Volkswagen muss wegen des Abgas-Skandals in den USA voraussichtlich bis zu 14,7 Milliarden Dollar (13,3 Milliarden) zahlen. Ein entsprechendes Paket sieht Rückkäufe, Entschädigungen und Strafen vor. Das geht aus einem Dokument hervor, das US-Kläger am Dienstag bei einem Gericht in San Francisco einreichten. Die Wolfsburger verpflichten sich demnach, Hunderttausende von der Affäre betroffene Dieselwagen in den USA zurückzukaufen oder umzurüsten. In dem Gesamtbetrag soll auch eine Zahlung von 2,7 Milliarden Dollar an einen Fonds enthalten sein, mit dem Umweltprojekte gefördert werden sollen. Außerdem soll VW 2 Milliarden Dollar in Infrastruktur zur Reduzierung von Emissionen investieren.
Der Vergleich ist noch nicht rechtskräftig. Zunächst muss US-Richter Charles Breyer dem Entwurf zustimmen. Bei ihm sind Klagen in den USA gebündelt. Bis zum Dienstag mussten der Konzern und die Gegenseite dort einen Vorschlag vorlegen. Breyers endgültige Entscheidung wird für Ende Juli erwartet. Danach haben Kläger die Möglichkeit, das Vergleichsangebot anzunehmen. Am Nachmittag (MESZ) wollen sich außerdem in Washington Vertreter des US-Justizministeriums und der Umweltbehörde EPA zur Einigung äußern.
Der VW-Konzern hatte nach Vorwürfen des US-Umweltamtes EPA zugegeben, in großem Stil bei Abgastests getrickst zu haben. Insgesamt hat VW bislang gut 16 Milliarden Euro (aktuell 17,6 Milliarden US-Dollar) für die Folgekosten der Manipulationen zurückgelegt. Dabei geht es aber nicht nur um die Probleme in Amerika - weltweit sind elf Millionen Wagen betroffen. Im April hatte VW bereits eine Grundsatzeinigung mit Klägern in den USA erzielt, nun folgte die genaue Ausgestaltung.
Für Volkswagen ist der Abgas-Skandal noch lange nicht ausgestanden. Es drohen Milliardenklagen von Anlegern wegen angeblicher Marktmanipulationen. Außerdem sind die Rückrufe der betroffenen Wagen noch nicht abgeschlossen.
Verbraucherzentralen dringen auf Entschädigung deutscher VW-Kunden
Die Verbraucherzentralen dringen auch auf Entschädigungen für betroffene Kunden in Deutschland. Sehr hohe Zahlungen in den USA zeigten, dass das dortige Rechtssystem Betrügereien und Tricksereien hart bestrafe, sagte der Chef des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv), Klaus Müller, am Dienstag der Deutschen Presse-Agentur. Leider lehne Volkswagen eine Entschädigung europäischer Verbraucher weiterhin ab. "Auch in Deutschland haben wir offenkundig Kunden zweiter Klasse." Die Bundesregierung müsse sich konsequent für Verbraucherbelange einsetzen, damit betroffene Kunden angemessen entschädigt werden.
Die Abgas-Affäre hatte VW in eine schwere Krise gestürzt und im vergangenen Jahr für den größten Verlust der Konzerngeschichte gesorgt. Volkswagen hat auch als Reaktion auf die Krise inzwischen eine neue Strategie vorgelegt. In der neuen "Strategie 2025" hatte VW-Chef Matthias Müller angekündigt, die Elektromobilität massiv auszubauen. Darüber hinaus will er Milliarden für neue Mobilitätsdienstleistungen wie Carsharing investieren.
US-Vergleich zehrt Rückstellungen fast auf
Der Vergleich in den USA könnte den VW-Konzern einen Großteil seiner bisher erfolgten Rückstellungen von 16,2 Milliarden Euro kosten. Damit machen die bisher bezifferbaren Posten in den USA schon gut 80 Prozent des gesamten Krisen-Finanzpolsters aus. Laut aktuellem Stand haben die Wolfsburger die 16,2 Milliarden Euro für die schon absehbaren globalen Kosten wie folgt veranschlagt: Auf "Feldmaßnahmen" entfallen 7,8 Milliarden Euro. Damit gemeint sind Servicemaßnahmen und Rückrufe, aber auch mögliche Rückkäufe. Auf "Rechtsrisiken" entfallen 7,0 Milliarden Euro. Der Konzern sieht sich in den USA, aber auch in Europa, mit milliardenschweren Klagen konfrontiert. Vieles dabei dürfte erst in Jahren feststehen. "Wertminderungen von Vermögenswerten" machen 0,8 Milliarden Euro aus. Dabei könnte es sich etwa um die vielen neuen Diesel-Wagen handeln, für die in den USA seit Monaten ein Verkaufsstopp gilt. Auf "Vertriebsprogramme" im Zusammenhang mit dem Skandal entfallen 0,6 Milliarden Euro. Gemeint sind damit Rabattaktionen oder Werbung.
Bereits im Herbst hatte Volkswagen gut 6,7 Milliarden Euro für "außergewöhnliche Belastungen aus der Dieselthematik" zurückgestellt. Dieser Posten ist in den nun aufgestockten 16,2 Milliarden Euro enthalten und galt damals vor allem für die Rückrufkosten in Europa. Auf den Heimatkontinent entfällt mit rund 8,5 Millionen betroffenen Wagen der Großteil der weltweit 11 Millionen manipulierten Autos. (dpa)