Die PS-Zahlen der Elektro- und Plug-in-Hybrid-Modelle schießen in Höhen, die vor 15 Jahren Supersportwagen vorbehalten waren. Dass das alles andere als sinnvoll ist, steht außer Frage. Gerade beim E-Auto sollte man bewusst die passende Variante wählen und nicht dem Motto „höher, schneller, weiter“ frönen – denn das geht oft nach hinten los. Ein gutes Beispiel ist der kürzlich gefahrene VW ID.7 GTX mit 340 PS VW preist ihn als bislang stärksten Kombi der Marke an – toll. Das Einzige, was der GTX den schwächeren Versionen mit 286 PS voraus hat, ist der Allradantrieb, den braucht zumindest der allergrößte Teil der Autofahrer diesseits der Alpen nicht.
Polestar 2 Long Range Single Motor (2024)
BildergaleriePolestar 2 hat bis zu 476 PS
Ein noch größeres PS-Portfolio bietet Polestar beim Polestar 2 an, der vor rund einem Jahr ein optisch minimales und technisch imposantes Update erhielt. Polestar verkauft sich immer gern als „Performance-Marke“. Wer mehr darüber lesen möchte, schaut kurz hier hinein. Performance-Marke kann jedoch alles und nichts bedeuten und im Falle der Schweden (mit chinesischen Wurzeln) soll es sich auf die Fahreigenschaften beziehen – inklusive Leistungsangebot, das von 272 bis 476 PS reicht. Also schnell in der Beschleunigung, schnell um die Kurven, schnell beim Bremsen und (fast) schnell bei Top-Speed und Ladetempo. Die beiden letzten Werte lauten 205, km/h und kW – beides erst seit dem Facelift. Und beides reicht und ist schneller als viele andere Stromer, egal, in welcher Größen- und PS-Klasse.
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Wir haben uns den Polestar 2 mit Heckantrieb (Single Motor) und großem 82-kWh-Akku (Long Range) vorgeknöpft. Auf dem Papier bereits das „Optimale“, was die Baureihe zu bieten hat. Der kleine Akku (70 kWh) ist zu reichweitenarm, der Allradler unsinnig stark und kann nicht weiter fahren als die Basis. Nach WLTP soll „unser“ Polestar 2 knapp 660 Kilometer weit kommen. In der Praxis schafft er auf der Landstraße 520 bei sommerlichen Temperaturen und mit City-Betrieb einige Kilometer mehr – auf der Autobahn aber auch deutlich weniger, doch dazu später mehr.
Astreine Fahrleistungen auch im "schwachen" Polestar 2
299 PS Maximalleistung geben die Schweden an. „Ausreichend“, aber in der Welt der Ü-50.000-Euro-E-Autos kaum bemerkenswert. Dennoch geht es in flinken 6,2 aus dem Stand auf Tempo 100. Je länger der Beschleunigungsvorgang anhält, desto weniger imposant wird er. Auf der Autobahn zieht der Polestar 2 dann bei Zwischenspurts ab 150 km/h beispielsweise im Vergleich zu einem Skoda Octavia RS mit 265 PS den Kürzeren. Macht nichts, die wenigsten Polestar-2-Fahrer gehen dieses Tempo mit. Dabei funktioniert das wunderbar. Stichwort Performance: Die nur gut 4,60-Meter lange Fließheck-Limousine – ein Octavia ist acht Zentimeter länger – liegt satt und sicher mit nötigem Restkomfort auf der Autobahn und zieht mit den 20-Zöllern (1.500 Euro extra) stoisch seine Bahnen. Das Fahrverhalten wünscht man sich bei vielen „Schnellfahrer-Autos“, egal ob E-Antrieb oder mit Verbrennungsmotor. Die Windgeräusche sind ab Tempo 150 zwar deutlich vernehmbar, aber nicht störend. Akustikverglasung gibt es im Polestar 2 nicht – hallo Polestar, das wäre doch mal was?
Klar, wer schnell fährt, steht früher an der Ladesäule. Mit dem Facelift vor rund einem Jahr hat Polestar die Basisversion richtig aufgewertet. Der einzelne E-Motor wanderte von vorn nach hinten, mit ihm der Antrieb der Räder, was jedoch den Wendekreis nicht verkleinerte, der mit mehr als zwölf Metern recht „geräumig“ ist.
Verbessert hat sich aber die Traktion. Und wer möchte, macht jetzt auf Fußbewegung auch einen Ausfallschritt mit dem Heck – irgendwie auch ein bisschen „Performance“. Hinzu kommt die aufgrund des neuen E-Motors deutlich bessere Effizienz. Wer will, cruist mit dem Polestar 2 mit 15 kWh durch die Lande. Wer auf der Autobahn mitschwimmt, landet eher bei 19 und wer so fährt, wie man es mit einem Performance-Auto machen kann, kommt auf gut 27 kWh – dann aber überholt einen kaum mehr jemand. Wer die 205 km/h oft nutzt, sollte nach gut 200 Kilometern einen Ladepunkt in Sichtweite haben. Das Tolle: Der im Navi prognostizierte Akkustand bei Ankunft am geplanten Ladestopp passt sich dem aktuellen Fahrstil gut an und stimmt bis auf ganz wenige Prozent bei Ankunft. Ist das ein HPC (High Performance Charger) – nichts anderes wird einem HPC (High Performance Car) gerecht –, hängt bei der 10–80-Prozent-Lade-Mittelstrecke gut 30 Minuten „am Kabel“, was einer Durchschnitts-Ladeleistung von etwa 110 kW entspricht.