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50 Jahre Alpina: Schnell mit Stil

20.07.2015 08:00 Uhr
Seit 50 Jahren veredelt Alpina BMW-Modelle.
© Foto: Alpina

Um einen starken BMW zu fahren, muss man sich nicht zwingend an die M GmbH wenden. Im beschaulichen Buchloe befindet sich ein Veredler, der sich seit 50 Jahren auf schnelle Sportwagen aus München spezialisiert hat.

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Angefangen hat alles mit einer Panne. Denn als sich Burkhard Bovensiepen in den frühen Sechzigern einen Weber Doppelvergaser für seinen Fiat 1500 aus Italien holen wollte, hat das Teil nicht einmal die Heimfahrt überstanden. Das muss doch auch anders gehen, hat sich der junge Mann aus dem Allgäu gedacht, sich einen zweiten Vergaser kommen lassen und in der Werkstatt der väterlichem Schreibmaschinenfabrik so lange an dem Teil gefeilt, bis es tatsächlich besser ging. Und es ging nicht nur besser, sondern es ging in seinem BMW 1500 so sogar so gut, dass er für das Tuningpaket den offiziellen Segen aus München bekam. Wer aus dem 80 PS starken 1,5-Liter-Motoor des kleinen Bayern partout ein Kraftpaket von 90 PS machen wollte, den schickten die BMW-Händler fürderhin zu Bovensiepen nach Buchloe und versprachen, dass die Werksgarantie unter der neuen "Vergaserfabrik" nicht leiden würde.

Das machte Bovensiepen so viel Mut, dass er 1965 mit zunächst acht Mitarbeitern seine eigene Firma gründet und sich ganz auf die Veredelung von BMW-Modellen verlegt. Damit beginnt vor 50 Jahren eine Partnerschaft, die in der PS-Szene bis heute ziemlich einzigartig ist. Denn obwohl Alpina in direkter Konkurrenz zur erst später gegründeten Werkstochter M GmbH steht, sind die Bande zwischen München und Buchloe eng und fest: Die Alpina-Autos werden auf BMW-Strecken getestet, in BMW-Fabriken von BMW-Mitarbeitern gebaut und weltweit fast ausschließlich über BMW-Händler verkauft. Und wo andere Tuner als allererstes das Markenzeichen des Herstellers vom Auto nehmen müssen, tragen die traditionell am liebsten in einem dunklen Blau oder einem noch dunkleren Grün lackierten Alpinas weiter stolz den weiß-blauen Propeller auf der Haube. Nur den Zündschlüssel ziert das eigene Logo, das neben den Ansaugtrichtern des ersten Doppelvergasers eine Kurbelwelle zeigt.

Aber die Allgäu-Connection funktioniert in beide Richtungen. Anfangs, als BMW noch keine eigene Motorsport GmbH hat, lassen die Münchner ihre Sport- und Rennprojekte in Buchloe entwickeln. Der legendäre 3.0 CSL zum Beispiel, dem BMW gerade mit einem Showcar bei der Villa d’Este ein Denkmal gesetzt hat, ist eine Idee von Burkhard Bovensiepen und wurde auch von ihm und seiner Mannschaft umgesetzt. Und selbst heute, wo sich BMW die eigenen Scharfmacher in Garching leistet, bauen sie in Buchloe zum Beispiel noch Rennmotoren für den Werkseinsatz und übernehmen immer mal wieder Entwicklungsprojekte für die Kollegen in München.

Allgäuer bedienen den US-Markt

Außerdem sorgt Alpina für Frieden in Amerika. Denn dort verlangt der Markt lautstark nach einem leistungsstarken Siebener, den die Zentrale in München aber partout nicht bauen mag. Also springen die Allgäuer in die Bresche und entwickeln vor allem für den US-Markt einen B7, an dessen Lastenheft die amerikanischen BMW-Kollegen eifrig mitschreiben. Kein Wunder, das nur ein paar Tage nach der Münchner Vorpremiere des neuen Siebeners im Allgäu gerade die entsprechenden Prototypen der Luxuslimousine gesichtet wurden.

Weil die Bovensiepens wissen, wie einzigartig diese Verbindung ist und wie sehr der Erfolg von Alpina davon abhängt, lässt Juniorchef Andreas, der die Firma mittlerweile mit seinem Bruder Florian führt, keine Gelegenheit ungenutzt, den guten Draht nach München zu loben und die enge Abstimmung zu betonen, die zwischen Alpina und BMW erfolge. Neue Modelle zum Beispiel würden grundsätzlich gemeinsam besprochen, sagt Bovensiepen. Und natürlich sei die Marschrichtung der Alpina-Modelle eine andere als bei der M GmbH: "Wir wollen keine besseren M3 oder M5 bauen, sondern einen schnelleren BMW." Nicht umsonst basiere ein Alpina immer auf dem stärksten Serienmodell und nie auf einem Auto der M GmbH. Während die werkseigene Sportabteilung ihre Autos vor allem auf die Rennstrecke fokussiere, baue Alpina schnelle Autos für lange Strecken. "Unsere Kunden wollen keine Rekordrunden auf dem Nürburgring, sondern die schnellsten auf der Autobahn sein," umreißt Bovensiepen den Unterschied, der sich auch im dezenteren Design und der feineren Ausstattung zeige. Darin vergleicht sich Alpina am liebsten mit englischen Nobelmarken und lässt sich deshalb als Bentley aus Bayern feiern.

Das vornehme Understatement und die Konzentration auf die Autobahn – das war nicht immer so. Im Gegenteil: Ab 1968 engagagiert sich Alpina mit eigenen Werksteams im Motorsport und räumt mit Fahrern wie dem jungen Niki Lauda, dem späteren Weltmeister James Hunt, mit Jacky Ickx und Hans-Joachim Stuck so ziemlich alles ab, was man gewinnen kann – vom Tourenwagen-Europapokal über alle deutschen Meisterschaften bis hin zu diversen 24-Stunden-Rennen.

Aurf Veredelung fokussiert

Zwar kamen die Allgäuer 1987, 2009 und 2012 noch einmal kurz zurück. Doch im Grunde ist der Motorsport seit 1987 Geschichte. Stattdessen hat sich Alpina weitgehend auf die Veredelung von Serienfahrzeugen fokussiert und dabei mittlerweile ein relativ breites Portfolio aufgebaut. Denn neben dem vor allem für den US-Markt entwickelten B7 mit zuletzt 540 PS gibt es auf Basis aller drei Sechser-Varianten einen B6 mit 600 PS, es gibt den Fünfer als 600 PS starken B5 und mit einem 350 PS starken Diesel im D5 sowie den Dreier und Vierer als Benziner mit 410 und als Diesel mit 350 PS. Selbst dem X3 haben sie in Buchloe Beine gemacht und verkaufen ihn als XD3 mit 350 PS.

Was diese Modelle auszeichnet, ist nicht nur die technische Reife und die Finesse, mit der sie ausgeschlagen sind. Sondern es ist vor allem das Tempo, das sie erreichen können. Denn weil Alpina es ernst meint mit der Raserei auf linken Spur, sind die Autos alle vollgasfest und viel, viel schneller als jedes M-Modell. Wenn zum Beispiel selbst der mit dem „Drivers Package“ entriegelte M6 bei 305 km/h endgültig in den Begrenzer fährt, rast ihm der B6 mit 330 km/h ganz locker davon.

Das kommt bei den Schnellfahrern mit Stil offenbar bestens an. Nicht umsonst hat Alpina mit aktuell etwa 200 Mitarbeitern seit der Gründung 1965 rund 20.000 Autos verkauft und allein im letzten Jahr mit 1.700 Fahrzeugen so viele Aufträge wie noch nie zuvor abgewickelt.

Burkhard Bovenspiepen kann das manchmal noch immer nicht so recht glauben: "Automobilbegeistert war ich von Kindesbeinen an", erinnert sich der Firmengründer und hält die Entwicklung der "Alpina Anlage" deshalb für einen ersten, logischen Schritt. "Aber dass Alpina eine derartige Geschichte schreiben würde, konnte ich damals nicht vorhersehen." (sp-x)


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