Volkswagen rüstet sich für die großen Herausforderungen im After Sales der Zukunft. Trotz eines zunehmenden Anteils von Elektrofahrzeugen wolle man den milliardenschweren Geschäftsbereich weiter ausbauen, sagte Christian Dahlheim, Leiter Konzern Vertrieb, am Montag in Baunatal südlich von Kassel. "Der Bereich After Sales ist seit Langem eine wichtige Ertragssäule des Volkswagen Konzerns. Vor dem Hintergrund der Transformation in Richtung E-Mobilität und Digitalisierung arbeiten wir intensiv daran, dass das auch künftig so bleibt."
Die Autobranche steht unter Druck: Die Elektromobilität wird die Umsätze sowohl im Teile- als auch Servicegeschäft aufgrund der einfacheren Technik und des niedrigeren Wartungspotenzials reduzieren – VW geht von einem Rückgang um bis zu 30 Prozent aus. Den Werkstätten sollen digitalisierte Kundenprozesse helfen, sie sollen letztlich zu einer stärkeren Bindung des Kunden an den Betrieb führen und so höhere Umsätze generieren. Nicht berücksichtigt ist hierbei das lukrative Ölgeschäft, das sukzessive wegbrechen wird.
Zur Sicherung des Teileumsatzes (2018: 15,9 Milliarden Euro) setzt Volkswagen auf den kontinuierlich steigenden Konzernfahrzeugbestand und digitale Services. Derzeit betreuen weltweit 25.000 Werkstätten 100 Millionen Fahrzeuge. Bis 2050 geht Dahlheim von 150 Millionen Autos aus, die von den zwölf Marken dann gewartet und repariert werden.
"Fahrzeugwartung wird zum Erlebnis"
Eine höhere Kundentreue wollen die Wolfsburger durch die konsequente Digitalisierung der Vertriebsprozesse und die Vernetzung der Fahrzeuge erreichen, wie Imelda Labbé, Leiterin Konzern After Sales betonte: "Wir werden unsere Kunden gemeinsam mit den Servicebetrieben wesentlich individueller ansprechen als heute und dadurch ihre Loyalität signifikant steigern. Fahrzeugwartung wird zum rundum sorglosen Erlebnis: bequemer, transparenter und effizienter als je zuvor."
Möglich machen soll dies die – vom Kunden freigegebene – gemeinsame Datennutzung zwischen Handel und Hersteller. Über das Smartphone oder das Infotainment soll der Kunde beispielsweise zukünftig proaktiv über bevorstehende Serviceereignisse informiert werden, inklusive eines konkreten Terminvorschlags in seiner bevorzugten Werkstatt.
In den Betrieben soll die Digitalisierung die Kernprozesse deutlich beschleunigen. Bei einem durchschnittlichen Werkstattauftrag fallen heute rund 80 Minuten administrative Tätigkeiten in bis zu 15 verschiedenen Systemen an, wie Labbé vorrechnete. "Mit der Einführung von Digital After Sales, der zukünftigen Systemgeneration, werden durchschnittlich nur noch 15 Minuten angestrebt. Damit wird eine deutliche Reduzierung um mehr als 80 Prozent erreicht." Die Serviceberater würden dadurch von nicht wertschöpfenden Tätigkeiten entlastet und könnten sich intensiver um die Kundenberatung kümmern.
Weltweites Masterdepot in Nordhessen
Die Elektromobilität stellt aber auch neue Anforderungen an das Original Teile Center (OTC) in Kassel. So werde dort aktuell ein Pilotversuch durchgeführt, um die optimalen Lagerbedingungen für die Batterien zu testen, die dann im Bedarfsfall als Originalteile sofort zum Einsatz kommen müssten, erklärte Dahlheim. Und weiter: "Die E-Mobilität wird die Komplexität der Logistik zunächst weiter erhöhen (bis 2030, Anm. der Redaktion). Zum Sortiment der konventionell angetriebenen Fahrzeuge mit durchschnittlich 4.000 Teilen kommen Plug-in Hybride mit 4.500 Teilen und E-Fahrzeuge mit weniger als 3.000 Teilen."
In Baunatal befinden sich 40 Prozent der Lagerfläche (mehr als 1,2 Millionen Quadratmeter) des weltweit tätigen Autobauers. 2.400 Mitarbeiter kümmern sich rund um die Uhr um die Teileversorgung für 86 Länder. (rm/rp)