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40 Jahre Tipo-4-Flaggschiffe von Alfa, Fiat, Lancia und Saab: Trolle in Turin

02.02.2025 06:20 Uhr | Lesezeit: 2 min
Mit dem weltweit ersten in Großserie gebauten Diesel-Direkteinspritzer setzte der Fiat Croma einen technologischen Meilenstein.
© Foto: Fiat Stellantis

Not macht erfinderisch: 1985 teilten sich ein Viertürer mit Ferrari-Power, ein sportlicher Schwede, ein großes Familienauto vom Kleinwagengiganten und eine elegante Limousine aus Mailand ihre Gene.

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Vor 40 Jahren fuhr der furios schnelle Saab 9000 Turbo allen vergleichbaren süddeutschen Premium-Platzhirschen davon, und er brachte als charismatischer Businessliner "made by Trolls in Trollhättan" (Werbeslogan) die billigeren, aber meist gesichtslosen großen japanischen Limousinen zumindest in Europa in Bedrängnis. Vor allem aber führte das charakterstarke Saab-Spitzenmodell die Automobilsparte des skandinavischen Flugzeugbauers aus dem dunklen Tal einer Finanzkrise in sonnige, gewinnversprechende Höhen.

Doch zuvor musste Trollhättan eine Herausforderung meistern: Wie die Konstruktionskosten des Saab 9000 stemmen? Die Antwort lautete: Ein Joint-Venture mit den Italienern finden, denn auch bei Lancia, Fiat und Alfa Romeo fehlten um 1980 die Budgets, um ihre Ladenhüter Gamma (Lancia), Argenta (Fiat) und Alfa 6 zu ersetzen. Und so kam es zu einer Kooperation, wie sie die Autowelt noch nicht gesehen hatte. Ein schwedischer und drei italienische Hersteller einigten sich in Turin auf das Projekt Tipo 4: die neuen Flaggschiffmodelle Saab 9000, Lancia Thema, Fiat Croma und Alfa 164.

Chic der Volvo-Coupés made in Italy

Automobile in italienischer Alta Moda waren in Schweden schon immer erfolgreich. Spätestens seit Pelle Petterson Ende der 1950er Jahre bei der Carrozzeria Frua den legendären Sportwagen Volvo P1800 in mediterrane Formen hüllte, begeisterten sich die Nordeuropäer für den Chic der Volvo-Coupés made in Italy.  Auch die Volumenmodelle von Fiat, Lancia, Alfa oder Autobianchi erzielten in Schweden respektable Verkaufszahlen, obwohl sie oft nicht robust genug für den langen skandinavischen Winter waren. Warum also nicht von der Eis- und Schnee-Expertise des mehrfachen nordischen Rallye-Champions Saab profitieren, fragten sich die Produktstrategen von Autobianchi und Lancia.

Saab wiederum wollte sein Produktportfolio für den Heimatmarkt erweitern, und so verkauften die Schweden ab 1974 den schicken Miniflitzer A112. Im nächsten Schritt wurde der kompakte Lancia Delta zum Saab 600 transformiert und 1980 als Nachfolger des Klassikers Saab 96 vorgestellt. Gleichzeitig vereinbarten Saab und Lancia in Turin die Entwicklung der Spitzenmodelle Saab 9000 und Lancia Thema auf einer gemeinsamen Frontantriebsplattform.

Aus zwei Partnern wurden drei

Aus zwei Partnern wurden drei, als der Lancia-Mutterkonzern Fiat mit dem frontgetriebenen Modell Croma einen Neuanfang in der oberen Mittelklasse wagte. Und 1984 war das vierblättrige Kleeblatt komplett: Alfa Romeo – vorläufig noch unabhängig von Fiat, aber bereits tief in den roten Zahlen – gelang es, mit dem Alfa 164 einen eleganten Nachfolger für den kaum verkauften Transaxle-Typ Alfa 6 auf die Räder zu stellen. Trotz identischer Grundarchitektur und vieler Gleichteile – erkennbar etwa an den Vordertüren von Saab, Fiat und Lancia – besaßen die vier Tipo-4-Fahrzeuge jeweils markentypische Charakterzüge. So avancierte der 1987 eingeführte Alfa 164 zu einer zeitlosen Designikone mit geradlinigen Pininfarina-Konturen, die bis 1998 rund 270.000 Käufer fand und später als automobiler Filmstar in Fernsehserien wie "Wilsberg" ihre Karriere fortsetzte.

Italienische Leichtigkeit prägte auch die drei weiteren Tipo-4-Entwürfe, die alle den Grundlinien einer von Giorgetto Giugiaro entworfenen Karosserie folgten, sich aber im Innenraum deutlich unterschieden. Selbst dort wollte Saab nicht auf italienischen Einfluss verzichten, und so beauftragte Trollhättan den Turiner Stardesigner Aldo Sessano mit dem Entwurf einer elegant und raffiniert ausgestatteten Sicherheitskabine, wie sie beim nüchtern denkenden Saab-Konkurrenten Volvo zunächst undenkbar war.

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Auch unter der Motorhaube überraschten die vier Tipo 4 mit höchst unterschiedlichen Technologien, die sich aber alle einen Platz in den Geschichtsbüchern des Automobils sicherten. Sei es der erste drehmomentstarke Turbo-Vierzylinder, der es mit V8-Aggregaten aufnehmen konnte und in Talladega/USA zahlreiche Weltrekorde aufstellte (Saab 9000) oder aber die erste viertürige Limousine mit Ferrari-Motor (Lancia Thema 8.32). Technologische Meilensteine setzten Fiat mit dem ersten Diesel-Direkteinspritzer (Croma 1.9 TD i.d.) und Alfa Romeo mit dem 164 ProCar, der als Mittelmotor-Prototyp von einem reinrassigen Formel-1-Zehnzylinder befeuert wurde.

Aber auch als 164 Q4 mit permanentem Allradantrieb und 171 kW/232 PS leistendem 24-Ventil-Triebwerk setzte der Alfa Akzente als bis dahin stärkstes Straßenmodell der Marke, die 1986 von Fiat geschluckt worden war. Der neue Firmensitz Turin hatte sich bereits im frühen internen Codenamen des Alfa 164 angedeutet: „Alberto“, ein Akronym aus Alfa, Berlina und Torino.


40 Jahre Tipo-4-Flaggschiffe von Alfa, Fiat, Lancia und Saab

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Fiat führte Alfa Romeo vorerst gemeinsam mit Lancia in der neu gegründeten Division Alfa-Lancia Industriale S.p.A. Tatsächlich wurde der bereits 1984 lancierte Lancia Thema nun zusätzlich im Alfa-Romeo-Werk Arese gebaut, ein Horrorereignis für viele Alfisti. Immerhin signalisierte der sensationell verkaufte Thema das Erfolgspotenzial der Tipo-4-Modelle. Europaweit überzeugte der Lancia als stilvolle Understatement-Alternative zu BMW, Mercedes, Citroen CX/XM oder großen Rover- und Renault-Modellen. Sogar als präsidiale Staatslimousine mit langem Radstand legte Lancia den Thema auf, hinzu kam ein extravaganter Kombi aus der Carrozzeria Pininfarina und der erste "Lancia by Ferrari" mit einem Motor aus dem Ferrari 308 Quattro Valvole. Knapp 4.000 Enthusiasten begeisterten sich für diesen ersten Viertürer mit Maranello-Antrieb.

Croma als preiswertes Familienauto

Fiat hingegen positionierte den fünftürigen Croma als preiswertes Familienauto mit großzügigem Raumangebot und konnte so bis Ende 1996 immerhin 450.000 Fahrzeuge absetzen. Dann übernahmen Vans wie der Fiat Ulysse die Rolle des Familientransporters und der Croma reihte sich rasch in die Liga der vergessenen Alltagshelden. „Saab pur“, lobte die Presse die Fließhecklimousinen vom Typ 9000, die ab Anfang 1985 in Deutschland verkauft wurden und zwei Jahre später durch die Stufenheckversion 9000 CD ergänzt wurden.

Saab hatte seinen Tipo 4 von Anfang an mit einem aufwendigeren Fahrwerk, einer steiferen Karosserie und fortschrittlicher Sicherheitstechnik ausgestattet. Investitionen, die sich für Hersteller und Kunden auszahlten: Als einziges Tipo-Modell knackte der Saab 9000 die Marke von einer halben Million Einheiten – und in Schweden taucht der robuste Typ bis heute im Straßenbild auf. Dagegen brillieren die wenigen überlebenden Alfa 164 und Lancia Thema auf Klassiker-Veranstaltungen als Beispiele für stilsichere und technologieverliebte italienische Businessliner, die einst als Kultautos für Freiberufler und Kreative in fast allen großen europäischen Märkten reüssierten: Die für 2026 erwarteten neuen Modelle Alfa Stelvio und Lancia Gamma werden sich daran messen lassen müssen.

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