Die Frage, wann Schadenersatz-Ansprüche gegen VW im Dieselskandal verjährt sind, wird voraussichtlich erst im kommenden Jahr abschließend beantwortet. In einem Fall, der am Donnerstag am Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt wurde, wird es letztlich keine Rolle spielen, ob der Kläger zu spät vor Gericht zog. Der Mann hatte sich zunächst der Musterfeststellungsklage der Verbraucherzentralen gegen Volkswagen angeschlossen. Die Karlsruher Richterinnen und Richter gehen davon aus, dass dadurch in jedem Fall die Verjährung gehemmt war, wie der Vorsitzende Rüdiger Pamp sagte.
So hatte Ende Juli bereits der für die Diesel-Fälle anfangs allein zuständige VI. Zivilsenat entschieden. Pamps VII. Zivilsenat plant, sich dem anzuschließen. Da es um eine vergleichsweise kleine Summe geht und der Fall ans Stuttgarter Oberlandesgericht zurückverwiesen werden müsste, legte Pamp beiden Seiten allerdings nahe, sich so zu einigen. Ob überhaupt ein Urteil verkündet wird, ist also unklar. Ein Termin dafür sollte für Anfang 2022 vorgesehen werden.
Ansprüche verjähren nach drei Jahren
Der millionenfache Abgasbetrug war im September 2015 ans Licht gekommen. Betroffene Klägerinnen und Kläger haben prinzipiell Anspruch auf Schadenersatz von VW. Die Ansprüche verjähren allerdings nach drei Jahren. Klagen hätten also spätestens Ende 2018 erhoben werden müssen - wenn der Kläger 2015 schon wusste, dass auch sein Auto den Skandalmotor EA189 hat, oder "ohne grobe Fahrlässigkeit" davon hätte wissen müssen, wie es im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) heißt. Vor Gericht ist genau dieser Punkt oft umstritten.
VW vertritt den Standpunkt, dass das Thema 2015 so allgegenwärtig in den Medien war, dass so gut wie jeder davon mitbekommen musste. Nach dem Urteil des VI. Senats von Ende Juli darf dies dem einzelnen Kläger aber bei Gericht nicht pauschal unterstellt werden. Pamps Senat will zu der Frage im Februar in fünf Parallelverfahren verhandeln. Dann dürften konkretere Hinweise zu erwarten sein.
Der jetzt verhandelte Fall ist speziell, weil der Mann zwar erst im Oktober 2019 geklagt hatte, in den Monaten davor aber zur Musterklage angemeldet gewesen war. Das Musterverfahren hatte mit einem Vergleich geendet, von dem gut 245.000 Diesel-Besitzer profitierten.