Mit dem Slogan "Schluss mit dem Märchen" zieht die Werkstattkette ATU gegen das Kfz- Gewerbe ins Feld. Im Internet und aus der Branche gibt es Kritik an der teils rüden Werbedarstellung. Andreas Schmidt, Geschäftsführer Technik bei ATU, erklärt Inhalt und Aufmachung der Kampagne im Gespräch mit asp.
asp: Sie attackieren derzeit mit einer groß angelegten Werbekampagne "Schluss mit dem Märchen" wieder die Markenwerkstätten. Worin besteht die konkrete Aussage Ihrer Offerte?
A. Schmidt: Wir nehmen mit unserer Kampagne in erster Linie die leider immer noch kursierenden Falschaussagen bezüglich der Voraussetzung zur Herstellergarantie auf. Es wird teilweise weiterhin behauptet, dass zum Garantieerhalt die Vertragswerkstatt nötig sei. Das bekommen wir von unseren Kunden immer wieder gespiegelt. Auch nach einer Umfrage von BBE glaubt jeder zweite Neuwagenkäufer, dass er zur Inspektion in eine Vertragswerkstatt fahren muss, um seinen Garantieanspruch zu erhalten. Unser Stempel im Serviceheft ist genauso viel wert wie der einer Markenwerkstatt. Darüber klären wir in einer aufmerksamkeitsstarken Werbung auf.
asp: Sie sagen, Sie führen Inspektionen nach Herstellervorgaben durch. Damit bleibt der Garantieanspruch des Kunden gewahrt. Wie stellen Sie sicher, dass die Inspektion nach Herstellervorgabe für jedes Modell jeglicher Marke in Ihren 577 Filialen erbracht wird?
A. Schmidt: Wir arbeiten bei der Inspektion nach offiziellen Herstellervorgaben. Dafür nutzen wir geeignete Datenbasen und haben Zugriff auf jedes Herstellerportal, für den wir im Übrigen eine entsprechende Vergütung entrichten.
asp: Glauben Sie, dass Kunden dadurch den Eindruck gewinnen können, dass ATU an Fahrzeugen Garantieleistungen durchführen kann?
A. Schmidt: Nein. Unserer Erfahrung nach tritt dieser Eindruck bei den Kunden so gut wie nicht auf. Denn die zentrale Botschaft unserer Kampagne lautet: "Auch eine Inspektion bei ATU erhält die Herstellergarantie." Wir behaupten an keiner Stelle, auch Garantieleistungen durchzuführen. Im Gegenteil. Stellen wir offene Serviceaktionen oder auch Rückrufe fest, informieren wir unsere Kunden, sodass diese kostenfrei bei dem jeweiligen Hersteller die zumeist sicherheitsrelevanten Überprüfungen oder Maßnahmen durchführen lassen.
Eintrag in das Serviceheft
asp: Zum lückenlosen Nachweis der durchgeführten Inspektionen ist ein Eintrag in das Serviceheft erforderlich. Mehr und mehr Hersteller setzen inzwischen auf elektronische Servicehefte. Wie stellen Sie in jeder Ihrer Filialen sicher, dass der jeweilige ATU-Serviceberater weiß, wie das elektronisch einzutragen ist?
A. Schmidt: Die Eintragung erfolgt durch unser Fachpersonal vor Ort. Wir stellen den Filialen teilweise die Zugänge und stets auch die nötigen Informationen zu den elektronischen Serviceheften zur Verfügung. Bei manchen Fahrzeugmarken wird der elektronische Eintrag von unserer technischen Werkstattbetreuung übernommen, die auch bei sämtlichen Fragen Unterstützung bietet. Wichtig ist: Der Kunde hat die Gewissheit, dass sein Fahrzeug nach der Inspektion den "Servicestempel" bekommt - je nach Modell im Serviceheft oder auf elektronischem Weg.
asp: Sie bewerben die Inspektion nach Herstellervorgabe zum Preis "ab" 149,99 Euro. Kann der Kunde über das Internet erfahren, was ihn seine Inspektion nach Herstellervorgabe - Lohn und Teile - wirklich kostet?
A. Schmidt: Wir bieten z. B. die Inspektion mit 10W-40 Öl zum Komplettpreis für 149,99 Euro an. Darin ist Arbeitslohn sowie Öl, Ölfilter und Innenraumfilter bereits enthalten. Sind für das entsprechende Zeit- oder Kilometerintervall weiterführende Arbeiten notwendig, erhält der Kunde von uns dazu in der Filiale ein Angebot.
asp: Was versteht ATU unter gutem Kundenservice?
A. Schmidt: Einfach, schnell und bequem. Dazu gehören beispielsweise die Online-Terminvereinbarung, eine termingerechte Auftragsbearbeitung, ein effizienter Kassiervorgang und eine Fahrzeugübergabe ohne lange Wartezeiten. Unsere Kunden erwarten darüber hinaus Zuverlässigkeit, Qualität und ein attraktives Preis-Leistungs-Verhältnis. Wir freuen uns, dass aktuelle Auszeichnungen eine hohe Kundenzufriedenheit bei ATU belegen: Die Auto-Zeitung kürte uns zur "Top-Marke 2018" in der Rubrik der Werkstattketten. Zuvor wurden wir von "Focus" zum "Service-König" ernannt und von der "Welt" zum "Service-Champion".
Verlauf der Kampagne
asp: Ist die Werbekampagne beim Kunden erfolgreich? Wie zufrieden sind Sie mit dem Verlauf?
A. Schmidt: Unsere selbstbewusste Kampagne "Schluss mit den Märchen" verläuft sehr erfolgreich. Ob im TV, im Kino, auf Plakaten oder online: Wir erzielen eine extrem hohe Aufmerksamkeit. Die Botschaft, dass zum Erhalt der Herstellergarantie keine Vertragswerkstatt notwendig ist, kommt definitiv bei den Verbrauchern an. Auch wirtschaftlich spüren wir den Effekt der Kampagne deutlich. Insbesondere bei der Zahl der Inspektionen sehen wir seit Beginn der Märchen-Kampagne erfreuliche Steigerungsraten.
asp: Im Internet und aus der Kfz-Branche gibt es Kritik an der teils rüden Werbedarstellung. So zeigt das Rotkäppchen den Stinkefinger. Was entgegnen Sie?
A. Schmidt: Grundsätzlich gilt: Werbung muss zuspitzen und auffallen, sonst ist es keine gute Werbung. Natürlich ist auch diese Kampagne mit einem satirischen Vorzeichen und einem Augenzwinkern zu sehen. Unsere - bewusst offensive - Aufklärungskampagne "Schluss mit den Märchen" sollte mit dem Vorurteil aufräumen, dass zum Garantieerhalt die Vertragswerkstatt nötig ist. Und das gelingt uns außerordentlich gut!
Aufwärtstrend bei ATU
asp: ATU ist nach schwierigen Jahren wieder auf Kurs. Firmenchef Jörn Werner berichtete zuletzt von einem leichten Umsatzwachstum 2017. Wie zufrieden ist die französische Muttergesellschaft Mobivia mit der Entwicklung?
A. Schmidt: Wir sind mit der Zusammenarbeit sehr zufrieden, und ich glaube, dass gilt auch für Mobivia. Dies nicht zuletzt deshalb, weil wir im laufenden Geschäftsjahr bereits ein noch stärkeres Wachstum als im Vorjahr sehen. Wie erwartet hat Mobivia sich als Partner mit hoher Branchenexpertise gezeigt, der unsere Strategie voll unterstützt und unsere Entwicklung beflügelt.
asp: Wie will ATU den Aufwärtstrend festigen? Welche Maßnahmen sind geplant und in welchen Bereichen wollen Sie wachsen?
A. Schmidt: Mit Unterstützung unserer Gesellschafter ist der Weg frei für eine Fortsetzung unseres Wachstumskurses, zum Beispiel durch den Ausbau unseres Produktangebots im Shop oder durch die Weiterentwicklung unseres Dienstleistungsangebots. ATU muss und wird die Chancen der Digitalisierung stärker nutzen.
Einstieg von Michelin
asp: Unlängst sorgt der Einstieg von Michelin bei ATU für Schlagzeilen. Wie kann die Werkstattkette von dem Engagement des Reifenherstellers profitieren?
A. Schmidt: Mit dieser strategischen Partnerschaft können wir die Stärken von ATU und Mobivia mit denen eines globalen und sehr innovativen Industrieunternehmens kombinieren. Damit werden wir die Transformation von ATU beschleunigen und das ATU-Kundenerlebnis weiter verbessern.
asp: Werden ATU-Filialen künftig nur noch Michelin-Reifen verkaufen?
A. Schmidt: Nein. Wir werden immer ein Mehrmarkenhändler bleiben - ganz bestimmt auch bei Reifen. Unsere Kunden würden gar nichts anderes akzeptieren.
Interview: Ralf Padrtka
Kurzfassung
ATU bewirbt in einer aktuellen Werbekampagne Inspektionen nach Herstellervorgaben zum Preis "ab" 149,99 Euro. Damit wolle man mit dem Vorurteil aufräumen, dass zum Garantieerhalt die Vertragswerkstatt nötig sei, sagt Geschäftsführer Andreas Schmidt. Insbesondere bei der Zahl der Inspektionen gebe es bereits erfreuliche Steigerungsraten.
- Ausgabe 04/2018 Seite 56 (174.0 KB, PDF)