Serie/ Teil 3
Völlig falsch! Kunden wollen gute Leistungen zu einem möglichst günstigen Preis – ein kleiner, aber feiner Unterschied. Eine Kfz-Werkstatt sollte daher vermeiden, mit dem Argument „billig“ zu werben.
Ein Glas Bier für acht, eine Portion Schweinebraten mit Knödeln für unter zehn Euro. Jeder, der ab und zu auswärts isst oder ein Bierchen zischt, kann recht schnell beurteilen, ob diese Preise eher günstig oder teuer sind. Sie lassen sogar Rückschlüsse auf die Art des gastronomischen Etablissements zu. In einer Eckkneipe kostet das Glas Bier bestimmt nicht acht Euro, und den Schweinebraten für unter zehn Euro gibt es eher in einem einfacheren Gasthaus als in einem Feinschmeckerlokal. Aus diesem Beispiel lassen sich drei Erkenntnisse gewinnen:
Bei bestimmten Produkten oder Angeboten hat jeder ein Gefühl dafür, ob der jeweilige Preis gut oder schlecht ist.
Die Höhe des Preises lässt Rückschlüsse auf die Art des Anbieters und die Qualität des Produkts zu.
Misstrauisch bis übellaunig wird der Konsument, wenn der Preis und die dafür erwartete Leistung nicht zusammenpassen.
Eine Werkstatt sollte bei der Festlegung ihrer Preise daher auch darauf achten, dass sie die richtigen Signale an ihre Kunden sendet. „Billig“ ist das falsche Signal. Immerhin geht es nicht um eine Mahlzeit, sondern um das hoch emotionale Thema Auto und auch um Verkehrssicherheit.
Niedriger Preis – zufriedene Kunden?
Dass sich die Qualität von Werkstattleistungen kaum beurteilen und vergleichen lässt, macht die Preisfestlegung nicht einfacher. Dennoch lässt sich aus dem Bier- und Schweinebraten-Beispiel einiges für die Preisgestaltung einer Werkstatt ableiten: Von einer kleineren Werkstatt werden niedrigere Preise erwartet als von einem Markenbetrieb mit Glaspalast und Wartelounge, in der Cappuccino und Gebäck serviert werden. Diese Erwartung an das Preisniveau sollte und kann ein klassischer mittelständischer Werkstattbetrieb auch erfüllen, weil er in der Regel günstigere Kostenstrukturen hat als der Wettbewerb unter dem Markendach. Den Kunden ist außerdem klar, dass sie für vermeintlich kostenlose Zusatzdienstleistungen wie etwa einen Hol- und Bringservice, ein Ersatzfahrzeug oder eine Wagenreinigung über höhere Stundenverrechnungssätze und Ersatzteilpreise indirekt doch zur Kasse gebeten werden. Bei einer kleineren Werkstatt, die mit günstigen und fairen Preisen wirbt, dürfte es für die Kunden daher nachvollziehbar sein, dass Extra-Leistungen auch extra berechnet werden.
Interessant ist auch ein Blick auf die Gründe, warum Kunden die Werkstatt wechseln. „Der Hauptgrund ist, dass sie sich von ihrer Werkstatt und den Mitarbeitern dort nicht so beachtet fühlen, wie sie es gerne hätten“, berichtet Roger Seidl, Betriebsberater beim Hessischen Landesverband des Kfz-Gewerbes. Den zweiten Grund bilden nicht sachgemäß durchgeführte Reparaturen. Auf Rang drei der Wechselgründe kommen Beanstandungen, die aus Sicht der Kunden nicht angemessen geregelt wurden. „Und erst dann kommt das Thema Preise“, unterstreicht Seidl. Er hat bei seinen Beratungen die Erfahrung gemacht, dass eine Erhöhung des Stundensatzes von fünf Euro für keine einzige Werkstatt zu einem Umsatzeinbruch führte. „Der Stundensatz ist für die meisten Kunden irrelevant“, weiß Seidl. „Wichtig ist, dass sie mit der persönlichen Betreuung und dem Preis-Leistungs-Verhältnis zufrieden sind.“ Die allermeisten Werkstattkunden können letztlich kaum beurteilen, ob eine Werkstattrechnung in Höhe von 950 Euro für den Austausch der Lichtmaschine fair ist oder nicht. Dank der aggressiven Preiswerbung der Werkstattketten wissen sie allerdings, dass sie einen Ölwechsel inklusive einem Liter Nachfüllöl für unter 40 Euro bekommen können. Auch bei Klimawartung, Reifenwechsel und Licht-Checks haben sich Schlüsselpreise etabliert, die kostenbewusste Kunden durchaus im Hinterkopf haben. Diese Schlüsselpreise sollte eine Werkstatt nicht überschreiten, wenn sie Wert auf einen Ruf als günstiger Anbieter legt. „Werden besonders günstige Aktionspreise kalkuliert, muss der Inhaber aber darauf achten, das dadurch entstandene Minus an anderer Stelle wieder hereinzuholen“, mahnt Seidl.
Wer allzu aggressiv und ausschließlich mit günstigen Preisen wirbt, spricht damit vor allem besonders preissensible Kunden an. Und die sind in der Regel schnell wieder weg, wenn der Mitbewerb noch günstiger ist. Mit „Billig“ lässt sich vielleicht im Lebensmittelhandel punkten – beim Werkstattmarketing zählt es zu den schwächsten und zugleich den gefährlichsten Werbeargumenten, wie Roger Seidl betont: „Ein zu niedriger Stundenverrechnungssatz kann recht schnell die Existenz kosten.“ Eva Elisabeth Ernst
Wissenswertes über Preise
Eine Prise Preis-Psychologie
So vermitteln Sie und Ihre Mitarbeiter den Kunden im direkten Kontakt, dass sie bei Ihnen gute Leistungen zum fairen Preis erhalten:
Achten Sie bei allen Gesprächen auf die Einstellungen des Kunden: Sparsame wollen anders angesprochen werden als Experten oder Autoliebhaber, Lösungsorientierte oder Technik-Ignoranten. Nicht jeder will zum Beispiel detailliert wissen, was zu tun ist. Manche wollen einfach, dass ihr Auto schnellstmöglich wieder fährt. Diese Kunden sind in der Regel auch offen für Vorschläge zu vorbeugenden Wartungsarbeiten. Besonders preissensible Kunden erkennt man daran, dass sie sich im Gespräch gleich mehrmals nach Kosten oder dem Preis erkundigen. Hier lohnt es sich, zu betonen, dass nichts Überflüssiges gemacht wird und dass Stundensatz und Teile in der Werkstatt besonders niedrig sind.
Stellen Sie sicher, dass Ihre Kostenschätzungen bei der Annahme möglichst korrekt sind. Falls Sie den Reparatur- und Ersatzteilbedarf nicht genau genug bestimmen können, ist es besser, einen Kostenvoranschlag anzubieten, als einen vorläufigen Preis zu nennen, der nicht gehalten werden kann.
Anstatt „das kostet rund 100 Euro“ zu sagen, sind die Redewendungen „für 100 Euro bekommen Sie“ oder „das reparieren wir für 100 Euro“ besser. Sie vermitteln dem Kunden das angenehme Gefühl, etwas zu erhalten und nicht nur Geld auf den Tisch legen zu müssen.
Um die Kostenvoranschläge und Rechnungen souverän erklären zu können, sollten Sie Ihre Kalkulationsgrundlagen fast schon im Schlaf beherrschen und die wichtigsten Teilekosten plus Aufschlag im Kopf haben.
Bieten Sie vorbeugende Wartungsarbeiten stets mit dem Hinweis auf die Ersparnis von Zeit und (höheren) späteren Kosten an.
Kommen Sie um Reparaturerweiterungen nicht herum, sollten Sie dem Kunden deren Notwendigkeit klar und so deutlich wie gewünscht erläutern.
Legen Sie Wert darauf, dass jedem Kunden die Rechnung erklärt wird – und zwar wiederum so genau, wie es dem Interesse des Kunden entspricht. Dabei ist es wichtig, immer wieder den Nutzen der Werkstattarbeit zu erklären: „Mit Ihrem Auto ist jetzt wieder alles in Ordnung“, „Jetzt müssen Sie sich um Ihren Auspuff/Ihre Reifen/Ihre Lichtmaschine keine Sorgen mehr zu machen“.
Weisen Sie Ihre Kunden auch konsequent auf besonders günstige Angebote Ihrer Werkstatt hin. Das kann der Winter-Check zum Aktionspreis sein oder Sonderangebote für Reifen, Dachboxen und sonstiges Zubehör. Ein, zwei Sätze können viel bringen – und mit etwas Übung fällt dieses aktive Verkaufen auch gar nicht mehr schwer.
Betonen Sie in Kundengesprächen stets, dass Ihr Preis-Leistungs-Verhältnis besonders gut ist. In der Werbung sind direkte Preisvergleiche problematisch. Aber im Gespräch mit Ihren Kunden können Sie an geeigneter Stelle durchaus einfließen lassen, wie viel der Mitbewerb für diese Reparatur in etwa verlangen würde.
Halten Sie Ihre Versprechen gegenüber Ihren Kunden soweit wie nur möglich ein: Nicht nur, was den Preis betrifft, sondern auch bei den Terminen. Das vermittelt Zuverlässigkeit.
- Ausgabe 3/2011 Seite 68 (150.5 KB, PDF)