Bei verkratzten, verwitterten oder ausgeblichenen Lacken schmilzt das Kundeninteresse spürbar. Die Lackaufbereitung spielt deshalb im Fahrzeugverkauf eine große Rolle, doch es ist nicht alles Gold was glänzt. Umtriebige Händler lassen für wenig Geld bei dubiosen Aufbereitern den schnellen Glanz auf den Lack zaubern, mit silikonhaltigen Mitteln, deren Wirkung mit dem ersten Regen sprichwörtlich verblasst. Verärgerte Kunden sind so vorprogrammiert.
Ohne Frage muss eine Lackpolitur in Zeitaufwand und Materialverbrauch wirtschaftlich sein, egal, ob bei einer Lackreparatur im Lackierbetrieb oder bei der Fahrzeugaufbereitung. Wer jedoch Wert auf langfristige Kundenbindung legt, sollte lieber in hochwertige Produktsysteme investieren, die lange nachhalten, sparsam im Verbrauch und schnell zu verarbeiten sind.
Gute Vorbereitung spart Ärger
Eine hochwertige Lackaufbereitung beginnt mit der richtigen Vorbereitung. Zunächst gilt es den Lackzustand sowie die Lackdefekte zu identifizieren, um die weitere Vorgehensweise festzulegen. Ist der Lack stark verwittert, matt und hat tiefe Kratzer, ist er nur leicht verkratzt oder hat er Verätzungen durch Vogelkot, wurde er bereits poliert und braucht eine Auffrischung oder geht es ums perfekte Finish?
Die Beurteilung des Lackzustandes ist nicht nur entscheidend für die Auswahl der Poliermaschine, des richtigen Pads oder der Schleifpaste, die je nachdem mehr oder weniger Material abtragen. Vielmehr gilt es festzustellen, ob noch genügend Substanz für einen entsprechenden Lackabtrag vorhanden ist, ohne Gefahr zu laufen auf das Blech durchzupolieren. Aktuelle Wasserbasislacke sind im Vergleich zu früheren Acryllacken dünner und nur noch zwischen 80 und 120 µ stark, können also nicht beliebig oft poliert werden. Holger Knauth von "Knauth carfinish" ist Aufbereitungsexperte und Trainer in den Ausbildungsgängen zum Fahrzeugaufbereiter am Förderungs- und Berufsbildungszentrum Garbsen: "Auf jeden Fall sollte vor der maschinellen Politur die Dicke der Lackschicht mit einem Schichtstärkenmesser überprüft werden, an mehreren Stellen rund um das Auto. Das ist in wenigen Minuten passiert und kann Schadensersatzansprüche vermeiden. In grenzwertigen Fällen sollte man den Kunden auf das Risiko hinweisen und, falls er trotzdem darauf besteht, sich schriftlich auf dem Auftrag, besser noch über eine entsprechende Klausel in den AGB, absichern." Schichtstärkenmesser arbeiten standardmäßig auf Stahl- und Aluuntergründen, es gibt aber auch Geräte, die auf Kunststoff messen können. Wichtig für eine Beurteilung der Lackstärke ist außerdem die Programmierung der Geräte bezüglich der Messpunkte, sprich: misst das Gerät am höchsten oder tiefsten Punkt der Lackschicht.
Aggressive Rotation
Sind diese Punkte geklärt, empfiehlt Holger Knauth einen weiteren Vorbereitungsschritt, der eine professionelle Lackaufbereitung ausmacht: "Alle an Lackflächen angrenzenden Gummi- oder Kunststoffteile, aber auch der Übergang zu Textilverdecken am Cabrio, müssen vor der Politur abgeklebt werden. Zum einen entsteht an den Rändern der Polierteller die größte Wärme, sodass Gummi oder Kunststoff beschädigt werden können. Außerdem spart man sich so die mühsame Beseitigung von Politurresten auf diesen Teilen." Bei der Wahl der Poliermaschine kommt es auf den Lackzustand, den Einsatzzweck und die gewünschte Abtragsleistung an. Rotationsmaschinen gehen relativ aggressiv zu Werke und eignen sich etwa für die Beseitigung tiefer Kratzer, stark verwitterter Lackschichten oder im Lackiererbereich zur Entfernung von Staubeinschlüssen, Lackläufern oder Orangenhaut. "Allerdings entstehen bei nicht fachgerechter Anwendung sehr schnell Hologramme. Vor allem sehr dunkle Lacke sind mit einer Rotationsmaschine schwierig zu bearbeiten", so Holger Knauth. Hier sind Exzentermaschinen besser geeignet, neben den zwangsgesteuerten eignen sich besonders die freilaufenden Exzenter für die Beseitigung von Hologrammen auf dunklen Lacken. Nachteil der Exzentermaschinen: Sie bewirken kaum Lackabtrag, sind also eher im Lackfinish einsetzbar.
Für jede Politur ein Schwamm
Holger Knauth weist außerdem noch auf unterschiedliche Qualitäten bei den Polierpads hin, die großen Einfluss auf das Ergebnis haben: "Hochwertige Schaumstoffpads sind retikuliert, haben also eine offenporige Zellstruktur. Sie können das Poliermittel besser und tiefer aufnehmen und bieten einen längeren Verarbeitungszeitraum. Außerdem leiten sie die Wärme besser ab." Billige Pads erkennt man in der Regel an einem weißlichen Oberflächenschimmer. Außerdem sollte man niemals ein Pad für unterschiedliche Polituren verwenden, weil sich die verschiedenen Schleifpartikel vermischen und so die Schleifwirkung nicht mehr definiert ist. Wichtig ist auch die sofortige Reinigung der Schwämme nach jeder Anwendung, entweder mit einem automatischen Padwascher, speziellen Schwammbürsten oder per Hand. Trotzdem sollten die Pads regelmäßig ausgetauscht werden, da die Polituren tief eindringen und sich ablagern.
Politur mit System
Um die einleitend angesprochene Wirtschaftlichkeit zu unterstützen, bieten die einschlägig bekannten Hersteller von Schleif- und Poliermitteln aufeinander abgestimmte Systeme an, die in wenigen Schritten zum perfekten Finish führen. Der Einsatz spezieller Polierkörner, die sich im Verarbeitungsprozess immer weiter teilen, erlaubt beispielsweise beim Super Heavy Cut Compound 300 von Menzerna das Arbeiten von der Schliff- und Kratzerbeseitigung durchgängig bis zum Finishbereich, wo die One-Step-Polish 3in1 aufsetzt und feinste Schleifspuren beseitigt, ein optimales Finish erzeugt und als Wachspolitur den Lack schützt. Makrapido von Makra ist ein System, das mit nur einem Mittel (Heavy Cut & Polish) die Schritte Reinigen, Glätten und Polieren abdeckt und den Schleifgrad über unterschiedliche Polierpads steuert.
3M bietet seine Schleif- und Politurpasten jetzt auch in kleinen 500ml-Flaschen an und hat mit Cubitron II die neueste Generation von Schleifscheiben mit deutlich höherer Standzeit aufgelegt. Die Profi Line-Produkte von Sonax sind ab sofort in Gebinden von 250 ml bis fünf Liter erhältlich. Zum sauberen Abfüllen dient die neue Wandhalterung für die Fünf-Liter-Systemkanister. Außerdem haben die Hersteller mittlerweile entsprechende Endverbraucherprodukte auf den Markt gebracht, die als Give-away nach einer Lackreparatur oder Aufbereitung die Kundenbindung oder als Shop-Produkt den Ertrag steigern. Glänzende Aussichten.
Kurzfassung
Aufbereitungsexperte Holger Knauth weist auf wichtige Details in der Lackaufbereitung hin, die in der Praxis gerne mal "vergessen" werden, aber für den nachhaltigen Erfolg und die Wirtschaftlichkeit von Bedeutung sind.
- Ausgabe 04/2016 Seite 34 (228.9 KB, PDF)