Elektro-Tretroller können bald in deutschen Städten starten. Der Bundesrat machte am Freitag den Weg für eine Zulassung sogenannter E-Scooter mit maximal 20 Kilometern pro Stunde (km/h) im Sommer frei – änderte aber wichtige Sicherheitsregeln: Fahrer müssen mindestens 14 Jahre alt sein und Radwege nutzen, auch wenn sie auf langsameren Modellen unterwegs sind. Gehwege bleiben für die neuen Gefährte zum Schutz von Fußgängern tabu. Die Bundesregierung will die Änderungen nun zügig umsetzen, nötig ist noch ein Kabinettsbeschluss.
Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Wichtig war, dass wir eine schnelle und – für alle Verkehrsteilnehmer – gute Einigung erzielt haben." E-Rollerfahrer dürften sich freuen: "Noch vor der Sommerpause geht's für sie nun endlich richtig los." Der Bund will dafür auf Sicherheitsbedenken der Länder eingehen. Ursprünglich war in der Verordnung vorgesehen, dass langsamere E-Tretroller in Schrittgeschwindigkeit auf Bürgersteigen fahren sollten. Sie sollten mit einem Maximaltempo von unter zwölf km/h auch schon für Zwölfjährige erlaubt werden. Beides ist nun vom Tisch.
Die neuen E-Roller sollen insbesondere für kurze Strecken etwa von der Bushaltestelle ins Büro oder zum Geschäft ein paar Straßen weiter ein neues Angebot sein. Sie sind in der Regel kleiner und leichter als Fahrräder, oft lassen sie sich auch zusammenklappen. Anbieter von Leih-Rollern stehen in größeren Städten schon in den Startlöchern. Auch in ICEs und Intercitys sollen die Gefährte nach Angaben der Bahn kostenlos an Bord – zusammengeklappt unter oder über dem Sitz.
Allerdings gibt es weiterhin auch viele Bedenken, was Sicherheit, Ärger mit Radfahrern und Umweltaspekte angeht. Forderungen, die Gefährte erst ab 15 Jahren zu erlauben, fanden im Bundesrat keine Mehrheit. Einen Helm müssen die Fahrer nicht tragen, sie brauchen auch keinen Führerschein. Anders als Fahrräder sollen die neuen Gefährte versicherungspflichtig sein, dafür soll es einen Aufkleber geben. Fahren sollen die Tretroller in der Regel auf Radwegen oder Radfahrstreifen – gibt es keine, darf die Fahrbahn genutzt werden.
"Richtig unbequem und gefährlich"
Fußgängervertreter und Verkehrssicherheitsexperten waren gegen eine Nutzung von Gehwegen Sturm gelaufen. Aber auch viele Radfahrer sind nun nicht begeistert von der Aussicht, sich ihre Wege künftig mit E-Tretrollern zu teilen. "Wir sagen: Doppelt so viel Platz und hohe Wegequalität für den Radverkehr, dann klappt's auch mit dem gemeinsamen Fahren von Fahrrädern, Pedelecs und E-Scootern", sagte der Bundesgeschäftsführer des Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Clubs ADFC, Burkhard Stork. Radwege seien ohnehin oft schlecht, holprig oder gar nicht vorhanden. Für E-Scooter mit kleineren Rädern und hoher Beschleunigung sei das "richtig unbequem und gefährlich".
Umweltschützer sehen die elektrischen Flitzer als Baustein einer Verkehrswende, fordern aber eine größere Debatte darüber, welchen Raum welches Verkehrsmittel bekommt: "Wer Verkehrsmittel abseits des Autos stärken oder neu etablieren will, muss ihnen zusätzlichen Raum geben. Und dieser Raum muss dafür dem Autoverkehr entzogen werden", sagte etwa BUND-Verkehrsexperte Jens Hilgenberg. Zudem sieht er Verleihsysteme kritisch: Erfahrungen aus anderen Städten zeigten, dass dort viele Roller "offenbar bereits nach drei Monaten ausgetauscht und verschrottet werden".
Chaos wie mit dem mobilen Verleih von Fahrrädern, der in vielen Städten Ärger macht, wollen die Kommunen diesmal vermeiden. Die Räder standen und stehen teils kreuz und quer auf Bürgersteigen oder liegen kaputt herum. Städtetags-Hauptgeschäftsführer Helmut Dedy hatte betont, dass Fahrzeuge unterschiedlicher Anbieter gebündelt werden müssten, wo öffentlicher Platz knapp sei. Dafür könnten die Städte dann Sondergenehmigungen für öffentliche Parkflächen aussprechen.
TÜV-Verband empfiehlt einen Helm zu tragen
"Der TÜV-Verband begrüßt die Entscheidung des Bundesrates, Elektro-Tretroller auf Straßen und Wegen zuzulassen. Jetzt muss die Verordnung zügig umgesetzt werden. E-Scooter sind eine wichtige Ergänzung im städtischen Verkehr. Laut einer repräsentativen Umfrage des TÜV-Verbands sind 69 Prozent der Bundesbürger der Meinung, dass E-Scooter eine gute Möglichkeit sind, um die Mobilität der Menschen zu verbessern. 43 Prozent können sich vorstellen, Elektrotretroller zu nutzen. Unter den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar 55 Prozent. Für ein völlig neues Verkehrsmittel sind das sehr hohe Akzeptanzwerte. Damit E-Scooter ihre Vorteile auf Strecken von und zu den Haltestellen des Öffentlichen Nahverkehrs voll entfalten können, sollten die Verkehrsbetriebe die Mitnahme in Bussen und Bahnen grundsätzlich erlauben. Dafür ist bei vielen Betrieben eine Änderung der Beförderungsbedingungen notwendig.
Der TÜV-Verband rät allen E-Scooter-Nutzern, einen Helm zu tragen. Auch die Sharing-Anbieter sollten Verantwortung übernehmen und Helme kostenfrei zur Verfügung stellen. Da künftig alle Personen ab 14 Jahren Elektro-Tretroller fahren dürfen, empfiehlt der TÜV-Verband die Einführung von geeigneten Schulungsmaßnahmen für junge Verkehrsteilnehmer. Der Fahrradführerschein reicht für motorisierte Fahrzeuge wie E-Scooter nicht aus", so Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands. (dpa)