Auto Teile Ring (ATR)
Die Werkstattsysteme des freien Reparaturmarktes haben sich ihren festen Platz im Servicegeschäft erkämpft. Nach einer über zehn Jahre währenden Wachstumsphase ist mittlerweile Konsolidierung in allen Systemen angesagt. Auch in der Systemzentrale der Kooperation Auto Teile Ring (ATR) ist das Thema Qualifikation im Netz ein Schwerpunkt.
Wir haben nicht das Ziel, bis Ende 2010 50 oder 100 neue Partner hinzuzugewinnen. Im Vordergrund steht für uns die weitere Qualifikation der bestehenden Partner im Netz“, erzählt Thomas Sülzle, bei ATR zuständig für die zentrale Steuerung und Weiterentwicklung der Werkstattkonzepte, die von den ATR-Gesellschaftern, Matthies, Stahlgruber sowie Wessels+Müller im Markt angeboten werden. Mit fast 2.400 Konzeptpartnern ist die ATR einer der größten Systemanbieter in Deutschland. „Bei AC AutoCheck feiern wir in diesen Tagen den Anschluss des 600. Partners in Deutschland. Das Werkstattsystem Meisterhaft hat 1.615 Partner, davon 115 in Österreich“, ergänzt Sülzle. Neben den beiden Full-Service Werkstattsystemen gibt es außerdem noch das Fachhandelskonzept Autopartner, das mit 140 Partnern im Juni das zehnjährige Bestehen feierte.
Bei der Qualifizierung der Werkstatt- und Handelspartner setzen Thomas Sülzle und sein Kollege in der Systemleitung, Wolfgang Bredlau, vor allem auf die enge und partnerschaftliche Kooperation mit den Werkstätten und Handelspartnern vor Ort. „Wir haben auch bei uns im Haus darüber diskutiert, ob wir angesichts der schon aufgrund der individuellen betrieblichen Voraussetzungen gegebenen Leistungsunterschiede im System den gleichen Weg einschlagen sollen, wie das Kollegen in anderen Systemen tun. Wir haben uns dann aber gegen eine Premiumsystemvariante ausgesprochen, denn wir wollen innerhalb unserer Systemangebote keine Zweiklassengesellschaft schaffen“, erklärt Sülzle. Die ist für ihn und seine Kollegen aber die logische Konsequenz, wenn man die Partner durch unterschiedliche Leistungsstufen in der eigenen Organisation voneinander abgrenzt.
Die 80:20-Regel
Bei der Qualifikation der Partner setzt die ATR-Servicezentrale vor allem auf Schulungen, Weiterbildungsangebote und eine intensivere Nutzung der vorhandenen Systembausteine. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die intensive Betreuung durch die Systemzentrale und den Außendienst der Teilegroßhändler Matthies, Wessels+Müller und Stahlgruber. „Leider gilt für uns wie für viele unserer Systemkollegen die 80:20-Regel. Heißt: 20 Prozent aller Partner sind sehr aktiv, nutzen jeden Baustein intensiv und erfolgreich und fordern von der Zentrale neue Systembausteine oder arbeiten aktiv an der Optimierung bestehender mit. Die große Masse ist allerdings weitaus zurückhaltender und setzt unsere Leistungsangebote nicht in der Intensität um, wie wir uns das wünschen würden.“ Dabei bestätigen auch die Partner, dass das Angebot an Systembausteinen stimmt. Dennoch ist der Schritt zur aktiven Umsetzung im Markt für viele mit Hürden verbunden. „Diese Hürden, die oft sehr individuelle Ursprünge haben, versuchen wir in der Systemzentrale abzubauen und das setzt eine intensive Betreuung und viel Überzeugungsarbeit voraus“, erklärt Thomas Sülzle.
Vor allem im Bereich Marketing, CI und äußeres Erscheinungsbild besteht Nachholbedarf bei vielen Partnern. Welche Bedeutung dieses Thema hat, das bestätigt Thomas Sülzle eine aktuelle Studie, wonach 72 Prozent aller Kunden regelmäßig direkte und personalisierte Informationen durch ihre Werkstatt wünschen. „Mit unserer Werbebühne, einem Onlinetool, mit dem von der individuellen Werkstattwerbung über Kundenanschreiben, Großflächenplakate bis hin zu individuellen Flyern die Möglichkeit besteht, professionell und dennoch kostengünstig Werbung und Marketing für den eigenen Betrieb zu machen, haben unsere Partner alle Optionen in der Hand, um eine enge Kundenbindung aufzubauen.“ Zu dem Angebot gehört beispielsweise auch ein bundesweit organisiertes Netz von Profifotografen, die für 500 Euro professionelle Bilder vom Betrieb und der Mannschaft erstellen. „Das beinhaltet ein ausführliches Vorgespräch mit dem Fotografen, eine Betriebsbegehung und verteilt sich meistens auf zwei Tage.“ Die Bilder können die Partner auch für ihren Auftritt im Internet nutzen. Auch hierzu hat die Zentrale ein Werkzeug entwickelt, mit dem sich jeder Unternehmer mit wenigen Klicks seine Internetpräsenz einfach, aber doch individuell gestalten kann. „Das Basispaket kostet dabei 299 Euro und wir haben großen Wert auf eine einfache Bedienbarkeit gelegt“, ergänzt Sülzle. Trotz einfacher Bedienbarkeit tun viele Werkstätten wenig für die Pflege einer bestehenden Homepage. Ursache ist, dass in vielen Betrieben der Prozess nicht orga-nisiert ist und es keinen Kümmerer für das Thema gibt. Darum bietet ATR für neun Euro im Monat den Service einer Agentur, die dafür sorgt, dass die Webseiten einmal im Monat aktuelle Informationen enthalten. „Eine Webseite, die sich nicht verändert, ist für Besucher uninteressant und wenn eine Werkstatt im April noch Winterkompletträder bewirbt, dann weiß auch der Kunde, dass die nicht besonders früh dran ist, sondern schlicht ihren Online-Auftritt nicht pflegt“, so Thomas Sülzle.
Anwalt bringt Geld in die Kasse
Während er und seine Kollegen sich bei der Überzeugungsarbeit für die Werbe- und Marketingbausteine eher schwertun, ist ein anderer Baustein bei den Systempartnern wie eine Bombe eingeschlagen. Die Rede ist von Advomotive, einem Rechtsberatungsservice, den es seit 2008 auch beim Werkstattsystem Motoo der Hans Hess Autoteile GmbH aus Köln gibt. „Bei Advomotive ist der Nutzen für die Betriebe direkt erkennbar, denn die Anwaltskanzlei verhilft ihnen beispielsweise bei Streitigkeiten mit Versicherungen zu einem deutlich schnelleren Geldeingang“, erläutert Thomas Sülzle. Und Streit mit Versicherern gibt es zuhauf. Vor allem im Bereich der Unfallschadenabrechnung. Hier haben sich einige Versicherer angewöhnt Werkstattrechnungen grundsätzlich liegen zu lassen oder fadenscheinige Kürzungen zu verlangen. „Sobald sich ein Anwalt in den Abrechnungsprozess einschaltet, beschleunigt sich das Thema allerdings erheblich und der Zahlungseingang erfolgt binnen zwei Werktagen“, schildert Thomas Sülzle die ersten Erfahrungen seiner Partner.
Auch für alltägliche Rechtsfragen können sich die Partner an die Anwaltskanzlei wenden. Dabei werden Standardberatungen am Telefon mit einmalig 50 Euro berechnet. Weitergehende Tätigkeiten der Anwälte erfolgen nach Aufwand, aber zu von ATR für die Partner ausgehandelten Sonderkonditionen. Ums Thema Geld geht es auch beim Factoring, dass die Systemzentrale aktuell vorbereitet. Dabei verkauft der Unternehmer gegen eine Gebühr offene Kundenforderungen an eine Bank und erhält von dieser sofort den offenen Rechnungsbetrag abzüglich der Gebühren. Der mit Zahlungsziel versehene Geldeingang des Kunden geht später direkt an die Bank. Vorteil für Werkstatt-Unternehmer: Sie können Außenstände drastisch reduzieren und so die Liquidität ihres Unternehmens verbessern. Nicht wirklich neu ist die Erkenntnis, dass Frauen als Zielgruppe in der Werkstatt an Bedeutung zunehmen. Genauso wenig neu ist die Tatsache, dass der Umgang mit der weiblichen Kundschaft gerade in kleineren Betrieben zu wünschen übrig lässt.
Frauen sind treu
„Teils fehlt es an der richtigen Ansprache, teils werden Frauen von dem überwiegend männlichen Servicepersonal nicht ernst genommen, wenn es ums Automobil geht“, sagt Edith Niedermayr, Marketing Assistentin bei ATR, die ähnliche Erfahrungen in Werkstätten gemacht hat.
Um die „Kommunikationsstörungen“ zwischen Werkstattmännern und weiblicher Kundschaft zu beheben, arbeitet die ATR-Servicezentrale seit 2008 mit der Agentur Hallo Frau zusammen. „Auch wenn anfangs einige Kollegen das Thema milde belächelt haben, der Erfolg gibt uns Recht“, sagt Edith Niedermayr. Denn die Kudenbindungseffekte, die beispielsweise durch speziell für Frauen in Werkstätten durchgeführte Technikabende entstehen, ist beachtlich. „Dass von 15 eingeladenen Frauen später zehn oder mehr als Kundinnen mit ihrem Auto zum Partner wiederkommen, ist keine Seltenheit“, so Thomas Sülzle abschließend. fs
- Ausgabe 7/2010 Seite 48 (270.5 KB, PDF)