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Youngtimer: "Spezialisten gefragt"

18.02.2016 11:00 Uhr
Youngtimer: "Spezialisten gefragt"

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asp: An welche speziellen Eigenheiten sollten Werkstattunternehmer denken, wenn sie in den Modern-Classic-Markt einsteigen möchten?

A. Zühlke: Das Alter der Fahrzeuge im Bereich "Modern Classic", auch als Youngtimer bezeichnet, liegt zwischen 20 und 30 Jahren. Die Werkstatt hat es also mit der Technik aus den 1980er- und 1990er-Jahren zu tun. Das heißt: nur begrenzte Eigendiagnosefunktionen, keine einheitlichen Diagnoseschnittstellen und ein höherer Anteil an mechanischen, wartungsintensiven Komponenten. Für das Arbeiten an den Systemen sind andere Diagnosetechniken und Prüfmittel erforderlich als heute üblich. Zudem sind handwerkliche Fähigkeiten gefragt, die besonders bei jungen Mechatronikern nicht mehr zum Standard gehören. Das sind beispielsweise das Einstellen eines Zündverteilers oder des Ventilspiels, aber auch das manuelle Messen elektrischer Größen mit dem Oszilloskop. Dies erfordert neben der geeigneten Prüftechnik und den fahrzeugspezifischen Prüfdaten auch das Know-how des Technikers.

asp: Jetzt hätten Sie die Gelegenheit, mit am Markt kursierenden Fehlannahmen aufzuräumen?

A. Zühlke: Der Marktanteil der Fahrzeuge im Segment Modern Classic ist weit höher als oftmals angenommen. Aus den Baujahren Ende 1970 bis Mitte 1995 sind circa zehn Millionen Fahrzeuge im Feld, viele davon im Alltagsgebrauch. Für Wartung, Diagnose und Reparaturarbeiten an den Fahrzeugen sind Spezialisten gefragt, die nicht nur die technischen Voraussetzungen erfüllen, sondern dem Fahrzeughalter auch in Sachen Reparaturstrategie und Wertentwicklung des Fahrzeugs beraten können. Besonders bei den Fahrzeugen, wo mit einem steigenden Wert zu rechnen ist, sollte eine Instandsetzung nicht alleine das Wiederherstellen der Funktion, sondern auch die erforderliche Reparaturethik berücksichtigen. Unglücklich gewählte Reparaturmaßnahmen können erheblichen Einfluss auf die Wertentwicklung des zukünftigen Oldtimers haben.

asp: Wie nehmen Werkstattunternehmer hierbei ihre Mitarbeiter am besten mit?

A. Zühlke: Es genügt vermutlich nicht, den alten Motortester aus dem Keller zu holen. Vielmehr sollten die Mitarbeiter verstehen, welche Anforderungen und Chancen dieses Geschäftsfeld birgt. Der Werkstattunternehmer muss die Voraussetzungen für fach- und sachgerechtes Arbeiten an den Fahrzeugen im angepeilten Alterssegment schaffen. Hierzu gehört besonders die Qualifikation der Mitarbeiter.

asp: Viele Mitarbeiter haben sich mittlerweile an moderne Diagnosegeräte gewöhnt. Bei Classic Cars kommt man hier nicht weit. Wie lässt sich brachliegendes Wissen Stück für Stück aufbauen?

A. Zühlke: In Abhängigkeit der Altersstruktur der Mitarbeiter ist das Fachwissen im Umgang mit den älteren Fahrzeugsystemen sowie den Prüf- und Reparaturtechniken noch vorhanden. In Betrieben, die sich mit Modern-Classic-Fahrzeugen beschäftigen wollen, darf diese Kompetenz nicht verloren gehen. Besonders der Umgang mit der älteren Prüftechnik sollte auch von den jüngeren Mitarbeitern geübt werden.

asp: Worin unterscheidet sich Ihr "Weiterbildungskonzept Modern Classic" von anderen am Markt befindlichen Ausbildungsangeboten?

A. Zühlke: Mit unserem modularen Weiterbildungsprogramm zum "Servicespezialist Modern Classic" schulen wir nicht nur den Umgang mit der Fahrzeugtechnik, sondern sorgen für Hintergrundwissen bei den mechanischen und elektrischen Funktionen der einzelnen Baugruppen. Hierzu gehören auch das Lesen von System- und Stromlaufplänen sowie das individuelle Erarbeiten von Fehlersuchstrategien. Neben dem obligatorischen Modul "elektrische Grundlagen", vermitteln wir das erforderliche Fachwissen in fünf Einzelseminaren: Zündanlagen, Gemischaufbereitung, Dieseltechnik, Fahrwerk und Bremse. Die Werkstatt kann die Module also frei, je nach Bedarf, auswählen. So lässt sich vorhandenes Wissen selektiv ergänzen und Mitarbeiter können in unterschiedlichen Bereichen qualifiziert werden. Bei allen Modulen liegt der Fokus auf den typischen Wartungs-, Diagnose- und Reparaturarbeiten an den Fahrzeugen der genannten Bauzeit. Für mehr Kompetenz im Beratungsgespräch mit den Kunden, zeigen wir in den Modulen grundsätzlich den Zusammenhang zwischen gewähltem Reparaturweg und Wertentwicklung des Fahrzeugs auf.

asp: Eine Anekdote aus Ihrem Schulungsalltag, die Classic-Cars-Neulingen Mut macht?

A. Zühlke: Wir erleben immer wieder, wie sich der Spaßfaktor bei Diagnose- und Instandsetzungsarbeiten erhöht, wenn die Funktionen und Zusammenhänge verstanden werden. Besonders bei den Modern-Classic-Fahrzeugen sind viele Baugruppen, durch den geringeren Elektronikanteil, leichter zu verstehen. Die so erworbenen Systemkenntnisse lassen sich dann auch auf moderne Fahrzeuge anwenden.

asp: Herr Zühlke, vielen Dank für die interessanten Antworten!

Interview: Patrick Neumann

Auf autoservicepraxis.de/klassik gibt's mehr zum Thema Classic Cars.

Kurzfassung

Lohnt sich der Einstieg in den Youngtimer-Service? Andreas Zühlke spricht von rund zehn Millionen Fahrzeugen, viele davon seien im Alltagsgebrauch. Eine Chance für Spezialisten mit dem richtigen Know-how und der passenden Prüftechnik.

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