Kurzfassung
Mit der Partikelzählung im Rahmen der neuen AU-Vorschriften werden Filterschäden offengelegt. Die Ursachen können vielfältig sein, von falscher Fahrweise bis zu missglückten Reinigungsversuchen.
Maximal 250.000 Partikel pro Kubikzentimeter Abgas dürfen Diesel-Fahrzeuge der Schadstoffklasse Euro 6 seit dem 1. Juli 2023 noch ausstoßen. Im Gegensatz zur bisherigen Trübungsmessung kann mittels Partikelmessgeräten der exakte Feinstaubausstoß gemessen werden. Im Nachbarland Belgien ist die Verordnung bereits seit 1. Juli 2022 im Landesteil Flandern in Kraft. Dort liegt der Grenzwert allerdings bei einer Million Partikel pro Kubikzentimeter und es werden auch Euro-5-Fahrzeuge gemessen. Erste Ergebnisse aus dem Zeitraum von Juli bis Oktober 2022 zeigen laut dem deutschen Verband der Werkstattausrüster ASA, dass von über 313.000 untersuchten Fahrzeugen rund sieben Prozent die Grenzwerte überschritten, bei Euro-6-Fahrzeugen sind es immer noch rund vier Prozent.Kurzstrecken sind Gift
Der Dieselpartikelfilter (DPF) kann aus verschiedenen Gründen auch vorzeitig seinen Dienst versagen. So führt häufiger Kurzstreckenbetrieb dazu, dass der Filter schnell mit Ruß vollgeladen ist, weil auf kurzen Strecken nicht das notwendige Temperaturfenster für die automatische Regeneration durch Verbrennen der Rußpartikel erreicht wird. Führt eine eingeleitete Zwangsregeneration nicht zum Erfolg, bieten viele Werkstätten eine chemische Reinigung an, bei der ein Mittel in das Abgassystem beziehungsweise den Filter eingespritzt wird, welches das Abbrennen des Rußes bei niedrigeren Temperaturen ermöglicht. Alternativ gibt es DPF-Reiniger, die dem Tank zugeführt werden.
In einer Pressemeldung vom April äußert Driv, die Ersatzteilsparte von Tenneco, Bedenken, was die DPF-Reinigung betrifft. So sei eine DPF-Reinigung aufgrund der chemischen und technischen Eigenschaften von Abgasnachbehandlungssystemen nicht geeignet, Filterprobleme im Allgemeinen zu beheben und einen Zustand einwandfreier Funktion zu erreichen. Michal Bobula von der Tenneco-Marke Walker, die auch Dieselpartikelfilter vertreibt, konkretisiert: "Die Reinigung eines abgenutzten, verstopften DPF mit chemischen Verfahren bleibt in der Regel wirkungslos." Vor allem mineralische Rückstände aus der Verbrennung seien laut Bobula mit chemischen Verfahren nicht zu entfernen, ohne die Filterwaben zu beschädigen. Das wiederum führe zu kleinen Gaslecks, die eine Erhöhung der Partikelzahl verursachen und dazu führen, dass das Fahrzeug die AU-Prüfung nicht besteht. "Mit der neuen, präzisen Messmethode der Partikelzählung haben wir die Möglichkeit, auch andere Fehlfunktionen des Filters wie Risse und Strukturschäden, die auch durch chemische Reinigung verursacht werden können, zu diagnostizieren", so Bobula. Die Wirkung einer professionellen Filter-Reinigung, solange auf Chemie verzichtet wird, spricht er für die Entfernung von Ruß und Asche nicht ab. Ist der Filter jedoch mit mineralischen Rückständen behaftet oder bereits in der Struktur geschädigt, rät der Ingenieur zum Filtertausch.
- Ausgabe 7-8/2023 Seite 036 (498.1 KB, PDF)
"Die chemische Reinigung eines Dieselpartikelfilters bleibt im Regelfall wirkungslos."
Michal Bobula, Tenneco
Keine richtige Reinigung
Martin Lang vom Filter-Reinigungsunternehmen DPF24 bestätigt die Aussagen von Bobula. "Eine chemische Reinigung, also das Einsprühen von chemischen Flüssigkeiten in den Abgasstrang beziehungsweise in den Filter, eventuell gar noch im eingebauten Zustand direkt am Fahrzeug und mit anschließender Reinigungsfahrt auf der Autobahn, ist nach unserer Erfahrung und Auffassung keine richtige Reinigung." Außerdem könne diese Methode dazu führen, dass sehr hoher Druck und Hitze den immer noch verstopften Filter zerstören. "Dies können wir immer wieder feststellen, wenn wir von Kunden Filter erhalten, an denen schon Reinigungsversuche aller Art unsachgemäß durchgeführt wurden. Oft ist ein Teil der Filterwaben geschmolzen und erfüllt natürlich dann nicht mehr seine Funktion", so Lang. "Ein Filter verbraucht sich nicht. Wenn er sachgemäß behandelt wird, bleibt er intakt", ergänzt Lang.
DPF24 reinigt unter anderem mittels schonender Kältetechnik den Partikelfilter im ausgebauten Zustand. Die Firma Greencar reinigt thermisch-hydraulisch im Durchströmverfahren. Dabei wird die geschlossene Filterpatrone mit Wasser und einem biologisch abbaubaren Öl-Splitter in beide Richtungen durchströmt und anschließend getrocknet. Währenddessen werden der Gegendruck und der Luftdurchlass gemessen sowie per Kamera das Innenleben geprüft.
Mirco Ortlieb, Geschäftsführer Greencar, berichtet außerdem von einer Zunahme nicht mehr zu reinigender Filter: "Etwa fünf Prozent der Bauteile sind nicht zu reinigen. Es ist ein leichter Anstieg zu verzeichnen, weil die Systeme älter werden und mit Euro 6 auch komplexer." Außerdem verzeichnet er auch bei neuen Fahrzeugen, vor allem der Marken Opel und Ford, häufige Qualitätsprobleme der Filter: "Die Kunden haben stellenweise schon nach wenigen tausend Kilometern Probleme, weil die Filter frühzeitig porös und rissig werden. Ein erhöhter Partikelausstoß ist die Folge", so Ortlieb.
Das kann aus seiner Sicht an der Materialqualität, aber auch am Einbauort nahe am Motor und dadurch größerer Hitzebelastung liegen. Darüber hinaus weist er darauf hin, dass sich bei neuen oder auch frisch gereinigten Filtern erst ein sogenannter Filterkuchen bilden muss (Konditionierung), um die Partikelgrenzwerte einzuhalten. "Wir geben auf jedem gereinigten Filter einen Warnhinweis, dass erst nach einer gewissen Fahrtstrecke, in der Regel 150 bis 200 Kilometer, die volle Filterleistung erzielt wird", so Ortlieb. Nach einer Reinigung oder einem Filtertausch sollte der Kunde also nicht sofort eine AU-Prüfung durchführen lassen.