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Diesel-Nachrüstung Teil 1: Geht nicht, sagen die Hersteller

19.04.2018 11:00 Uhr
Diesel-Hardware-Nachrüstung
Damit Besitzer von Euro-5-Dieseln ohne serienmäßigen SCR-Katalysator an der Tankstelle AdBlue tanken können, ist nach ­Ansicht der Hersteller ein enormer Aufwand erforderlich.
© Foto: Oliver Berg / dpa / picture-alliance

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Am 13. April war es soweit: An diesem Tag konnten deutsche Autohändler, die am zweiten Januar 2018 einen gebrauchten Diesel in ihren Bestand aufgenommen haben, das Fahrzeug wieder verkaufen. Das legt jedenfalls eine aktuelle Mitteilung der Deutschen Automobil Treuhand GmbH (DAT) nahe. Dieser zufolge beträgt die Standzeit von Diesel-Autos deutschlandweit im Schnitt 102 Tage. Geld lässt sich damit bei Margen im Bereich von 1,5 Prozent schwer verdienen - schließlich kostet jeder Standtag durchschnittlich 28 Euro.

Kein Wunder also, dass sich beispielsweise der ZDK vehement dafür einsetzt, dass die Hersteller Diesel-Fahrzeuge mit der Abgasnorm Euro 5 auf eigene Kosten nachrüsten müssen. Und ein Test des ADAC mit vier Euro-5-Dieselfahrzeugen scheint dem ZDK recht zu geben: Hardware-Nachrüstungen sind theoretisch machbar ( siehe asp AUTO SERVICE PRAXIS Nr. 3/2018). Doch klar ist auch: Die gezeigten Lösungen waren Pilot-Versuche, die noch nicht im Dauerbetrieb erprobt, nicht offiziell für den Straßenverkehr zugelassen und derzeit nicht in großen Stückzahlen verfügbar sind.

Drei Jahre bis zur Nachrüstung

Hier setzt die Kritik der Hersteller an, die SCR-Nachrüstungen unisono ablehnen. Mercedes, BMW, VW, Audi, Opel und PSA weisen etwa darauf hin, dass es einige Zeit dauern könnte, bis Nachrüst-Lösungen einsatzbereit sind. Als Mindestdauer nennen nicht nur VW, sondern auch Mercedes und BMW rund drei Jahre. Grund für den langen Zeitraum ist nach Meinung der befragten Hersteller die Komplexität einer Nachrüstung mit SCR-Katalysator. Diese stelle einen tiefen Eingriff in die Fahrzeugarchitektur und das Steuerungssystem dar und müsse darum erst aufwendig entwickelt werden. Die für den Einbau nötigen Maßnahmen beträfen laut Mercedes und BMW unter anderem Abgasanlage, Kabelbaum und Motorsteuergerät. Diese müssten zum Teil komplett erneuert werden.

Zahlreiche technische Probleme

Denn selbst scheinbar banale Probleme bedeuten nach Auskunft von Audi enormen Aufwand. Beispielsweise müsse laut Gesetz gewährleistet sein, dass der Motor nicht gestartet werden kann, wenn der AdBlue-Tank leer ist. Zudem müsse eine Füllstandanzeige des AdBlue-Tanks im Cockpit und der bei Audi übliche Einfüllstutzen unter der Tankklappe ins Fahrzeug integriert werden. VW verweist zudem auf große Platzprobleme in den Fahrzeugen, vor allem im Unterboden. Der fehlende Platz mache den nachträglichen Einbau eines SCR-Katalysators oder eines AdBlue-Tanks nur schwer möglich. Eine Herausforderung sei zudem die Vielfalt an Fahrzeugen, für die jeweils eine individuell angepasste Lösung entwickelt werden muss.

Ist schließlich eine Lösung entwickelt, sind nach Meinung der Hersteller aufwendige Tests notwendig. Nur so lasse sich feststellen, ob die Lösung wirksam und auf Dauer haltbar sei. Ist das gegeben, müssten die Nachrüstlösungen noch beim Kraftfahrtbundesamt zugelassen und die Massenproduktion aufgezogen werden. Angesichts dessen werde das Ziel eines kurzfristigen Effekts zur Luftreinhaltung durch eine Hardware-Nachrüstung "konterkariert", ist PSA überzeugt. Kurzfristig wirksam könnten Absatzprogramme für Euro-6-Dieselfahrzeuge, zum Beispiel die "Diesel-sorglos-Garantie" sein. Ähnlich sehen es auch die anderen Hersteller in seltener Einigkeit.

Finanzierung umstritten

Werde eine Nachrüstung dennoch vorgeschrieben, koste das mehrere Tausend Euro, teilen Audi und Mercedes mit. Hinzu kämen Audi zufolge mehrstündige bis tagelange Werkstattaufenthalte. Der oft zitierte Vergleich mit der Nachrüstung von Partikelfiltern erübrige sich angesichts der Komplexität von SCR-Lösungen, glauben viele Befragte. Zudem verändert ein SCR-Katalysator nach Ansicht vieler Hersteller Fahrzeugeigenschaften wie Kraftstoffverbrauch und Ansprechverhalten. Das Fahrzeug sei danach nicht mehr jenes, das der Kunde gekauft hat, befürchten mit der Thematik befasste Mitarbeiter bei den Herstellern. Das könne zu großer Unzufriedenheit führen.

Neben den technischen Schwierigkeiten gibt es zudem ganz grundsätzliche Kritik: Kosten und Nutzen einer Nachrüstung fünf bis zehn Jahre alter Autos stünden, anders als bei Software-Updates, in keinem Verhältnis. Die mit Updates mögliche NOX-Reduktion von bis zu 30 Prozent sei nach Ansicht mancher Befragten ohnehin nicht so weit von den 40 Prozent mancher Hardware-Nachrüstungen entfernt, dafür aber kurzfristig verfügbar. Vor allem BMW, Mercedes, Audi und VW setzen auf die Software-Lösung.

Viele der vom Dieselskandal nicht betroffenen Hersteller äußern in der Befragung Unverständnis über die Forderung, Nachrüstungen aus eigener Tasche zu bezahlen. Das sei unverhältnismäßig, schließlich habe man nicht betrogen und sich an damals gültige Normen gehalten.

Wie eine Nachrüstung finanziert werden sollte, wenn sie trotz der Bedenken beschlossen wird, dazu wollte sich keiner der befragten Hersteller konkret äußern.

Für den Fall, dass der Gesetzgeber SCR-Nachrüstungen beschließt, machen sich einige Unternehmen wie etwa Ford jedoch bereits Gedanken. Konkrete Vorarbeiten lehnt die Mehrheit jedoch ab. PSA etwa sieht darin keinen Sinn, weil aufgrund fehlender Beschlüsse völlig unklar sei, worauf es sich vorzubereiten gilt.

Kurzfassung

Die Hersteller sind überzeugt, dass es aufgrund komplexer technischer Probleme, einer zwingend nötigen Testphase sowie dem Zulassungsverfahren beim Kraftfahrtbundesamt mehrere Jahre dauern würde, bis Nachrüstlösungen einsatzbereit sind. Sie setzen darum auf Absatzprogramme für moderne Dieselfahrzeuge.

Kfz-Gewerbe erwartet Unterstützung

Die Zahlen sind alarmierend: Um Euro-5-Dieselwagen noch verkaufen zu können, müssen die Autohäuser momentan die Fahrzeuge um bis zu 50 Prozent abwerten. Das teilte der Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe (ZDK) nach einer Umfrage unter 1.817 Händlern quer durch alle Marken mit. Für knapp elf Prozent der Befragten seien Euro-5-Diesel derzeit unverkäuflich, ein Drittel reduziere den Preis zwischen zehn und 30 Prozent, ein weiteres Drittel sogar um bis zu 50 Prozent.43 Prozent fordern Hardware-NachrüstungUm die Gebrauchtwagen im Wert zu stabilisieren, fordern 43 Prozent der Markenhändler eine Hardware-Nachrüstung dieser Fahrzeuge. ZDK-Vizepräsident Thomas Peckruhn sagte: "Bundesverkehrsminister Scheuer muss seinen ersten Ankündigungen, ernste Gespräche mit den Herstellern zu führen, jetzt schnell Taten folgen lassen." Die Branche brauche dringend eine Nachrüst-Verordnung für ältere Diesel mit bereits erprobten Hardware-Systemen. An deren Finanzierung müsse sich die Industrie beteiligen. Selbst bei Autos mit Dieselmotoren, die die seit 2015 geltende Euro-6-Norm erfüllen, sei die Situation "nicht rosig", so der Verband weiter. Für rund 37,2 Prozent der Händler sei ein Verkauf von Fahrzeugen mit dieser Abgasstufe momentan kaum möglich. Nur bei den neuesten Euro-6d- und Euro-6d-Temp sehe es anders aus. "Solange das Diesel-Thema weiter rumort und Fahrverbote nicht klipp und klar verhindert werden, wird sich die Situation im Handel nicht verbessern, sondern weiter verschlechtern", betonte Peckruhn.Beteiligung der Hersteller und Importeure am RestwertrisikoDeshalb erwarten die Autohäuser konkrete Unterstützungsmaßnahmen: Eine verstärkte Beteiligung der Hersteller und Importeure am Restwertrisiko insbesondere der Euro-5-Leasing-Rückläufer fordern 40,6 Prozent der Befragten. Für 16,3 Prozent wäre ein Garantiepaket für den Kunden mit Rückgaberecht des Dieselfahrzeugs bei verhängten Fahrverboten eine mögliche Alternative. Peckruhn forderte die Hersteller und Importeure auf, mit den Vertretern der Händlerverbände "sehr schnell tragfähige Lösungen für die extrem hohen Belastungen der Händler durch die Diesel-Krise zu schaffen." Nur so könne eine Pleitewelle im Autohandel verhindert werden. rpZDK-Vizepräsident Thomas Peckruhn: "Solange das Diesel-Thema weiter rumort und Fahrverbote nicht klipp und klar verhindert werden, wird sich die Situation im Handel nicht verbessern, sondern weiter verschlechtern."

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