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Fahrwerk-Tuning: Keine Federn lassen

20.03.2015 06:00 Uhr

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Täglich legen sich Werkstätten mächtig ins Zeug, um die nötige Auslastung sicherzustellen. Doch wenn Fahrzeugkomponenten immer haltbarer werden, immer mehr Neufahrzeuge mit Bindung an die Vertragshändler auf den Markt kommen und rückläufige Fahrleistungen für weniger Verschleiß sorgen, gleicht das einem Kampf gegen Windmühlen. Klassische Geschäftsfelder wie Abgasanlagenservice liegen quasi brach; es muss ein Ausgleich gefunden werden, damit der Betrieb rentabel arbeitet. Eine vielversprechende Möglichkeit ist der Bereich Fahrwerkumbauten, der nicht nur für zusätzliche Erträge, sondern für weitere angenehme Nebeneffekte sorgen kann. Wohlgemerkt "kann", denn für ein langfristig erfolgreiches Geschäft bedarf es viel Know-how, Erfahrung und nicht zuletzt Gespür für den Kunden.

Laut Verband der Automobil-Tuner (VDAT) zählt das Geschäftsfeld Fahrwerkkomponenten seit Jahren zu den Topsellern im Segment des sportlichen Autozubehörs. Der im deutschen Aftermarket generierte Gesamtumsatz mit Tuningteilen und sportlichem Zubehör wird vom Verband mit 600 Mio. Euro jährlich beziffert. Auf Fahrwerke heruntergebrochene Umsätze kann er allerdings nicht nennen. Wie wirtschaftlich attraktiv das Produktsegment ist, zeigt das Ergebnis einer Besucherbefragung auf der Essen Motor Show. Von den Besuchern, die angaben, ein in irgend einer Art umgerüstetes Fahrzeug zu fahren, hatten 75,4 Prozent ihr Auto mit einem Sonderfahrwerk ausgestattet. Auch wenn es sich um eine Umfrage innerhalb der Zielgruppe handelt, zeigt es doch Stellenwert und Potential des Geschäftsfelds. Dabei geht es nicht mehr nur um "tiefer, härter, breiter", sondern um den Wunsch der Kunden nach individueller Fahrwerkabstimmung. Während Fahrzeughersteller ihre Fahrwerke auf die breite Masse abstimmen und auch Seriensportfahrwerke ein breites Kundenspektrum abdecken, sind die Aftermarket-Anbieter die Spezialisten für Individualisten.

Freie Werkstätten sind im Vorteil

Für Vertrags- und freie Werkstätten bietet der Produktbereich Sonderfahrwerke aufgrund eines mittlerweile extrem breiten Einsatzgebiets gute Aussichten auf Zusatzerträge und neue Kunden. Freie Werkstätten sind hier im Vorteil, können sie doch aus dem großen Angebot des Aftermarkets schöpfen, während Vertragsbetriebe angehalten sind, nur Originalzubehör anzubieten. Dabei sind es häufig die Seriensportfahrwerke, die viele Kunden zum Spezialisten treiben. In Gesprächen mit verschiedenen Einbaubetrieben stellte sich heraus, dass immer öfter Fahrer so genannter Premium-Marken auf den Hof kommen, die sich der Optik wegen ihr Auto mit Sportpaket inklusive Sportfahrwerk bestellten, nur um dann festzustellen, dass es immer noch zu hochbeinig dasteht, aber trotzdem schon zu hart ist. Vor allem die S-Line-Version des Audi A4, BMW 3er mit M-Paket, Golf GTI und R werden in diesem Zusammenhang häufig genannt.

Dass Vertragshäuser hier allein aufgrund der Produktvielfalt, aber auch mangels Know-how an Grenzen stoßen, weiß Marcel Römer von MR Racing in Eschweiler aus Erfahrung. "Wir arbeiten mit vielen VW-, BMW- und Mercedes-Benz-Autohäusern zusammen und stellen immer wieder fest, dass sie mit Arbeiten außerhalb des normalen Betätigungsfeldes überfordert sind. So lassen zum Beispiel die Autohäuser einer großen VW-Gruppe sämtliche Tuningmaßnahmen, vom Einbau von Tieferlegungsfedern bis hin zu kompletten Fahrwerken, bei uns durchführen, weil es immer wieder zu Problemen kam", so Marcel Römer.

Thorsten Balk, Mitinhaber des Unternehmens Rennfeder in Helsa bei Kassel, hat durchaus vergleichbare Erfahrungen gesammelt: "Man muss sich intensiv mit dem Thema befassen, will man erfolgreich sein. Mal eben zwischen Ölwechsel und Wischwasser auffüllen ein Gewindefahrwerk verkaufen, geht meist nicht gut. Ehrlicherweise muss ich aber sagen, dass wir auch ein Stück weit davon leben, weil wir Fahrzeuge im zweiten Durchgang zur Fehlerdiagnose und -korrektur in den Betrieb bekommen."

Das zeigt, dass es für den langfristigen Erfolg im Bereich Fahrwerkumbauten unerlässlich ist, sich intensiv mit der Materie auseinanderzusetzen. Die Angebotsvielfalt allein der namhaften und seriösen Hersteller ist gefühlt grenzenlos. Allein H&R brachte 2014 Fahrwerkskomponenten für rund 80 neue Fahrzeugmodelle sowie 100 Produkterweiterungen und -nachträge auf den Markt. KW Automotive hat über 4.600 Anwendungen umfassende Fahrwerkslösungen im Angebot. Dazu kommen Hersteller wie Bilstein, Vogtland, Eibach oder ap Sportfahrwerke, die allesamt mehr oder weniger umfassende Lösungen bieten. Zum Glück haben alle auch ein entsprechendes Schulungsangebot parat, wo neben Produkterklärungen und Einbautechniken auch richtige Kundenberatung gelehrt wird. So diffizil die Technik ist, so unterschiedlich sind auch die Kundenansprüche, und die gilt es herauszufiltern, will man hinterher auch zufriedene Kunden haben.

Beratung nicht unterschätzen

So ist es nicht verwunderlich, dass die von uns befragten Betriebe einen Beratungsaufwand von zwei bis drei Stunden kalkulieren. Zunächst gilt es zu klären, ob rein optische Maßnahmen im Sinn von Tieferlegung gewünscht sind oder ob die Fahreigenschaften des Autos verändert werden sollen, wobei im letzteren Fall der exakte Einsatzzweck herauszufinden ist. Möchte der Kunde ein sportliches Fahrverhalten, ohne auf Komfort zu verzichten? Oder fährt er regelmäßig auf die Rennstrecke? Reicht ein Sportfahrwerk mit vorgegebener Abstimmung? Oder soll es ein einstellbares Gewindefahrwerk sein? Reicht eine Einstellmöglichkeit an den Federbeinen? Oder soll es ein elektronisches Fahrwerk sein, das vielleicht sogar über das Handy einstellbar ist? Was darf es kosten? Man muss sehr genau hinhören, um den Kunden gezielt an das richtige Produkt heranzuführen. Übrigens: Alle befragten Betriebe rechnen nicht nach individuellem Aufwand ab, sondern bieten Komplettpreise an.

Spezialisierung oder Ergänzung

Betriebe wie MR Racing oder Rennfeder haben sich auf das Tuning- und Fahrwerksgeschäft spezialisiert, bearbeiten im Jahr rund 300 Autos und sind teilweise sogar in Entwicklung und Gutachtenerstellung für die Hersteller integriert. Andere Beispiele zeigen, dass das Fahrwerkgeschäft durchaus auch ergänzend zum Tagesgeschäft betrieben werden kann, wenn man entsprechende Voraussetzungen erfüllt. Michael Neidhardt, Mitgeschäftsführer des Premio-Betriebes Hermann Schulte-Kellinghaus in Oberhausen, betreibt Fahrwerktuning als Zusatzgeschäft zum Reifen- und Autoservice. "Dazu habe ich sechs meiner Mitarbeiter entsprechend schulen lassen, um auch in den heißen Phasen, wie den Räderwechselsaisons, genügend Kapazität vorhalten zu können, damit kein Fahrwerkkunde vertröstet werden muss." Im Jahr kommt er auf 100 Autos, die umzurüsten sind.

Holger Spindler, Inhaber einer Automeister-Werkstatt in Neuhaus am Rennweg, hatte sich zum Zeitpunkt der Firmengründung 1998 noch nicht mit der Fahrwerkthematik beschäftigt. Dann nahm er an einer Schulung von Bilstein teil und brachte die Sache ins Rollen: "Es gab eine Besprechung mit der Belegschaft, wo wir Vor- und Nachteile aufgewogen haben. Alle Mitarbeiter waren positiv gestimmt, auch weil wir uns so von anderen Werkstätten im Umfeld abheben konnten", so Spindler. Es folgten drei weitere Schulungen und ab dem Jahr 2000 zog man das Geschäft professionell auf. Es wurde verstärkt Werbung in Tageszeitungen gemacht und ein Tuning-Abend in einem Hotel veranstaltet, außerdem berichtete das Regionalfernsehen. Nebeneffekt: Durch die Schulungen konnte auch der Verkauf konventioneller Stoßdämpfer forciert werden. "Ein Stoßdämpferprüfstand ist vorhanden, auf den wir prinzipiell jedes Auto fahren und einen Prüfbericht erstellen." Es folgten weitere Schulungen mit Prüfung, so dass man zum "Bilstein Fahrwerk-Experten" aufstieg. "Damit wurden wir auf der Bilstein-Homepage gelistet und haben seitdem viele Kontakte gewonnen."

Das Internet spielt für das Fahrwerkgeschäft eine wichtige Rolle. Nicht nur, dass sich die Kunden vorab über die Produkte informieren, es wird auch viel in sozialen Netzwerken diskutiert, sowohl über die Produkte als auch über Einbaubetriebe. Alle Befragten waren sich einig, dass ein eigenes Engagement sowohl bei Facebook & Co. als auch in einschlägigen Foren mehr bringt als andere Werbung. Mund-zu-Mund-Propaganda ist das wichtigste Medium. Vermarktungshilfe gibt es darüber hinaus beispielsweise mit einem Einbau-Zertifikat bei Bilstein-Partnern, das einen kostenlosen Fahrwerk-Check vor Ablauf der Garantiezeit beinhaltet, einer Verlängerung der Produktgarantie auf fünf Jahre für KW-Fahrwerke, wenn sie in einem Partnerbetrieb eingebaut wurden, oder einem 3D-Fahrwerkskonfigurator, den H&R dieses Frühjahr starten will.

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Kontaktadressen

apSportfahrwerkewww.ap.deBilsteinwww.bilstein.deEibachwww.eibach.comH&Rwww.h-r.deKW Automotive/ST suspensionswww.kwsuspensions.deVogtland Autosportwww.vogtland.com

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