Wer seinen Diesel noch nach Auffliegen des Abgas-Skandals im Herbst 2015 gekauft hat, hat keinen Anspruch auf Schadenersatz von Volkswagen. Das gilt auch für Autos der Konzernmarken Audi, Skoda und Seat, wie der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe am Dienstag entschied. Der Wolfsburger Autobauer habe im September 2015 Unregelmäßigkeiten auch bei Töchtern eingeräumt, der Vorwurf der sittenwidrigen Täuschung sei damit nicht mehr gerechtfertigt. Laut VW ist diese höchstrichterliche Entscheidung maßgeblich für 8.300 noch offene Verfahren. (Az. VI ZR 244/20)
In ihrem ersten und wichtigsten Urteil zum Diesel hatten die BGH-Richter im Mai grundsätzlich entschieden, dass VW Zehntausenden Klägern Schadenersatz schuldet. Zu den genauen Bedingungen gab es Ende Juli weitere Urteile. Damals präzisierte der zuständige Senat unter anderem, dass Kläger, die ihr Auto erst nach Bekanntwerden des Diesel-Skandals gekauft haben, in der Regel leer ausgehen.
Der Wendepunkt ist für den BGH der 22. September 2015. An diesem Tag war Volkswagen mit einer Ad-hoc-Mitteilung an die Öffentlichkeit gegangen und hatte die Welle ins Rollen gebracht. Von da an war das Thema über Monate prominent in den Medien. Diesen Schritt sehen die Richter als Verhaltensänderung, die eine neue Bewertung verlangt.
In dem Fall, der Ende Juli entschieden wurde, ging es um einen Gebrauchtwagen der Marke VW. Der Kläger jetzt hatte im Mai 2016 einen Audi gekauft, der mit dem problematischen Motor vom Typ EA189 ausgestattet war. Dieser wurde von Volkswagen hergestellt.
Illegale Abgastechnik betrifft alle Konzernmarken
Für den BGH macht das aber keinen Unterschied. VW habe von Anfang an darauf hingewiesen, dass die illegale Abgastechnik auch in anderen Diesel-Autos des Konzerns vorhanden sei. "Damit war das Verhalten der Beklagten generell, d. h. hinsichtlich aller Konzernmarken, nicht mehr darauf angelegt, das KBA (Kraftfahrt-Bundesamt) und arglose Erwerber zu täuschen", teilten die obersten Zivilrichter mit.
Der klagende Audi-Besitzer bekommt also kein Geld zurück. Er hatte vorgebracht, dass der Autohändler seine Bedenken mit den Worten "Wir sind Audi und nicht VW" zerstreut habe. Das könnte laut BGH aber höchstens eine eigenständige Haftung des Autohauses begründen. Dem Volkswagen-Konzern sei das auf jeden Fall nicht zuzurechnen.
Am kommenden Montag (14. Dezember) verhandelt der BGH gleich den nächsten VW-Diesel-Fall. Dann geht es um die Frage der Verjährung. (dpa)