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Junge Gründer Teil 4: Plötzlich selbstständig

22.11.2018 11:00 Uhr
Junge Gründer Teil 4: Plötzlich selbstständig

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Auf dem Weg zur Werkstatt von GK Fahrzeugtechnik in Hohenbrunn fällt auf: allein in der näheren Umgebung befinden sich mindestens vier weitere Kfz-Betriebe. Ob das ein Problem für die kleine freie Werkstatt von Nikolas Grandl und Volkmar Kempf darstellt, die ihren Betrieb erst Ende 2016 eröffnet haben? Aber schon am Eingang wird klar: von mangelnden Aufträgen kann hier keine Rede sein. Alle Parkplätze vor dem Gebäude sind belegt und auch innen ist einiges los. Zur Begrüßung kommt Werkstatthund Aric schwanzwedelnd angelaufen. "Schon der Vorbesitzer hatte einen Hund, die Kunden kennen das also", erklärt Volkmar Kempf. "Das Verhältnis zu den Kunden ist hier sowieso eher auf einer freundschaftlichen Basis. Sie schätzen es, dass sie direkt mit uns reden können und nicht nur mit einer Servicekraft am Counter", weiß der 33-Jährige. Den Kundenstamm haben die beiden vom Vorbesitzer übernommen. "Und 95 Prozent davon betreuen wir auch weiter", so Nikolas Grandl. Das war ein wichtiger Punkt bei der Übernahme, dass die Werkstatt in die "richtigen Hände" kommt und die Kunden weiter gut betreut werden. "Der Vorbesitzer wollte den Betrieb schon zwei Jahre lang abgeben, hat aber nicht die richtigen Nachfolger gefunden", erzählt Nikolas Grandl. Über das Portal Quoka wurden schließlich auch die beiden Freunde auf die Werkstatt aufmerksam. "Wir haben angerufen, sind vorbeigefahren, haben uns auf einen Preis geeinigt und die Werkstatt übernommen", fasst der 26-Jährige den Prozess zusammen.

Und tatsächlich ging alles sehr schnell. Vielleicht auch etwas zu schnell, wie sich später herausstellen sollte. Innerhalb von zwei Monaten war die Übernahme unter Dach und Fach. Selbstverständlich haben die beiden gelernten Kfz-Mechatroniker, die auf einige Jahre Berufserfahrung zurückblicken sowie seit vielen Jahren gemeinsam privat schrauben, den Betrieb vorher genau unter die Lupe genommen. Bei mehrmaligen Treffen mit dem Vorbesitzer halfen sie auch in der Werkstatt mit, um das Tagesgeschäft und die Kunden kennenzulernen. Bezüglich des Preises für den Großteil des Inventars und den Kundenstamm wurde man sich dann schnell einig. "Wir hatten beide eine Vorstellung und haben uns in der Mitte getroffen", so Volkmar Kempf. Dank eines privaten Kredits aus der Familie stellte auch die Finanzierung kein Problem dar.

Ohne Meister keine Werkstatt

Nach den Renovierungsarbeiten hätte es dann im Dezember 2016 eigentlich losgehen können. Doch wo lag das Problem? "Wir sind eher zwei, die einfach mal machen und im Nachhinein merken, was man hätte anders machen können", gibt Nikolas Grandl lachend zu. So hatten sie sich - in der Hektik der Gründung und Übernahme - nicht um die Eintragung in die Handwerksrolle gekümmert. "Von der Handwerkskammer kam dann nur: Ohne Meister keine Werkstatt. Wir hatten aber beide keinen Meister vorzuweisen", beschreibt Nikolas Grandl die große Hürde bei der Gründung. Und das obwohl sich der 26-Jährige schon drei Jahre zuvor zur Meisterausbildung angemeldet hatte: "Ich hätte es ja früher gemacht, aber ich habe keinen Platz bekommen. Also sind wir davon ausgegangen, dass wir eine Ausnahmegenehmigung bekommen, da ich ja schon angemeldet war. Aber die Handwerkskammer hat nicht mit sich reden lassen", erzählen die beiden Jung-Unternehmer ( siehe Kasten zur "Meisterpflicht" auf Seite 50). So mussten sie dann übergangsweise einen Kfz-Meister einstellen, was die finanzielle Situation in der Startphase des Betriebs nicht gerade vereinfacht hat.

Aber als Nikolas Grandl dann Ende August 2017 seinen Meisterlehrgang begann, erhielten die beiden eine befristete Ausnahmebewilligung für die Dauer der Ausbildung. Seit einem halben Jahr hat er den Meisterbrief jetzt in der Tasche. Manche Inhalte der Meisterausbildung seien schon sinnvoll gewesen, andere hingegen weniger. In der Zeit wäre er lieber in der Werkstatt gewesen und hätte seinem Kollegen unter die Arme gegriffen. Denn zu tun gab es genug. "Wir haben innerhalb von knapp zwei Jahren unseren Kundenstamm verdoppelt", sagt Volkmar Kempf, der sich aber auch an die schwierige Anfangszeit erinnert. "Man darf das nicht unterschätzen. Wenn man sich selbstständig macht, hat man kein festes Gehalt, muss sich selbst um die Krankenkasse kümmern. Und man weiß ja vorher nicht, wie es läuft. Die ersten zwei Wochen hab ich kaum geschlafen", gibt er zu. Aber dennoch: "Ich würde es wieder machen", ist er sich sicher. "Hier komme ich gern in die Arbeit, das ist Entspannung für mich." Das Angestelltendasein sei hingegen nicht das Richtige für ihn gewesen, sich Anweisungen geben zu lassen. Jetzt könne er ja selber Anweisungen geben, sagt er lachend. Und sein Kollege fügt hinzu: "Als Angestellter hat man immer jemanden über sich, der einem sagt, was zu tun ist. Hier können wir selbst entscheiden, was wir machen und vor allem, wie wir es machen. Denn nicht immer ist der vorgegebene Weg der sinnvollste."

Neue Halle mit 180 Quadratmeter

Dass die beiden auf dem richtigen Weg sind mit dem, was sie tun und wie sie es tun, zeigt die Auslastung der Werkstatt: rund 20 Werkstattdurchgänge pro Woche sind drin. An manchen Tagen mache jeder allein drei bis vier Fahrzeuge, vom Reifenwechsel über klassische Inspektionsarbeiten bis zu Unfallreparaturen sei alles dabei. Nur Spengler- und Lackarbeiten geben die beiden raus.

"Dabei reparieren wir aufgrund unserer Berufserfahrung am liebsten deutsche Fahrzeuge, VW, Audi, BMW. Aber genauso Franzosen, Italiener oder Amerikaner, eigentlich alles", sagt Nikolas Grandl und zeigt hinter sich auf den Chevrolet Impala von 1971.

Ein weiteres Geschäftsfeld von GK Fahrzeugtechnik sind Fahrzeugoptimierungen wie Umbauten oder Chiptuning. Den Bereich wollen die Jung-Unternehmer weiter ausbauen. "Das macht einfach großen Spaß, da man eigene Vorstellungen einbringen und sich ausleben kann", so Nikolas Grandl. Bei den klassischen Arbeiten bekommen die beiden demnächst Unterstützung, ein Geselle soll angestellt werden. Denn es läuft so gut, dass der Betrieb vergrößert wird: Eine neue Halle direkt in der Nachbarschaft befindet sich gerade im Bau. Auf 180 Quadratmetern entstehen hier zwei Arbeitsplätze mit zwei neuen Hebebühnen, Scheinwerfereinstellprüfplatz und Bremsprüfstand. Bislang müssen die Fahrzeuge noch zum TÜV nach Ottobrunn gebracht werden. Das kostet unnötig Zeit. Ab Ende November kommt der TÜV dann direkt ins Haus bzw. in die neue Halle. Dort werden zudem ein Büro sowie ein Wartebereich für die Kunden eingerichtet.

Werkstatt-Stammtisch

Um sich auf dem Laufenden zu halten, besuchen die beiden regelmäßig Schulungen von Stahlgruber. Auch der wöchentliche Stammtisch mit vier bis fünf weiteren Inhabern freier Werkstätten sei sehr hilfreich. "Jeder hat immer irgendeine neue Info, die er dann teilt. So erfährt man sehr viel Neues und hilft sich gegenseitig", berichtet Volkmar Kempf. Und genauso verhält es sich im Übrigen auch mit der eingangs erwähnten Konkurrenz in der näheren Umgebung. Nikolas Grandl: "Einige haben ein anderes Geschäftsfeld als wir, mit anderen haben wir ein kollegiales Verhältnis. Da helfen wir uns und leihen uns zum Beispiel gegenseitig Werkzeug."

Video-Tipp von Nikolas Grandl online unter autoservicepraxis.de/V1

Kurzfassung

In der Serie "Junge Gründer" stellen wir junge Werkstattinhaber vor. Diesmal: Volkmar Kempf und Nikolas Grandl aus Hohenbrunn. Die größte Hürde bei der Werkstattgründung stellte der zunächst fehlende Meisterbrief dar.

Mein Tipp für Jung-Unternehmer

Informieren, informieren, informieren"Man sollte sich vorab genug informieren und bei den richtigen Stellen beraten lassen, das ist mein Tipp für alle, die eine Werkstatt gründen wollen. Und man sollte auch den Arbeitsaufwand und die Kosten für eine Werkstattgründung gut abwägen und vor allem nicht unterschätzen."Nikolas Grandl, Gesellschafter GKFahrzeugtechnikGbR in Hohenbrunn südöstlich von München

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