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IT-Infrastruktur: Mehr Smartphone als Auto

13.05.2020 11:00 Uhr | Lesezeit: 5 min
Digitalisierung Vernetzung
Schrumpfkur: Neue IT-Fahrzeugarchitekturen setzen nicht auf viele einzelne Steuergeräte, sondern auf einen oder zwei zentrale Rechner.
© Foto: Adobe Stock/Production Perig

Die Autohersteller orientieren sich an Tesla und wollen die Fahrzeuge künftig mit ein oder zwei performanten Zentralrechnern versorgen, die sämtliche Auto-Funktionen steuern und auch autonome Fahrfunktionen möglich machen.

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Die Meldung schlug ein wie eine Bombe: Die japanische Tageszeitung "Nikkei Asian Review" hatte einen Tesla vom Typ Model 3 zerlegt und festgestellt, dass die IT-Architektur des Fahrzeugs der etablierten Konkurrenz meilenweit voraus sei.

Sechs Jahre Vorsprung für Tesla

Nikkei spricht von einem Vorsprung von sechs Jahren gegenüber den anderen Autoherstellern. Ein besonderes Augenmerk legten die Japaner dabei auf den Zentralrechner, den sogenannten Full Self Driving Computer, den Tesla mitsamt Software selbst entwickelt hat. Dieser performante Rechner ist nicht nur in der Lage, das Auto autonom fahren zu lassen, sondern kann auch sämtliche Systeme des Autos steuern.

Im Gegensatz zu Tesla setzen die etablierten Hersteller noch viele verschiedenene Steuergeräte in Pkw ein, die neben dem Motor sowie Fahrerassistenzsystemen und Infotainment auch Funktionen wie die Servolenkung oder die Klimatisierung steuern. Bis zu 100 Steuergeräte sollen je nach Fahrzeugklasse verbaut sein. Im Grunde handelt es sich dabei auch um kleine Rechner, die mit unterschiedlichen Betriebssystemen ausgestattet und vernetzt sind. Der Trend geht jedoch in die andere Richtung: In Zukunft sollen Autos nur noch einen oder zwei performante Rechner mit einem Betriebssystem besitzen und die Vielfalt an Steuergeräten als "Softwaremodule" abbilden können (siehe Interview mit Ralf Herrtwich). Die Transformation stellt die Autohersteller vor Herausforderungen, denn die Steuergeräte-Vielfalt ist bei den etablierten Herstellern historisch gewachsen und jeder Zulieferer bietet ein eigenes System mit eigenem Steuergerät an.

Tesla hat hier den Vorteil, die Fertigung des Computers und die Software selbst in der Hand zu haben. Denn viele einzelne Systeme bergen eine gewisse Komplexität, denn es können durchaus Fehler im Software-Code vorhanden sein, die durch Updates behoben werden müssen. Teilweise sind für den Autohersteller teure Rückrufaktionen notwendig, wenn sicherheitsrelevante Systeme betroffen sind. Hier bietet ein zentrales System Vorteile, denn ein Software-Update muss nicht auf verschiedenen Steuergeräten ausgerollt werden, was im Regelfall nur in der Werkstatt möglich ist. Mit Software-Updates "Over-the-Air" können die Fahrzeuge über Mobilfunk auf den neuesten Stand gebracht und Fehler im Programmcode geschlossen werden.

Es zeigt sich zudem der Trend, dass sich in Autos künftig - wie beim Smartphone auch - neue Funktionen per Software oder als App nachrüsten lassen. So könnten sich beispielsweise Leistungs-Upgrades für das Auto oder eine bessere Soundanlage freischalten lassen. Natürlich nur, wenn die Hardware des Autos das auch unterstützt. Die höheren Kosten einer einheitlichen "Luxus-Ausstattung" in den Fahrzeugen würden sich für die Autohersteller durch die hohen Stückzahlen relativieren.

Ein erstes Umschwenken ist bereits erkennbar: Beim Stromer ID.3 von Volkswagen soll eine neue IT-Architektur zum Einsatz kommen. Bislang krankt das System jedoch daran, dass es Software-Probleme gibt, die den Start des Autos verzögern. Der Autobauer stellt deshalb fleißig IT-Fachleute ein. Vielleicht lässt sich der Vorsprung von Tesla so noch einholen. (Alexander Junk)

Kurzfassung

In Zukunft sollen Autos eine zentrale Rechner-Architektur und nicht mehr eine Vielzahl von Steuergeräten besitzen. Das bringt viele Vorteile, aber auch Herausforderungen für die Autohersteller, die auf Zulieferer angewiesen sind.

Die Meldung schlug ein wie eine Bombe: Die japanische Tageszeitung "Nikkei Asian Review" hatte einen Tesla vom Typ Model 3 zerlegt und festgestellt, dass die IT-Architektur des Fahrzeugs der etablierten Konkurrenz meilenweit voraus sei.

Fragen an ...

Ralf Herrtwich
Ralf Herrtwich, Senior Director Automotive Software bei Nvidia
© Foto: Nvidia

asp: Herr Herrtwich, momentan haben viele Fahrzeuge noch bis zu 100 Steuergeräte an Bord. Sehen Sie einen Trend wie bei Tesla, sie durch einen performanten Zentralrechner zu ersetzen?

Ralf Herrtwich: Nvidia und Tesla waren die Ersten, die innerhalb eines Fahrzeugs einen zentralen Computer für die gesamte Datenverarbeitung eingesetzt haben. Wir sehen das jetzt im größeren Stil auch bei der gesamten Automobilindustrie. Sehr viele dezentrale Steuergeräte im Fahrzeug sollen durch ein oder zwei performante Computer ersetzt werden, auf denen die meisten Funktionen nur noch über Softwaremodule realisiert werden. Bei den traditionellen Herstellern dauert es allerdings noch etwas länger, da sie anders als Tesla viele dezentrale Steuergeräte haben, die schon auf dem Markt sind. Hier ist die Herausforderung, die alte in die neue Umgebung zu transferieren. Ich würde aber behaupten, dass wir in fünf Jahren bei den großen Automobilherstellern so eine IT-Architektur wie bei Tesla haben werden.

asp: Das heißt, viele der bislang eingesetzten Steuergeräte werden überflüssig?

R. Herrtwich: Sofern das sinnvoll ist, schon. Bereits jetzt versucht man beispielsweise den Fahrerassistenzcomputer und die Head Unit, die für das Infotainment zuständig ist, durch einen Rechner zu ersetzen. Im nächsten Schritt wird man viele Steuergeräte wie beispielsweise für die Lichtsteuerung in einen Zentralrechner integrieren. Sicherheitsrelevante Dinge wie Bremsen und Lenkung wird man wahrscheinlich noch längere Zeit eigenständig lassen.

asp: Bringt ein Zentralrechner auch Vorteile bei Software-Updates?

R. Herrtwich: Ja, Software-Updates werden erleichtert, da eine homogene Plattform vorhanden ist. Für einen Fensterheber ist eine Update-Funktion 'Over-the-air' natürlich nicht so entscheidend, wohl aber für die Head Unit eines Autos. Je länger die nicht mit Updates versorgt wird, desto schneller sieht sie alt aus. Deswegen sind Aktualisierungen für solche Systeme am wichtigsten. Die Fahrzeughersteller haben trotz anfänglicher Skepsis schnell gesehen, das OTA-Updates gewisse Vorteile bringen, Funktionen nachzurüsten oder auch eine Fehlerkorrektur vorzunehmen, für die sonst eine aufwändige Rückrufaktion notwendig wäre.

asp: Wie lässt sich das System gegen Hackerangriffe von außen schützen?

R. Herrtwich: Das System muss validiert werden, dafür gibt es bestimmte Methoden. Die Daten bei OTA-Updates müssen natürlich auch mit einer abgesicherten Methode ins Fahrzeug kommen, das kann man jedoch mit vertretbarem Aufwand sicherstellen. Auch hier ist Tesla ein gutes Beispiel, dass es funktionieren kann.

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