Vor 50 Jahren traf die legendäre Limousine Giulia von Alfa Romeo mit ihren klassischen Kurven mitten ins Herz aller Sportwagenfans. Vorgestellt wurde das Bertone-Coupé völlig unerwartet im nüchternen Ambiente der Frankfurter IAA. Dort, wo neben schönen Linien auch die Technik unter den Motorhauben zählte.
Wer nun denkt, eine schöne Italienerin in den Kleidern der Carrozzeria Bertone und deren jungem Chefdesigner Giorgetto Giugiaro war von vornherein auf eine erfolgreiche Premierenparty programmiert, sollte die ganze Sportschau des Frankfurter Autoherbstes 1963 im Blick haben. Immerhin stand das Giulia Coupé in Konkurrenz zu aufregenden Debütanten wie Porsche (901 bzw. 911), NSU (Wankel Spider), Mercedes (230 SL, Deutschland-Debüt), Facel Vega (Facellia), Karmann Ghia (1500 S), Glas (1300 GT) und fast einem Dutzend weiterer neuer Sportcoupés. Dennoch schaffte es der "Bertone" tatsächlich, in der Gunst von Publikum und Presse sofort zu einem Favoriten zu avancieren.
Die bereits bejubelten, kurz zuvor präsentierten großen Alfa-Coupés 2000 Sprint und 2600 Sprint hatten die Führung des Zeichenstrichs vorgegeben, aber mit der Giulia Sprint lieferte Giorgetto Giugiaro sein erstes Meisterwerk. Das übrigens nicht mehr wie frühere GT bei Bertone, sondern auf den neuen Alfa-Bändern in Arese montiert wurde. Ganz wichtig: Dank kraftvollem 1,6-Liter-Motor mit 78 kW/106 PS aus einer Doppelvergaser-Anlage konnte es der Alfa Romeo nominell sogar mit manchen Porsche aufnehmen und die meisten französischen und englischen Sportwagenrivalen auf Distanz halten.
Dabei war der soundstarke Vierzylinder lediglich die Vorhut einer ganzen Phalanx an noch schnelleren Veloce-Versionen und scharfen GTA-Racern. Hinzu kamen exklusive Zagato-Coupés und sonnenhungrige Gran Turismo Cabriolets von Touring. Alfa Romeos kompaktes 2+2-sitziges Coupé faszinierte die Couturiers von Beginn an ebenso wie alle Sportwagenfans. Für die Marke im Zeichen des Scudetto beste Basis für einen Aufstieg zu neuer Größe. Tatsächlich machte es die Typenfamilie 105 möglich, dass Alfa Romeo über ein Jahrzehnt lang als schärfster Konkurrent von BMW galt. Mit über 225.000 Einheiten hatte das bis 1976 gebaute Bertone-Coupé daran einen entscheidenden Anteil.
Alfetta GT markiert das Ende
Flotter und stärker war ab 1971 der Alfa Romeo 2000 GT Veloce, der mit einem modifizierten Scudetto im fein gerippten Kühlergrill vorfuhr. Die Bertone-Coupés waren nun auf dem Zenit ihrer Laufbahn angekommen. Trotz des andauernden Erfolgs der skulptural geformten Zweisitzer aus den Swinging Sixties, deuteten sich neue Design- und Techniktrends an. Keilform und Transaxle-Bauweise waren nun bei Alfa Romeo angesagt und so bedeutete die 1974 vorgestellte Alfetta GT das Ende der Giulia Coupés.
Gezeichnet hatte die Alfetta GT ebenfalls Giorgetto Giugiaro, jetzt aber nicht mehr in Diensten von Bertone, sondern als Chef seines eigenen Unternehmens "ItalDesign". Zwei Jahre wurden Alfetta und Bertone parallel verkauft, dann hatten sich die Tifosi der zweitürigen Giulia soweit bevorratet, dass die Alfetta GT die Nachfolge antreten konnte. Das Straßenbild jedoch bestimmten die überraschend zuverlässigen und robusten Giulia Sprint und GTV noch über ein Jahrzehnt. (sp-x)