Unter den Mitgliedern des BVdP herrschte Einigkeit, dass es mit der Schadensteuerung so nicht weitergehen kann. Die Kritikpunkte betrafen vor allem die ausufernde Bürokratie, die Dauer der Reparaturfreigabe, komplizierte Prozesse, Rechnungskürzungen oder die Direktkundenregelung. Nach der Mitgliederversammlung am Vorabend, bei der auch der BVdP-Vorstand erneut bestätigt wurde, konfrontierten der Verband und seine Mitglieder die anwesenden FLIs bei der Netzwerkstatt mit ihren Forderungen nach neuen Lösungen in der Schadensteuerung und wurden am Ende mit entgegenkommenden Zusagen der FLI überrascht.
Neue Stellschrauben
Michael Pinto, Geschäftsführer des BVdP, sagte einleitend: "Der Reparaturmarkt und die Rahmenbedingungen für die Betriebe haben sich in den 28 Jahren, seit es Schadensteuerung gibt, verändert. Es gilt, verschiedene Stellschrauben vielleicht auch mal ganz herauszudrehen und durch neue zu ersetzen, die in die heutige Zeit passen und mit denen die Schadensteuerung allen Beteiligten Spaß macht und erfolgreich in die Zukunft geht." BVdP-Vorstand Reinhard Beyer ergänzte: "Die Herausforderungen für die Betriebe, etwa durch steigende Kosten oder Mobilitäts-Anforderungen, sind in den letzten Jahren deutlich gewachsen. Gleichzeitig gibt es in der Schadensteuerung nur sukzessive Anpassungen, aber das ist noch Stückwerk. Wir müssen lernen, fair miteinander umzugehen und gemeinsam Lösungen zu finden und umzusetzen." Eine vom BVdP im Vorfeld durchgeführte Online-Befragung der Mitglieder zeigte den größten Handlungsbedarf bei der Direktkundenregelung. Weitere Kritikpunkte betrafen die langsamen Rückmeldungen bei Nachfragen, zeitraubende KVA-Prüfungen, gestiegene Reparaturdauer, aufwendige Freigabeprozesse, langsame Zahlungsgeschwindigkeit und die Rechnungskürzungen.
Langwierige Prozesse
Das Unternehmer-Ehepaar Ilona und Roberto Zanini, Inhaber der Kind Fahrzeuglackierung GmbH, schilderten die Probleme in der Schadensteuerung aus ihrer Sicht. "Die Reparaturfreigabe dauert zu lange, der bürokratische Aufwand steigt, die Zahlungsmoral lässt zu Wünschen übrig. Wir treten in hohe Vorleistungen für Arbeitszeit, Material und Ersatzteile und warten gleichzeitig auf unser Geld. Der ganze Prozess bindet Ressourcen und verursacht hohe Standzeiten sowie Unzufriedenheit bei Personal und Kunden", so die Unternehmerin. Gerade vor dem Hintergrund des Arbeitskräftemangels sollten aus Sicht von Michael Pinto die Prozesse so schlank und einfach wie möglich gehalten werden, denn die bisherigen belasten auch die Mitarbeiter. So kostet zum Beispiel die Nutzung unterschiedlicher Plattformen der FLI über viele verschiedene Schnittstellen in den Betrieben Personal und Zeit. Eine Lösung ist aus Sicht von Dimitra Theocharidou-Sohns vom Schadensteuerer SPN jedoch nicht in Sicht: "Alle DMS anzubinden, ist nicht realistisch, dazu sind es zu viele."
Fachgerecht oder billig?
SPN war zuletzt Opfer eines Cyberangriffs, der verschiedene Systeme lahmlegte. Das Gute daran: Es hat sich gezeigt, dass es auch ohne aufwendige Prozesse geht. "Wir werden das weiterverfolgen. In den neuen Prozessen, die wir jetzt aufstellen, sprechen wir definitiv von Zahlungszusagen bei Auftragsvergabe", verkündet Dimitra Theocharidou-Sohns und erntet dafür Applaus. Schließlich waren die Prüfung des Kostenvoranschlags und Rechnungskürzungen eines der bestimmenden Themen. So meinte Peter Vogel: "Die ständigen Diskussionen über Arbeitswerte oder Kleinteile sind unverständlich. In den Verträgen mit den FLI ist eindeutig von sach- und fachgerechter Reparatur nach Herstellervorgabe die Rede. Dass trotzdem Positionen bei der Prüfung abgezogen werden, ist nicht zielführend. Wir brauchen eine gemeinsame Lösung und dürfen uns nicht an Kleinigkeiten aufreiben."
Direktkundenregelung überdacht
Ein weiterer Kritikpunkt war die Direktkundenregelung. Roberto Zanini hatte einen klaren Standpunkt: "Jeder gesteuerte Schaden sollte so wie mit den Schadensteuerern vereinbart abgerechnet werden. Aber der Direktkunde sollte so abgerechnet werden, wie wir die Stundenverrechnungsätze errechnet haben. Das ist unser Kunde und wir wickeln den ab." Mark Alagna von der Innovation Group konnte hierzu gleich Positives vermelden: "Wir werden die Direktkundenregelung, wie sie heute existiert, in Zukunft nicht mehr so weiterführen. Ich kann Ihnen versichern, dass dieses Jahr eine neue Regelung kommt, die auch die Forderungen der Werkstatt berücksichtigen wird." Und auch Dimitra Theocharidou-Sohns von SPN konnte in diese Richtung Zusagen machen: "Das Direktkundengeschäft ist nicht das der Schadensteuerer. Wir können Fremdeigentum nicht zu unserem machen und dieses rabattieren. Wir werden das Direktkundengeschäft der Partner nicht anfassen."
Abschließend konnte Frau Dr. Cornelia Grimm von der Allianz noch eine erfreuliche Botschaft verkünden. Nachdem man in der Schadensteuerung zur Innovation Group gewechselt hat, gibt es ein klares Commitment seitens der Allianz: "Es ist uns wichtig, ein partnerschaftliches Verhältnis zu pflegen und unseren Kunden Schnelligkeit und gute Qualität zur Verfügung zu stellen. Deshalb sind wir auch von der ,harten' Kostensteuerung abgewichen und haben mit EasyRepair einen Vertrauensvorschuss gegeben. Dabei gilt jede Vermittlung als Zahlungszusage. Das bedeutet für uns einiges an Veränderungen, aber uns ist es wichtig, schnelle Reparaturen zu realisieren. Wir könnten uns auch vorstellen, unter bestimmten Voraussetzungen auf die KVA-Prüfung zu verzichten." Nach diesem positiven Verlauf der Netzwerkstatt wurde abschließend noch der Schadensteuerer des Jahres präsentiert. Erstmals konnte sich die LVM an die Spitze setzen, gefolgt von der DEVK und dem Vorjahressieger Arval.
- Ausgabe 5/2024 Seite 048 (464.0 KB, PDF)