Die Datenmanagement-Plattform Caruso, die der freie Aftermarket als Gegengewicht zu den digitalen Geschäftsmodellen der Fahrzeugindustrie ins Leben rufen will, soll bis Mitte nächsten Jahres arbeitsfähig sein. "Wir werden dann in der Lage sein die ersten Business Cases über Caruso abzubilden, Daten industriell zu verknüpfen und dann dies auch abzurechnen", erklärte Alexander Haid, Projektleiter Caruso, anlässlich des GVA-Kongresses am Mittwoch in Hannover. Derzeit wird Caruso als Projekt maßgeblich von dem Datenlieferanten TecAlliance vorangetrieben. Geplant ist jedoch die Gründung einer eigenständigen Gesellschaft. Als Anteilseigner werden zunächst die Gesellschafter von TecAlliance hinter Caruso stehen, also vor allem die Unternehmen der Kfz-Teileindustrie aber auch der Teilehandel, vertreten durch den Gesamtverband Autoteile-Handel (GVA).
Caruso sei aber offen für weitere Partner, die ihre Daten auf die Plattform bringen wollen sowie für potenzielle Investoren, betonte Haid. Wer die technische Basis für den Betrieb der Plattform liefern wird, ist noch offen. Derzeit seien vier Technologielieferanten in der engeren Auswahl, unter anderem Bosch. Noch laufe die Bewertung der Angebote mit Hilfe neutraler Unterstützung durch das Fraunhofer-Institut.
Die Idee hinter Caruso: Es geht um die Schaffung einer neutralen Datenplattform, in die Unternehmen des unabhängigen Aftermarket (IAM) Daten einspeisen. In erster Linie geht es um Daten aus Fahrzeugen, die bereits über eine digitale Datenverbindung verfügen. Auf dieser Basis sollen neue Geschäftsmodelle aufgebaut werden, die der freie Servicemarkt dann unabhängig von markengebundenen Werkstätten anbieten könnte. GVA-Präsident Hartmut Röhl betonte, dass der diskriminierungsfreie Zugang zu den im Fahrzeug erzeugten Daten eine Überlebensfrage für die Unternehmen des IAM sei. Ziel sei der direkte Zugang über eine noch zu definierende offene Telematikplattform (OTP) im Auto.
Noch nicht geklärt ist allerdings, welche Datenquellen im Fahrzeug überhaupt nutzbar gemacht werden können. Bisher hat der IAM keinen definierten Zugriff auf diese Daten. Eine gesetzliche Regelung hierzu steht noch aus. Die Fahrzeughersteller übertragen bereits heute proprietäre Daten über die im Auto verbaute SIM Karte auf ihre eigenen Server und beanspruchen diese hoheitlich für sich.
Es sei nicht hinnehmbar, dass Daten erst von den Automobilherstellern gefiltert würden und auf diese Weise eine digitale Abhängigkeit von der Automobilindustrie als Gatekeeper entstehe. Ein solches Modell mit dem Arbeitstitel "Extended Vehicle" favorisiert derzeit die Fahrzeugindustrie. Man werde sich daher weiter in Brüssel für eine wettbewerbsneutrale gesetzliche Regelung einsetzen, die den direkten Datenzugriff erlaube - ohne den OEM als Filter, versprach Röhl den über 250 Teilnehmern des Kongresses. (diwi)