Im vergangenen Jahr konnte der internationale Dienstleistungskonzern den Umsatz um 7,3 Prozent auf rund 2,9 Milliarden Euro steigern. Allerdings machten sich die anhaltenden politischen und wirtschaftlichen Verwerfungen durch die Nachwirkungen der Corona-Pandemie und die Auswirkungen des Ukraine-Krieges im Ergebnis bemerkbar: Das EBIT ging im Vergleich zum Vorjahr um 13,4 Prozent auf 195 Millionen Euro zurück.
"TÜV SÜD hat sich trotz des schwierigen Gesamtumfeldes positiv entwickelt. Mit der breiten inhaltlichen und geografischen Ausrichtung sorgen wir für Stabilität", erklärte Dr. Johannes Bussmann, Vorstandsvorsitzender der TÜV SÜD AG, bei der Bilanzpressekonferenz des Unternehmens in München.
Der Ukraine-Kriege habe klar gemacht, dass man gründlich überdenken müsse wie sich Unternehmen aufstellen und wirtschaften – beispielsweise in Bezug auf Lieferketten und die zur Verfügung stehenden Ressourcen.
"Die Welt hat sich in kurzer Zeit verändert"
Finanzvorstand Prof. Matthias J. Rapp ergänzte bei der Präsentation der neuen Konzernzahlen: "Die Welt hat sich in kurzer Zeit verändert. Wir stehen vor Herausforderungen, die nur in möglichen Szenarien abgebildet werden können." Die Bewältigung der Krisen erfordere konsequentes und nachhaltiges Handeln.
Im Segment Mobility erreichten die mehr als 6.300 Beschäftigten mit einem Umsatz von 945,0 Millionen Euro ein Umsatzplus von 6,7 Prozent. Ein zweistelliges Umsatzwachstum auf 973,8 Millionen Euro erzielte das Segment Certification (plus 11,1 Prozent) und erwies sich damit nach Aussage von Prof. Rapp als besonders robust und widerstandsfähig. Im Segment Industry erzielte TÜV SÜD einen Umsatz von 961,8 Millionen Euro und damit 4,2 Prozent mehr als im Vorjahr.
Europa ist umsatzstärkste Region
Europa ist nach wie vor die umsatzstärkste Region des weltweit tätigen Konzerns. "In der Region Europe erwirtschafteten wir im Jahr 2022 rund drei Viertel des Konzernumsatzes", erklärte Prof. Rapp. Einen deutlichen Umsatzanstieg von 19,4 Prozent auf 177,2 Millionen Euro konnte allerdings die Region Americas verzeichnen. Ein deutliches Plus von 12,8 Prozent gab es auch in der Region Asia. Mit einem Umsatz von 517,3 Millionen Euro wurde hier erstmals die Schwelle von einer halben Milliarde Euro überschritten.
Ausbau der Infrastruktur
TÜV SÜD hat im vergangenen Jahr kräftig in die Weiterentwicklung des Unternehmens investiert. 2022 flossen 154 Millionen Euro in den Ausbau der weltweiten Prüfinfrastruktur, die Entwicklung von neuen Dienstleistungen und Geschäftsmodellen sowie in die nachhaltige Ausrichtung des Unternehmens. TÜV SÜD will bis 2025 klimaneutral sein. "Es geht darum, so viele Emissionen wie möglich zu vermeiden", erklärte Bussmann und verwies unter anderem auf die hohen Standards bei der Realisierung von Neubauten und auf die Umstellung der eigenen Fahrzeugflotte auf Elektromobilität. Bestehende TÜV SÜD-Gebäude sollen soweit möglich mit Photovoltaikanlagen ausgestattet werden.
Die eigenen Ziele beim Thema Nachhaltigkeit zu erreichen sei auch deshalb notwendig, weil TÜV SÜD viele Dienstleistungen im Bereich Nachhaltigkeit anbietet, betonte Dr. Bussmann. "Wir haben die Kompetenz und die Erfahrung, um die komplexen Technologien und Prozesse zu verstehen und zu prüfen, die für die Energiewende und die nachhaltigere Ausrichtung unserer Wirtschaft und Gesellschaft erforderlich sind."
Nachhaltigkeit
TÜV SÜD begleitet den weiteren Ausbau von erneuerbaren Energien und die Entwicklung von Speichermöglichkeiten. Einen besonderen Stellenwert habe dabei die Wasserstofftechnologie. TÜV SÜD will das Wasserstoffgeschäft weiter ausbauen und in neue Labore investieren. "Wir versprechen uns sehr viel vom Geschäft im Bereich Wasserstoff", sagte Dr Rapp. Mit dem GreenHydrogen-Standard und der H2-Readiness-Zertifizierung für Gas- und Dampfturbinenkraftwerke habe TÜV SÜD wegweisende Lösungen geschaffen.
In den Laboren in Frankfurt und Garching bei München prüfen Experten von TÜV SÜD die Wasserstoffverträglichkeit von Werkstoffen und Komponenten, die beispielsweise in Personen- und Nutzfahrzeugen eingesetzt werden. Sie entwickeln dafür auch neue Prüfverfahren. Für Unternehmen, die Fortschritte bei der Nachhaltigkeit dokumentieren wollen, führt TÜV SÜD als unabhängiger Dritter Zertifizierungen nach anerkannten Standards durch. Dazu gehört auch die Validierungen von Product Carbon Footprints und Corporate Carbon Footprints nach ISO 14064 und 14067.
Digitalisierung und KI
Weitere Schwerpunkte der Investitionen seien Themen wie Cybersecurity und Künstliche Intelligenz. Der Schwerpunkt liegt hier auf der Entwicklung und Weiterentwicklung von Dienstleistungen im Umfeld der Digitalisierung. "Hier bieten wir beispielsweise Lösungen für den Schutz von Unternehmen und kritischen Infrastrukturen vor Cyberattacken, begleiten Hersteller aus dem Automobilbereich bei Pilotprojekten zum autonomen Fahren und bewerten als Notified Body die sichere Integration von Künstlicher Intelligenz in Medizinprodukten", berichtete Dr. Bussmann. Die Anwendung von Künstlicher Intelligenz wird nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden die Abläufe in vielen Branchen entscheidend verändern.