Serie Umgang mit Mitarbeitern Teil 3
Je kleiner das Team, desto stärker fallen Unmotivierte, Faulpelze und Meckerer ins Gewicht – und umso wichtiger ist es, dass ein Werkstattinhaber bei Problemen mit Mitarbeitern richtig reagiert.
Bei einem Seminar des Kfz-Verbands Schleswig-Holstein schilderte ein Werkstattinhaber den Fall eines Mitarbeiters in der Waschanlage. Mit dem war nicht nur der Chef, sondern auch die Kollegen derart unzufrieden, dass er kurz vor der Entlassung stand. „Ständig kamen Klagen, dass die Fahrzeuge, die ihm zum Waschen gebracht wurden, fast nie dann fertig waren, wenn sie gebraucht wurden“, erinnert sich Martin Seydell, Leiter Berufsbildung und Betriebswirtschaft des Kfz-Verbands, der das Seminar leitete. „Außerdem wurde dem Chef berichtet, dass er seine Arbeit nicht ordentlich erledigte und es deshalb immer wieder zu Kundenbeschwerden kam.“ Als Seydell genauer nachfragte, wurde deutlich, dass der Mann weder faul noch unfähig war, sondern schlichtweg überfordert: Jeder Meister, jeder Mechatroniker und jeder Verkäufer stellte ihm die Fahrzeuge hin – meist mit der Anweisung, sie sofort zu waschen. „Der Mitarbeiter war das letzte Glied in der Kette und konnte die viele Arbeit gar nicht alleine schaffen“, berichtet Seydell. Die Lösung: Dem Unternehmer wurde empfohlen, eindeutig zu regeln, wer diesem Mitarbeiter Arbeit auftragen durfte und welche Prioritäten er zu setzen hatte. Darüber hinaus wurde eine stundenweise Aushilfe eingestellt. „Als ich das nächste Mal mit dem Werkstattinhaber sprach, waren sowohl der Engpass Waschanlage als auch die internen Unzufriedenheiten nahezu komplett beseitigt – und das Thema Kündigung vom Tisch.“
Organisation muss stimmen
Das Beispiel zeigt zweierlei: Erstens führen organisatorische Defizite zu schwachen Leistungen und Unzufriedenheit. Zweitens sollte ein Werkstattinhaber bei einem so genannten Minderleister erst herausfinden, warum er die Erwartungen nicht erfüllt. „Am besten führt der Vorgesetzte mit dem betreffenden Mitarbeiter sofort ein Gespräch unter vier Augen“, empfiehlt Seydell. Dabei sollte er allerdings nicht mit Vorwürfen und Drohungen lospoltern. Besser ist es, wenn sich der Chef erst einmal erklären lässt, wie es dazu kam, dass eine Leistung nicht wie gewünscht ausgeführt wurde. Mit offenen Fragen lässt sich mehr herausfinden als mit Anschuldigungen oder gar einem Wutanfall. Für ein offenes Wort ist schließlich immer noch Zeit, wenn der Mitarbeiter tatsächlich einen Fehler gemacht hat.
Fehler nicht tolerieren
Zugegeben, es kostet Zeit und ist mühsam, jedes Mal, wenn etwas nicht passt, ein Mitarbeitergespräch zu führen. Doch Fehlverhalten zu tolerieren, ist selbst im größten Stress ganz und gar nicht sinnvoll: Dann schleifen sich unerwünschte Verhaltensweisen ein, die Führungskraft verliert an Autorität und in letzter Konsequenz wird die Arbeit nicht mehr in der nötigen Qualität und im erforderlichen Tempo erledigt. Außerdem registrieren Mitarbeiter, die ordentlich, pünktlich und zuverlässig arbeiten, sehr genau, inwieweit ihre nicht ganz so engagierten Kollegen mit schwächeren Leistungen durchkommen.
Natürlich hat jeder einmal einen schlechten Tag. Doch genauso wie gute Leistungen anerkannt werden, muss der Chef zeigen, dass er auch Fehler und unerwünschtes Verhalten registriert. „Mitarbeiter, die viel zu oft oder über einen längeren Zeitraum hinweg nicht wirklich gut arbeiten, sollte der Vorgesetzte möglichst dicht an sich ranholen und selbst kleinere Arbeitsschritte überwachen“, rät Seydell. „Je kompetenter ein Mitarbeiter ist, desto länger darf die Leine sein.“ Neue Mitarbeiter sollten nicht nur gründlich eingearbeitet, sondern zumindest in der Anfangszeit auch eng geführt werden. Ihnen genau zu erklären, wie die Abläufe aussehen und was von ihnen erwartet wird, erleichtert die Startphase und erspart Ärger und Frust auf beiden Seiten.
„Spaßbremsen“ lösen
Doch nicht immer führen schlechte Leistungen zu Problemen im Betrieb. Bei manchen Mitarbeitern lässt auch das Verhalten gegenüber Kollegen, dem Chef oder gar Kunden zu wünschen übrig. Dies zu korrigieren ist nicht ganz so leicht, weil objektiv messbare Kriterien fehlen. Einen Mitarbeiter zur Rechenschaft zu ziehen, der ein Ersatzteil nicht ordentlich eingebaut hat, ist deutlich leichter, als einen Miesmacher, der im Grunde ganz ordentlich arbeitet, auf sein Verhalten anzusprechen. Dennoch muss das sein – allein schon, um ein angenehmes Betriebsklima aufrechtzuerhalten. Auch ewige Nörgler können die Stimmung vergiften. In diesem Fall rät Seydell ebenfalls zu klaren Worten, um sie auszubremsen. „Diese Mitarbeiter haben sich bewusst für ihren Beruf und eine Position in diesem Unternehmen entschieden“, sagt der Experte. „Wenn sie damit unzufrieden sind und zum Beispiel ständig darüber jammern, dass der Chef oder der Kollege im Verkauf mehr verdient, steht es ihnen frei, sich beruflich umzuorientieren.“ Auf keinen Fall, so Seydell, sollte man Nörgler bevorzugen, das bestärke sie noch in ihrem Verhalten.
Vergiftetes Klima
Zu besonderer Aufmerksamkeit rät der Experte des Kfz-Verbands Schleswig-Holstein bei schwierigen Mitarbeitern, die er als „toxische Typen“ einstuft: Das sind passiv-aggressive Menschen, die daran glauben, dass man einerseits bereits verloren hat, wenn man sich unterordnet, und andererseits zu viel riskiert, wenn man sagt, was man denkt. „Diese toxischen Typen lästern bei den Kollegen und sind gegenüber ihren Vorgesetzten schweigsam bis mürrisch“, hat Seydell beobachtet. Das beste Gegenmittel bestehe darin, sie neutral bis freundlich zu behandeln und möglichst häufig nach ihren Einschätzungen zu fragen – bis sie genug Vertrauen gefasst haben, ihre Meinung direkt zu äußern.
Der GAU: Vertrauensschaden
Der GAU für jeden Werkstattinhaber sind unehrliche oder kriminelle Mitarbeiter, die das Unternehmen bewusst schädigen. Ob das nun unter Diebstahl, Unterschlagung oder Veruntreuung läuft, ist zweitrangig. In der Praxis kommt dies relativ häufig vor, gesprochen wird darüber jedoch selten. Die Beratungs- und Prüfungsgesellschaft Rödl & Partner schreibt in ihren online veröffentlichten Business News im August 2011, dass in Deutschland jährlich mehr als 800.000 Fälle so genannter Vertrauensschäden durch Mitarbeiter bekannt werden – und dass die tatsächliche Zahl weitaus größer sein soll.
Dass ein Mitarbeiter mit der Kasse unterm Arm aus dem Werkstattbüro flüchtet oder sich eine Angestellte mal eben 50.000 Euro vom Firmenkonto auf ihr privates überweist, sind plakative, aber eher unwahrscheinliche Varianten. Schaden können jedoch auch unerlaubte Entnahmen von Schmierstoffen, Ersatz- und C-Teilen anrichten. Außerdem besteht in einem Unternehmen, in dem bar kassiert wird, immer die Versuchung, hier und dort einmal etwas abzuzweigen. Je kleiner der Betrieb, desto besser meint der Chef seine Mitarbeiter zu kennen. Doch selbst der beste Menschenkenner kann sich irren.
„Gewinn-Mitnahme“ mal anders
Das Gefährliche daran ist, dass selbst kleinere Diebstähle, Betrügereien und Unterschlagungen eine Werkstatt finanziell ausbluten. Denn das Geld, das dem Betrieb auf diese Weise entzogen wird, geht direkt vom Gewinn ab. Selbst wenn es sich lediglich um 50 Euro pro Woche handeln sollte, kommt im Laufe der Monate oder gar Jahre doch eine erkleckliche Summe zusammen, die der Werkstattinhaber in seinen Betrieb hätte investieren können. Zudem wird ein Täter immer dreister, je länger er nicht ertappt wird. Klare Regeln, eine Organisation, die diebischen Elstern ihre Aktivitäten erschwert, sowie regelmäßige Plausibilitätskontrollen tragen dazu bei, Vertrauensschäden zu verhindern. Wenn klar ist, dass es dem Chef auffällt, dass zehn Ölfilter und dreißig Liter Öl mehr verbraucht als an Kunden berechnet wurden, ist die Versuchung nicht ganz so groß.
Wer seine Zahlen regelmäßig überprüft, kommt auch schnell auf etwaige Kassenfehlbestände oder fingierte Rechnungen. Diebstahl, Unterschlagung und Betrügereien sind übrigens stichhaltige Gründe für eine fristlose Kündigung. Darüber hinaus kann auch Strafanzeige erstattet werden. Wichtig ist allerdings, dass dies vor Gericht eindeutig bewiesen werden kann. Um es erst gar nicht so weit kommen zu lassen, ist es auch in Zeiten des Fachkräftemangels äußerst sinnvoll, neue Mitarbeiter sorgfältig auszuwählen. Wer auf Nummer sicher gehen will, sollte bei neuen Mitarbeitern ein Führungszeugnis verlangen. Ob ein diebischer Mitarbeiter eine zweite Chance verdient, sollte sich ein Werkstattinhaber genau überlegen.
Bei Mitarbeitern mit schwachen Leistungen kann es sich dagegen durchaus lohnen, dranzubleiben und Zeit in Mitarbeitergespräche zu investieren. Sie zu kündigen ist für Kleinbetriebe mit weniger als zehn Mitarbeitern zwar relativ problemlos möglich. Fraglich ist jedoch, wie schnell Ersatz gefunden wird – und ob der dann tatsächlich besser ist. In Betrieben mit mehr als zehn Mitarbeitern ist eine verhaltensbedingte Kündigung dagegen ein eher schwieriges Unterfangen (siehe asp 12/2011). Zudem darf der Aufwand, den die Suche, Auswahl und Einarbeitung neuer Mitarbeiter bereitet, nicht unterschätzt werden. „Da ist es unterm Strich oft sinnvoller, dass Führungskräfte und Unternehmer ihren Mitarbeitern die erforderliche Aufmerksamkeit widmen und überlegen, ob es vielleicht zum Teil auch an ihnen selbst liegen kann, wenn es laufend zu Konflikten kommt“, sagt Martin Seydell abschließend.
Eva-Elisabeth Ernst
Zusatzinfos im Netz
Klare Regeln
Gibt es in einer Werkstatt immer wieder wegen derselben Themen Ärger zwischen Chef und Belegschaft, könnte das auch daran liegen, dass eindeutige Regelungen fehlen. Im Internet haben wir eine Liste von Fragen für Unternehmer hinterlegt, mit der Sie selbst überprüfen können, ob Sie in Ihrem Unternehmen wirklich klare Vereinbarungen getroffen haben.
www.autoservicepraxis.de/Mitabeitervereinbarung
- Ausgabe 4/2012 Seite 44 (549.9 KB, PDF)