bremspedal und verminderter Bremskraft bemerkbar.
Peripherie muss geprüft werden
Typische Fehler in der Montage sind beispielsweise auf eine mangelnde Sauberkeit zurückzuführen. Werden die Teile schon verschmutzt verbaut, sind eine verminderte Bremskraft und Schäden wie Rillen und Riefen vorprogrammiert. "Auch die Peripherie muss bei der Montage sorgfältig geprüft werden. So kann sichergestellt werden, dass keine anderen Bauteile rund um die Bremse zur unnötigen Beschädigung der Bremsenkomponenten beitragen", erklärt Frank Schmidt, Leiter Technischer Service des Geschäftssegments OE & Aftermarket Services bei Continental.
Ein weiterer Grund für spätere Schäden ist eine falsche Sparsamkeit bei der Bremsenmontage. So sollte beispielsweise mit dem Tausch des Bremsbelags auch die ähnlich verschlissene Bremsscheibe ausgetauscht werden. Wird das nicht gemacht, verschleißt nicht nur der Bremsbelag an der alten Scheibe womöglich unnötig schnell, auch die Bremskraft ist von Anfang an nicht voll gegeben.
Die Ursachen für Schäden an Bremsbelägen und -scheiben finden sich jedoch auch außerhalb der Montage. Ein ganz typischer Grund für Bremsenschäden ist Korrosion, die durch Witterung und lange Standzeiten eines Fahrzeugs entstehen kann. Korrorionsschäden vermindern die Bremswirkung und führen zu Geräuschbildung sowie Vibrationen. Aber auch der Verschleiß anderer Teile der Peripherie - des Fahrwerks, Gummiteile oder weiterer Bremsenteile - kann zu Schäden führen. Zu diesen Schäden zählen dann beispielsweise Bremsenrubbeln oder Geräusche wie beispielsweise Quietschen.
Volker Birkholz - Technical Sales Manager & Trainer bei der TMD Friction Services GmbH in Leverkusen
asp: Herr Birkholz, was sind die häufigsten Schäden an Bremsbelägen?
Volker Birkholz: Zunächst einmal sind mechanische Schäden an Bremsbelägen relativ selten, da die Qualität der Produkte sehr hoch ist. Die meisten Reklamationen in der Praxis, ich würde sagen über 90 Prozent, betreffen Komfortprobleme wie Quietschen und Rubbeln. Schäden am Bremsbelag entstehen hauptsächlich durch Montagefehler oder Versäumnisse. Aber auch Umwelteinflüsse sind bei Schäden zu beobachten.
asp: Was für Schäden treten auf und wie lassen sie sich erkennen?
V. Birkholz: Am Bremsbelag sieht man meistens wenig, eher an der Bremsscheibe. Es gibt jedoch Fälle. Gut zu erkennen ist beispielsweise eine thermische Überbelastung des Bremsbelags, die man anhand einer grauen oder bräunlichen Verfärbung des Belags, hervorgerufen durch Asche, erkennen kann. Das wird wiederum durch eine hohe Dauertemperatur eines Belags hervorgerufen, die 450 Grad nicht überschreiten sollte. In der Spitze sind 700 Grad kein Problem, jedoch nicht als Dauerbelastung.
asp: Welche Verschleißschäden an Bremsen gibt es?
V. Birkholz: Ein Schrägverschleiß am Bremsbelag lässt sich gut erkennen. Auch sehr offensichtlich ist ein Differenzverschleiß, das heißt, die Beläge auf den Achsen sind unterschiedlich stark verschlissen. Das Ablösen der Kanten ist auch ein typischer Schaden an Bremsbelägen. Teilweise löst sich der Belag von der Trägerplatte ab. Ursache ist, dass der Belag nicht vernünftig in seinen Führungen läuft. Beim Bremsen kann es nun sein, dass der Bremskolben die Trägerplatte durchbiegt. Dadurch kann sich der Belag an den Kanten ablösen.
asp: Was hat das für Auswirkungen?
V. Birkholz: Durch das Lösen der Kanten oder durch Risse des Belags kann Feuchtigkeit den Belag unterwandern. Es entsteht Rost zwischen Reibbelag und Trägerplatte, sodass sich der Reibbelag schließlich komplett von der Trägerplatte lösen kann.asp:
Wie lässt sich das verhindern?
V. Birkholz: Schwergängige oder schlecht gleitende Bremsbeläge sind oft ein Ergebnis falscher Montage. Hierbei ist es wichtig, darauf zu achten, dass die Bremssättel und Belagführungen richtig sauber gemacht werden. Durch Schmiermittel lässt sich ein vernünftiges Gleiten sicherstellen. Das Schmiermittel schützt aber auch vor Korrosion.
asp: Haben Sie einen Tipp für Werkstätten, damit Schäden an den Bremsen möglichst vermieden werden können?
V. Birkholz: Der Großteil der Reklamationen könnte vermieden werden, wenn sich Werkstätten mehr Zeit nehmen würden, das Umfeld und die Bremse zu begutachten und zu reinigen. Bremsenträger sind oft nicht entrostet, die Bremssättel nicht gereinigt. Werkstätten sollten daher nicht nur nach Richtzeiten-Katalog gehen, sondern gerade bei älteren Fahrzeugen, die schon 80.000 bis 100.000 Kilometer Laufleistung haben, eine halbe bis dreiviertel Stunde investieren, um den Bremssattel und die Bremsenträger zu reinigen und zu prüfen. Das können sie auch entsprechend dokumentieren und abrechnen.
Feder für weniger Verschleiß
Brembo
Mit "Enesys" hat Brembo eine neue Bremsfedertechnologie präsentiert, die das Restbremsmoment verringert. Durch die Feder werden mögliche noch vorhandene Kontakte zwischen Bremsbelag und Bremsscheibe zu dem Zeitpunkt reduziert, an dem der Fahrer die Bremse nicht betätigt. Dadurch trägt die Lösung zur Reduzierung von Emissionen bei, da der Verschleiß von Bremsbelag und Bremsscheibe begrenzt wird. Auch die Menge des durch Restreibung entstehenden Bremsstaubs wird verringert. Dadurch soll sich zudem der Wartungsbedarf verringern und somit die Lebensdauer der Bremse verlängern.
Breite Marktabdeckung
Delphi Technologies
Delphi Technologies hat das Bremsensortiment für den europäischen Markt nochmals ausgebaut. Mit der jüngsten Erweiterung wird die Marktabdeckung des Bremsscheiben-Sortiments auf 97 Prozent und des Bremsbelag-Sortiments auf über 98 Prozent aller Fahrzeuge in Europa erhöht. Seit 2019 hat Delphi Technologies mehr als 130 neue Bremsbeläge und Bremsscheiben ins Sortiment aufgenommen. Der Hersteller hat sich dabei besonders auf asiatische Fahrzeuge und Hybrid- und Elektrofahrzeuge konzentriert.
Richtig entlüften
KS Tools
Werkzeugspezialist KS Tools aus dem hessischen Heusenstamm hat ab sofort als erster Hersteller einen Universal-Entlüfterstutzen-Adapter im Programm, mit dem sich Bremsen bei allen Fahrzeugen gleich gut entlüften lassen. Denn der gängige Euro-Adapter schließt bei vielen Fahrzeugen nicht gut. Die Folge: Es kann Luft ins Bremssystem gelangen, was gefährlich ist. Werkstätten können mit dem Adapter von KS Tools nahezu jede Bremse warten. Der verstellbare Universal-Entlüfterstutzen-Adapter hat die Produktnummer "160.0718".
Zweiteilige Bremsscheiben
ZF Aftermarket
ZF Aftermarket hat das Portfolio an zweiteiligen Bremsscheiben der Marke TRW erweitert: Sie sind nun auch für die C- und E-Klasse von Mercedes-Benz erhältlich. Bis Mitte 2021 soll das Angebot auch für die S-Klasse und den GLC ergänzt werden. Das zweiteilige Design der Bremsscheiben besteht laut ZF aus einem Stahltopf, der mit dem Grauguss-Reibring verzahnt ist. Durch diese spezielle Konstruktion wird die Wärmeausdehnung beim Bremsen optimiert, sodass sich die Scheibe durch die thermische Belastung nicht verformt.
- Ausgabe 12/2020 S.22 (213.4 KB, PDF)