Kurzfassung
Mit den beiden Werkstattkonzepten ZF [pro]Tech start und ZF [pro]Tech plus schafft der Teilelieferant eine engere Bindung an freie Werkstätten. Eine wichtige Komponente sind die Trainings zu aktuellen Themen.
asp: Wie ist die Idee entstanden, bei ZF ein eigenes Werkstattkonzept zu schaffen?Markus Schmitt: Werkstätten benötigen in der täglichen Arbeit Hilfestellung rund um das Ersatzteil. Die Technik wird immer komplexer und Fehler beim Einbau können das Teil beschädigen. So hat jede Kupplung ein anderes Drehmoment und muss etwas anders eingebaut werden. Wir haben schon in den 1980er-Jahren angefangen, mit dem Ersatzteil auch Einbauanleitungen zur Verfügung zu stellen, später auf CD. Irgendwann war klar: Um den Werkstätten den technischen Support für unsere unterschiedlichen Marken im Aftermarket zukommen zu lassen, benötigen wir eine Dachmarke, das war der Ursprung für ZF [pro]Tech. Von Anfang an hatten wir die Aufteilung in die Basisvariante [pro]Tech start und [pro]Tech plus als exklusive Variante.
asp: Wodurch zeichnet sich die Plus-Variante aus?
M. Schmitt: ZF [pro]Tech plus umfasst alle Elemente der Start-Variante, bietet aber zusätzlich noch die persönliche Betreuung durch unsere eigene Außendienstmannschaft. Die persönliche Betreuung "Face to Face" ist unseres Erachtens ein wichtiger Erfolgsfaktor. Wir achten darauf, dass unsere Mitarbeiter die gleiche Sprache sprechen wie unsere Kunden. Hier reden Techniker mit Technikern. Dieser persönliche Draht ist uns wichtig - und das zu jeder Zeit!
asp: Was müssen die Werkstätten mitbringen, wenn sie plus-Partner werden wollen?
M. Schmitt: Die ZF [pro]Tech plus-Partner haben ein Schild am Betrieb, das sie als ZF-Partner ausweist. Daher achten wir auf das Erscheinungsbild des Betriebs. Das muss zu uns passen. Wir haben es hier nicht auf Masse abgesehen, sondern setzen klar auf Qualität. Aktuell haben wir rund 1.000 Werkstätten im ZF [pro]Tech plus-Konzept.
asp: Wie intensiv ist die Außendienstbetreuung?
M. Schmitt: Jeder Außendienstmitarbeiter betreut rund 100 Werkstätten. Wir haben eine regionale Aufteilung in Deutschland. Der regionale Bezug ist absolut wichtig und der beste Türöffner im Gespräch!
asp: Wie sieht das Trainingskonzept aus?
M. Schmitt: Die technischen Trainings sind ein besonderer Mehrwert des Werkstattkonzepts und wir geben ziemlich viel Energie in die Konzeption der Schulungen. Wir setzen dabei auf einen Mix aus Theorie und Praxis, denn niemand will sich gerne sechs Stunden im Klassenzimmer mit Theorie langweilen. Deshalb geht es immer sofort auch in die Praxis, bei uns kann man unterm Auto mit allen Sinnen selbst erleben, worum es geht. Aktuell gibt es 64 deutsche Standorte, an denen Schulungen stattfinden.
asp: Welche Trainings kommen besonders gut an?
M. Schmitt: Unsere Klassiker sind immer ausgebucht, also die Trainings zu Doppelschaltgetrieben, zu Kupplung, Stoßdämpfer, Lenkungsteil und zum Ölwechsel beim Automatikgetriebe. Bei den zweitägigen Trainings für unsere plus-Partner stehen jeweils vor Ort zwei Trainer zur Verfügung; damit können wir einen ständigen Wechsel zwischen Theorie und Praxis bieten. Es hat sich bewährt, die Trainings über zwei Tage zu ziehen, denn am Abend lernen sich die Teilnehmer dann besser kennen und es entsteht eine familiäre Atmosphäre.
asp: Diese Zwei-Tages-Trainings sind aber nur für plus-Partner zugänglich?
M. Schmitt: Ja, die zweitägigen Trainings sind den plus-Partnern vorbehalten. Aber wir destillieren aus diesen Top-Trainings weitere Formate, beispielsweise eintägige Trainings und teilweise ein einstündiges Online-Format, in dem man ein Thema für Interessierte kurz anreißen kann. Neu ist die "TeaBreak", eine kurze Online-Schulung, bei der jeder mitmachen kann. Von allen Online-Trainings gibt es übrigens Aufzeichnungen im Medien-Archiv. Die plus-Partner haben also jederzeit Zugriff auf alle Online-Schulungen.
asp: Gibt es neue Themen?
M. Schmitt: Ein ganz neues Training widmet sich den Bremsen im Elektrofahrzeug - hier gibt es aufgrund der Rekuperation und der infolge geringeren Nutzung der Bremsen doch einige Besonderheiten, die zu beachten sind. Für nächstes Jahr haben wir eine Schulung zum DSG mit Nasslaufkupplung. Das Getriebe ist schon lange ein vertrautes Thema bei uns, aber eben nicht mit Nasslauf-Kupplung. Das nasslaufende DSG benötigt unter anderem viel genauere Schaltzeiten. Die Technologie ist schon seit 15 Jahren im Markt, aber erst jetzt wird das auch im Aftermarket interessant.
asp: Welche Rolle spielt das Thema E-Mobilität?
M. Schmitt: Die ersten Hochvolt-Trainings hatten wir schon 2015 im Programm - das HV-Training ist also ein echter Dauerbrenner. Ab nächstes Jahr trainieren wir dann alle drei Stufen 1S bis 3S nach DGUV. Die HV-Schulung ist jetzt ein Muss bei Arbeiten an HV-Fahrzeugen, mittlerweile ein wichtiges Thema für Werkstattbetreiber im Sinne der Arbeitssicherheit. Wir planen zudem ein ganz neues E-Power-Modul, in dem wir das Thema E-Mobilität ausführlich aufgreifen, inklusive HV-Schulung 3S. Das Modul ist noch in der Konzeption, geht aber deutlich weiter als bisherige Trainings. Damit bekommt die Werkstatt spezielle Kompetenzen im Bereich E-Mobilität und kann das dann auch mit einem Schild und Werbematerial nach außen signalisieren. Wir vermitteln auch Wissen zu Lademöglichkeiten über die übliche Wallbox hinaus. Stichwort: Bidirektionales Laden und entsprechende Beratung der Kunden in der Werkstatt. Das ist für viele Privathaushalte interessant, aber gleichzeitig fehlt es an Wissen zu den Möglichkeiten, wie ein E-Auto in die vorhandene Infrastruktur zu Hause eingebettet werden kann. Es war klar: Wenn wir in das Thema reingehen, müssen wir diesen nächsten Schritt gehen.
asp: Wie spüren Sie neue Themen auf - befragen Sie die Werkstätten?
M. Schmitt: Wir wollen den Werkstattbesitzern die Tools an die Hand geben, die sie bei der täglichen Arbeit brauchen. Dadurch verlieren die Mitarbeiter die Scheu vor neuen technischen Themen, die am Anfang vielleicht erst mal ungewohnt sind. Wir wissen als führender Automobil-Zulieferer ziemlich genau, wann welche Technik im Aftermarket aufschlägt. Aber wir fragen tatsächlich auch immer die Werkstätten selbst, wo der Schuh drückt. Durch unsere Nähe am Markt erfahren wir das immer aus erster Hand. Wir greifen diese Themen gerne auf.
asp: Wie wichtig ist die ADAS-Kalibrierung?
M. Schmitt: Das ist ein ganz wichtiges und sicherheitsrelevantes Thema. Deshalb haben wir seit 2020 fast alle plus-Partner bereits auf ADAS geschult. Das Thema ist längst in der freien Werkstatt angekommen. Fast jede Reparatur an der Stoßstange oder am Kotflügel zieht eine Kalibrierung nach sich!
asp: Wie hängt das Konzept [pro]Tech mit den ZF Service Points für Getriebe-Reparaturen zusammen?
M. Schmitt: Wir haben am Standort Dortmund unser Kompetenzzentrum für Automatikgetriebe. Dort sind die absoluten Spezialisten am Werk, die das Produkt in- und auswendig kennen. Nicht jede freie Werkstatt kann das Know-how für Getriebe-Reparaturen vorhalten, daher hat sich die Zusammenarbeit mit dem Kompetenzzentrum bewährt. Die Werkstatt muss Kunden mit Getriebeschaden nicht in die OE-Werkstatt schicken, sondern kann selbst helfen - eben über die Zusammenarbeit mit den entsprechenden Experten. Dieses Konzept wollten wir weiter ausbauen und hatten uns daher zum Ziel gesetzt, deutschlandweit 50 ZF Service Points aufzubauen, die ein erweitertes Know-how zum Getriebe haben. Das Interesse unter den ZF [pro]Tech plus-Betrieben war groß, schon nach 14 Tagen hatten wir 54 Werkstätten, die mitmachen wollten.
- Ausgabe 10/2023 Seite 038 (210.7 KB, PDF)