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Fahrbericht Hyundai Ioniq 6: Sieht der nur merkwürdig aus oder fährt der sich auch so?

30.06.2023 06:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
© Foto: Michael Blumenstein

Mit dem Hyundai Ioniq 6 stellen die Koreaner einen Design-Akzent im Automobil-Einerlei auf die Räder: elektrisch, windschnittig, reichweitenstark. Wie fährt sich die Limousine mit 325 PS, Allradantrieb und 77-kWh-Akku?

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Wenn es um Elektromobilität geht, ist Hyundai vorn dabei. Aber nicht nur dann. Denn auch beim Thema Wasserstoff haben sie – neben Toyota als einzige – mit dem Hyundai Nexo einen Brennstoffzellen-Pkw im Angebot. Und das nicht erst seit gestern. Zurück zu den batterieelektrischen Hyundai-Modellen. Da haben uns bereits der Kona und der erste Ioniq überzeugt, wenngleich es bei den Modellen noch mit der Ladeperformance haperte. Das schnarchige DC-Laden hat Hyundai mit dem 800-Volt-Bordnetz beim Hyundai Ioniq 5 längst gelöst. Hier fließt der Kraftstoff der Stromer rasant. Das war ein Grund, vor rund 1,5 Jahren einen Ioniq 5 als Firmenwagen in die Redaktion zu holen, der aktuell knapp 40.000 Kilometer gefahren wurde und nochmal die gleiche Zeit bei uns bleiben wird. Erfahrungen sammelten wir zuvor mit einem Testwagen und sind mit dem unter anderem auf die Dienstreise nach Italien gegangen. Hier geht es zum Video.


Hyundai Ioniq 6 AWD

Hyundai Ioniq 6 schraeg von vorn stehend im Hafengebiet in Mainz Bildergalerie

Nicht ganz überzeugend ist der Ioniq 5 beim Thema Stromkonsum. Vor allem im Vergleich zum Ioniq und dem Kona übertreibt es der große Ioniq 5 etwas, was auch seinem bescheidenen CW-Wert von 0,29 geschuldet ist. Genau diese Kerbe wetzt jetzt der Hyundai Ioniq 6 aus. Dass er windschnittig ist, sieht man ihm an. Und das Design spaltet die Lager. Die einen finden es cool, die anderen eher weniger. Hyundai ist sich dessen bewusst und vermutet, dass sich der Ioniq 6 nur in etwa halb so gut verkaufen wird wie der Ioniq 5. Rund 6.000 Exemplare sollen es von der neuen Limousine in 2023 werden. Das Ziel ist durchaus erreichbar, wenn man berücksichtigt, dass Hyundai in 2022 in Deutschland knapp 31 Prozent aller Fahrzeuge als reine Elektroautos verkaufte.

Der Ioniq 6 wird seine Käufer finden, ohne Zweifel. Die Technik ist mittlerweile etabliert, das 800-Volt-Bordnetz lädt mit recht konstant hoher Leistung, wenngleich die 200-kW-Peaks Seltenheitswert haben. Dennoch: nach rund 30 Minuten ist der zuvor leere Akku fast vollständig geladen. Die letzten Prozent lässt man eh aus, denn im Verhältnis in etwa so lang wie beim Bier. Das Pils braucht bekanntlich sieben Minuten. Sechs davon für die perfekte Krone. Auf diese verzichten wir gern, denn der 77 kWh-Akku schafft auch ohne die letzten Prozente genug Meter, um E-Mobilisten glücklich zu machen. Großen Anteil am niedrigen WLTP-Verbrauch von 14 – 15 kWh pro 100 Kilometer hat die Aerodynamik. Kein Wunder also, dass der Ioniq 6 so speziell aussieht. 0,21 lautet der Bestwert.

Hyundai Ioniq 6 fahrend in der Seitenansicht vor Schloss Biebrich in Wiesbaden
© Foto: Michael Blumenstein

Ein wenig merkt man die äußere Gestaltung auch im Innenraum. Platz ist vorhanden, besonders viel für die Beine der Fondinsassen. Die hocken jedoch etwas „froschig“ auf der zu flach modellierten Sitzbank. Vorn sitzt man recht hoch – vor allem auf den elektrisch verstellbaren Sitzen. Macht nichts, Reisen sind dennoch gut machbar – auch zu viert. Zumindest solange man aufs Gepäck achtet. 400 Liter sind eher ein guter Wert in der Kompaktklasse und in der Mittelklasse unterdurchschnittlich. Aber auf Verzicht stellen sich E-Mobilisten ja gern ein – zwinker zwinker.

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Am Volant freut man sich über eine saubere Abstimmung des straffen Fahrwerks. Kein Poltern, kein Klackern, sauber federnd geht es über üblen Fahrbahnbelag hinweg und man weiß, was unter einem passiert. Dass sich während der Fahrt aus den Lautsprechern andauernd etwas piepend zu Wort meldet, nervt. Alles ist aber nach einigem Suchen abstellbar – dauerhaft. Besser genutzt werden die aufpreispflichtigen Bose-Lautsprecher für die passende Begleitmusik. Klingt besser, nervt weniger und bringt – je nach Genre – sogar noch mehr Entspannung ins Auto. Entspannt ist man nämlich unterwegs, auch auf der Autobahn, auf der die Doppelverglasung hilft, auch bei Tempo 150 die Geräusche zu unterdrücken. 150 mit einem E-Auto? Fühlt sich im Ioniq 6 gut an, auch wenn man die Verbrauchs- und reichweitenanzeige im Auge behält. Ein echter Test muss zeigen, wie viel Energie sich der Ioniq 6 auch bei Schnellfahrt gönnt. Er könnte also sehr gut als Vertriebler-Stromer fungieren. Lange Fahrzeiten stehen kurzen Ladezeiten gegenüber und man ist nicht zwingend ein Schleicher mit Tempo 130.

Verzichten sollte indes jeder auf die elektronischen Spiegel. Die gibt es ausschließlich in der Topversion, die per se gut 64.000 Euro kostet. Für die dürren, weit rausragenden Ärmchen kommen nochmal 1.300 Euro (alles brutto) hinzu. Der Vorteil der Kamera-und-Display-Lösung? Wir suchen ihn noch. Wenigstens einen. Die Nachteile: Die Entfernung nach hinten kann man kaum mehr abschätzen, LED-Scheinwerfer des rückwärtigen Verkehrs flimmern schonmal, die Breite des Fahrzeugs ist nahezu identisch und wenn der Spiegel doch mal abgefahren wird, wird es richtig teuer. Ach ja, an die andere Blickrichtung beim Blick in den Spiegel gewöhnt man sich sicher – irgendwann. Denn die zwei Displays sind auf dem Armaturenbrett platziert.

Da wir gerade am Meckern sind: Apple Carplay und Android Auto funktionieren noch immer nur mit Kabel. Das können Kleinstwagen mittlerweile besser, da muss Hyundai endlich mal die Lizenzgebühren zahlen und aufrüsten. Auch ist es unlogisch, dass es keine Hometaste bei den Stationstasten gibt und die Favoritentaste nicht als solche belegt werden kann. Wer im Carplay-Menü ist, sucht das „Häuschen“ vergebens und drückt erst einmal wild in ein anderes Menü.

Hyundai Ioniq 6 Innenaufnahme fahrend mit Cockpitansicht
© Foto: Thorsten Weigl

Wünschenswert wäre – bei solch einem Ladeperformer – eine 22-kW-Lade-Option. Steht nicht nur Audi, Renault und Nissan gut, sondern würde auch zu Hyundai passen. Das Ladekabel passt beim Allradmodell nicht in den Frunk (der kleine Kofferraum unter der Motorhaube), der schrumpft auf Minimal-Größe. Allrad benötigen wohl eh nur die wenigsten Kunden. Viele wollen ihn dennoch. Laut Hyundai entscheiden sich rund 30 Prozent für den Allrad und damit auch stärksten Antrieb. Die 325 PS sind (ebenfalls) überflüssig. Die beste Version für viele Langstreckenfahrer ist der große Akku (77 kWh) mit Heckantrieb und 220 PS. Günstiger, auch schnell, sparsamer und großer Frunk vorhanden. Für viele würde wohl auch der kleine 53-kWh-Akku reichen, aber der Aufpreis von 5.000 Euro für 24 kWh ist (eventuell) verschmerzbar – das sehen wohl auch 72 Prozent der Ioniq-6-Kunden so, die das große Batteriepaket wählen.

LED-Matrixlicht gibt es beim Ioniq 6 – endlich. Im Ioniq 5 vermissen wir es sehr, denn die Standard-LED-Scheinwerfer taugen nichts. Eine ähnliche Erfahrung machten wir beim Hyundai Staria: hier geht es zum Video. Daher klare Empfehlung beim Ioniq 6: Matrix-LED-Scheinwerfer. Das bedingt jedoch das „Techniq-Paket“ für saftige 8.200 Euro. Prost. Günstig ist Hyundai schon lange nicht mehr. Doch immerhin startet die Basisversion bei 44.000 Euro – das schaffen viele E-Chinesen nicht. Zudem gibt es beim Ioniq 6 eine Acht-Jahre-Garantie ohne Kilometerbegrenzung. Doch Obacht: Beim Akku endet diese bei 160.000 Kilometer. Aus Unternehmenskreisen ist zu hören, dass ab 2024 bei Neuverkäufen sogar die Wartung im Kaufpreis inkludiert sein könnte. Für welche Zeitdauer, konnten wir noch nicht erfahren. Aber das wäre ein weiteres überzeugendes Argument für den „schnittigen“ Ioniq 6.

 


Testwagenpreis: 67.290 Euro (brutto)
Permanentmagnet-Synchron-E-Motor | 239 kW/325 PS | 605 Nm
5,1 s | 185 km/h | WLTP: 15,1 (18 Zoll-Räder)
Ladeleistung: AC 11 kW | DC 240 kW (800-Volt-Bordnetz)
Abmessungen: 4.855 x 1.880 x 1.495 mm
Kofferraumvolumen: 401 Liter + 15 Liter Frunk
Leergewicht: 2.100 Kilogramm
Versicherung: KH: 19 | TK: 23 | VK: 29
Wartung: jährlich/15.000 km
Garantie: 8 Jahre | 8 Jahre/160.000 km auf Akku



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