TÜV SÜD unterstützt den Teledriving-Anbieter Vay bei der Markteinführung seiner Technologie. Wie der Prüfkonzern in München mitteilte, habe man das Konzept des Berliner Start-ups geprüft und für die Einzelzulassung der Autos eine umfangreiche Begutachtung durchgeführt. Im Fokus dabei: Fahrzeugsicherheit, funktionale Sicherheit, Cybersicherheit und die Konnektivität über eine Funkverbindung.
Vay verfolgt einen fahrerlosen Mobilitätsansatz: Kunden bestellen einen Leihwagen, der sie – ferngesteuert – da abholt, wo sie sich gerade befinden. Nach der Ankunft des Autos fahren die Kunden selbst zum Ziel. Dort angekommen, übernimmt ein Telefahrer wieder das Steuer des Wagens.
Fabrizio Scelsi, Thomas von der Ohe und Bogdan Djukic hatten Vay 2018 gegründet, sie verstehen ihren Service als einen Zwischenschritt auf dem Weg zum autonomen Fahren. Als erstes Unternehmen planen die Berliner den kommerziellen Tele-Fahrbetrieb ohne Sicherheitsfahrer im Fahrzeug auf öffentlichen Straßen in Hamburg. Die Hansestadt hatte dem Anbieter in dieser Woche erst grünes Licht dafür für einen vorgegebenen Bereich gegeben.
"Die Idee von Vay hat uns von vornherein begeistert. Denn sie füllt quasi eine Lücke zwischen dem automatisierten Fahren und der Shared Mobility", erklärte TÜV SÜD-Projektleiterin Julia Kronberger, Basis für die Zulassungen sei das Dienstleistungspaket "AV-Permit", mit dem man weltweit die Entwicklung automatisierter Fahrzeuge begleite.
Im Rahmen von AV-Permit werden die Fahrzeugsicherheit, die funktionale Sicherheit nach ISO 26262 und die Cybersecurity, unter anderem entsprechend ISO/SAE 21434, überprüft, um regulatorische Lücken zu überbrücken. Mohamed Fares Abid, Engineer Automotive Cybersecurity bei TÜV SÜD, sagte: "Gerade auf der Cybersecurity liegt hier ein besonderes Augenmerk, weil das Fahrzeug komplett aus der Ferne gesteuert werden kann. Deswegen wurde der Kommunikationspfad zwischen dem Fahrzeug und der Teleoperation-Station von Vay im Rahmen ihrer Risikoanalyse als kritisch eingestuft."
Piloten an der Elbe
Bisher hat TÜV SÜD mehrere Vay-Pilotfahrzeuge für den Betrieb ohne Sicherheitsfahrer im Rahmen von Einzelabnahmen validiert. Zum Einsatz kommen Voruntersuchungen und Fahrzeugtests genauso wie umfangreiche dynamische Versuche, bei denen Fahrfunktionen in unterschiedlichsten Situationen real getestet werden. Dabei werde stets die einwandfreie und sichere Reaktion des Fahrzeugs geprüft, hieß es. Ein ausführlicher Sicherheitsreport zur operationalen und zur Cybersicherheit des Fahrzeugs soll dann die regulatorische Lücke für die Straßenzulassung schließen.
Der speziell geschulte Vay-Telefahrer sitzt in einer von sogenannten "Telefahrstation", einer nachempfundenen Fahrerkabine, einschließlich Lenkrad, Brems- und Gaspedal sowie einem Cockpit samt Bildschirmen, auf denen der Telefahrer den Verkehr rund um das ferngesteuerte Fahrzeug im Blick hat. Ferngesteuert wird über Funk. Dementsprechend haben die Prüfer besonders diese Verbindung und die aus einem Verbindungsabbruch oder einem Angriff von außen resultierenden Gefahren besonders im Blick.
Ein Beispiel: Reißt die vielfach gesicherte und redundante Funkverbindung doch einmal ab, fährt das Fahrzeug in den sogenannten betriebssicheren Zustand. Dazu erläuterte Vay-Mitgründer Scelsi: "Wir haben unsererseits umfangreiche Bedrohungs- und Risikoanalysen auf der Basis international anerkannter Industriestandards durchgeführt. Dazu gehörte beispielsweise auch die Manipulation der Funkverbindung zum Fahrzeug. Und etwa auch, dass der vordefinierte Sicherheitsbereich um das Auto immer eingehalten wird." Dazu kommen physische Tests zur Effektivität solcher Schutzmechanismen zum Einsatz. Am Ende steht, wie für die Fahrzeug- und die funktionale Sicherheit, auch für die Cybersecurity ein umfangreicher technischer Report von TÜV SÜD.