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Interview Frank Scherer: Ein perfektes Match

29.04.2022 11:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
Frank Scherer
Frank Scherer, Geschäftsführer Nussbaum Automotive Lifts GmbH, will im Verbund mit der Stertil Gruppe den Fokus auf Premium-Automotive-Hebetechnik legen.
© Foto: Stertil

Mitte Februar übernahm die Stertil Group B.V. die Unternehmen Nussbaum Custom Lifts GmbH und Nussbaum World Lifts GmbH. Wir sprachen mit dem neuen Nussbaum-Geschäftsführer Frank Scherer über die Zukunft des Unternehmens.

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Kurzfassung

Frank Scherer, Geschäftsführer Nussbaum Automotive Lifts GmbH, sieht in der Übernahme durch die niederländische Stertil-Gruppe eine große Chance. Denn die Ausrichtung auf die Zukunft erfordert hohe Investitionen.

Mit Frank Scherer (51) leitet seit Februar 2022 ein langjähriger Begleiter des Unternehmens die Geschicke bei Nussbaum. Auf die Insolvenz im letzten Jahr folgte jetzt die Übernahme durch die niederländische Stertil Group. Die Gruppe umfasst die Marken Stertil Koni, Spezialist für Heavy-Duty- Hebebühnen, Stertil Dock Products, Spezialist für Verladetechnik und Stokvis Service, die marktführende Serviceorganisation in den Niederlanden. Nussbaum wird eine 100-prozentige Tochter der Gruppe und steuert in Zukunft als Nussbaum Automotive Lifts GmbH die Hebetechnik für Pkw, SUV und Transporter bei. Die Familie Nussbaum ist mit der Übernahme auch aus dem operativen Betrieb ausgeschieden.

asp: Herr Scherer, wie konnte das Traditionsunternehmen Nussbaum in ein Insolvenzverfahren geraten?

Frank Scherer: Das größte Problem in der Vergangenheit war aus meiner Sicht der fehlende Fokus im Unternehmen. Man muss aber auch sehen, dass der Kernbereich Hebetechnik immer profitabel war. Trotzdem war das Bankenkonsortium dahinter irgendwann nicht mehr zu einer Refinanzierung bereit. Das und die Unsicherheit der Banken mit Beginn der Corona-Pandemie führten trotz profitabler Geschäfte in die Insolvenz.

asp: Mit Stertil hat Nussbaum jetzt einen neuen Besitzer. Wie kamen die Unternehmen zusammen?

F. Scherer: Es zeigte sich in den ersten Monaten meiner Arbeit, dass es einen großen Investitionsstau im Unternehmen gab. Diese Investitionen waren aus eigner Kraft nicht zu stemmen. Es wurde klar, dass wir einen strategischen Investor brauchten. Banken oder private Investoren kamen nicht infrage. Nicht der Ertrag, sondern die Sicherheit für das Unternehmen und die Kunden stand im Vordergrund. Intern hat sich Stertil schnell als Wunschkandidat herauskristallisiert. Die Übernahme war rein wachstumsgetrieben und keine reine Synergieakquisition mit Personalabbau oder anderen Einsparungen. Das zeigt auch die Erhöhung der Eigenkapitalquote auf 43 Prozent. Die Stertil-Gruppe möchte sich mit den segmentspezifischen, spezialisierten Marken weltweit als Qualitätsanbieter positionieren und strebt die Marktführerschaft im Bereich der Fahrzeughebetechnik an.

asp: Wie agiert Nussbaum in Zukunft?

F. Scherer: Nussbaum wird innerhalb der Stertil-Gruppe autark geführt, als eigenständige Marke agieren und sich weiterhin auf die Kernkompetenz Automotive-Hebetechnik konzentrieren. In einem Dreiphasenmodell werde ich bis Mitte 2022 zunächst das Unternehmen stabilisieren, insbesondere die Kundenbeziehungen. Bis Ende des Jahres erfolgt die Optimierung im Kundennetzwerk und Produktportfolio und ab 2023 beginnt die Wachstumsphase. Die Ziele für die starken Marken Stertil Koni und Nussbaum ergänzen sich perfekt. Beide Unternehmen treten mit einer in ihrem Segment kompletten Produktpalette am Markt auf und differenzieren sich durch Produkte mit Mehrwert für den Kunden. Nussbaum wird mit dem neuen Fokus auf Automotive-Hebebühnen weiterhin weltweit vertreiben und mit seinen bisherigen Handelspartnern zusammenarbeiten. Eine Vermischung der Vertriebszweige beider Firmen ist nicht geplant.

asp: Spüren Sie derzeit Versorgungs- und Transportengpässe?

F. Scherer: Da Stertil seit Jahrzehnten ein kerngesundes Unternehmen ist und beste Lieferantenbeziehungen pflegt, profitieren wir davon natürlich. Beide Unternehmen kaufen fast ausschließlich in Europa, somit tangieren uns Liefer- und Transportprobleme aus dem asiatischen Markt kaum. Als Verbund sind wir deutlich stärker.

asp: Wodurch ist der geplante Ausbau der Produktionsstätten getrieben?

F. Scherer: Das Projekt wird von beiden Seiten, Stertil und Nussbaum, angetrieben. Unser gemeinsames Ziel lautet: Wir wollen einen Marktführer bauen. Dazu müssen wir führend sein bei Qualität und Herstellungskosten im europäischen Vergleich, und wir möchten unseren Umsatz in den nächsten kommenden Jahren auf das frühere Niveau heben. Dazu müssen wir auch die Kapazitäten steigern. Die notwendigen Investitionen sind so auch im Businessplan verankert und werden von Stertil mitgetragen. Der Fokus auf Premium-Automotive-Hebetechnik setzt eine stabile und moderne Produktion voraus, an unserem Standort in Kehl haben wir dafür die perfekten Voraussetzungen und daher werden die geplanten Investitionen auch an dem bisherigen Standort erfolgen.

asp: Gibt es weitere Synergieeffekte?

F. Scherer: Beide Unternehmen agieren weiterhin selbstständig, auch die Vertriebsorganisationen werden nicht aufgeweicht. Wir bauen aber die Kontakte unter den Kollegen aus, sei es im Engineering-Bereich, sei es bei den Patenten, wir vergleichen technische Lösungen und nutzen die großen Erfahrungen von Stertil im Bereich der Produktionsautomation. Auch in den Bereichen Finanzen und Controlling wird verglichen und in Projekten und Workshops nach der optimalen Lösung für beide Unternehmen gesucht.

asp: Inwiefern werden die Kunden Konsequenzen des Zusammenschlusses spüren?

F. Scherer: Zunächst bedeutet das für die Kunden Investitionssicherheit. Die vielen im Markt befindlichen Nussbaum-Hebebühnen werden weiter serviciert und mit Ersatzteilen versorgt. Die Kunden können außerdem darauf vertrauen, auch in Zukunft bewährte Produkte in hoher Qualität beziehen zu können. Zum Dritten haben wir den Anspruch auf Technologieführerschaft. Wir wollen in Zukunft mit neuen, zukunftsfähigen Innovationen, die unseren Kunden einen Mehrwert bieten, am Markt auftreten.

asp: Wer ist künftig für Neuentwicklungen zuständig?

F. Scherer: Neuentwicklungen werden innerhalb der Marken durchgeführt, also bei Stertil für den Lkw- und Ladebereich, für den Pkw- und Transporterbereich werden die Entwicklungen bei Nussbaum liegen.

asp: Wo sehen Sie in Zukunft einen Ansatz für Neuentwicklungen?

F. Scherer: In der Vergangenheit gab es viele Neuerungen, die aber nicht immer den Kundennutzen im Fokus hatten. Für mich stehen Innovationen im Vordergrund, die den Kunden im Reparaturprozess unterstützen, seien es neue Aufnahmen, neue Adapter und Ähnliches. Unser Ziel ist es, dem Kunden die zuverlässigste Hebebühne mit größtmöglicher Zukunftsund Investitionssicherheit zu bieten. Wir wollen sicherstellen, dass, sobald es neue Anforderungen gibt, der Kunde seine Bühne umrüsten kann und nicht gleich eine komplette Neuinvestition tätigen muss.

asp: Worauf ist der Fokus in den nächsten Jahren gerichtet?

F. Scherer: Perspektivisch wollen wir der führende Premiumanbieter für Automotive-Hebetechnik werden, daran arbeiten wir mit unseren Kunden und Lieferanten gemeinsam. Wir wollen ein vollumfängliches Premium-Produktportfolio bereitstellen, mit höchsten Qualitätsansprüchen, höchster Verfügbarkeit und höchster Investitionssicherheit. Parallel dazu brauchen wir einen Premium-Service in puncto Erreichbarkeit, Unterstützung der Kunden in Vertrieb und Technik und im Aftersales-Bereich. Das beinhaltet Dokumentation, Ersatzteile, Schulungen und Online-Services. Wir wollen Schritt für Schritt wieder der vertrauensvollste Partner sein, das passt auch in das Konzept der Stertil-Gruppe, nicht den schnellen Euro zu machen, sondern gemeinsam mit den Kunden zu wachsen.

Interview: Dieter Väthröder

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