Kurzfassung
Bevor Elektroautos das Motorenöl obsolet machen, werden Verbrennungsmotoren noch viele Jahre nicht zum alten Eisen gehören. Hybridfahrzeuge machen zudem immer speziellere und dünnflüssigere Öle notwendig.
Die Tage des Vebrennungsmotors sind gezählt: Ab 2035 sollen nur noch batterieelektrische Fahrzeuge verkauft werden. Geht es nach den Schmierstoff-Experten, wird bis 2030 aber noch der überwiegende Teil der Fahrzeuge mit zumindest einem Verbrennungsmotor unterwegs sein (siehe auch Interview mit Jürgen Ulmer von Chevron). Denn Hybridfahrzeuge haben auch einen Verbrennungsmotor an Bord, der wiederum neue Motorenöl-Formulierungen notwendig macht, weil der Motor oftmals im kalten Zustand auf eine hohe Drehzahl beschleunigen muss. Dadurch kann sich vermehrt Kondensat bilden, wenn das Öl nicht immer im optimalen Temperaturbereich läuft, und muss daher mit einem entsprechenden Additiv-Paket optimiert werden.
Auch die Vermeidung der gefürchteten Frühentflammung, auch Low-Speed-Pre-Ignition (LSPI) genannt, macht spezielle Additive notwendig, die den Motor sauber und frei von Verunreinigungen halten.
Trend zu niedriger Viskosität
Wichtigster Stellhebel für niedrigen Kraftstoffverbrauch und die Einhaltung der CO2-Grenzwerte ist aber die Viskosität des Motorenöls, die im Laufe der Jahre immer weiter abgenommen hat. Dieser Trend ist weiterhin ungebrochen: Motorenöle der SAE-Klasse 0W-20 und darunter sind in modernen Fahrzeugen schon Standard. Die Erklärung für den Verflüssigungswahn ist simpel: Weniger Reibung im Motor, gerade beim Kaltstart, sorgt für weniger Kraftstoffverbrauch und ermöglicht es überhaupt, die strengen Abgasnormen einzuhalten.
Dabei fällt auf, dass es mit einer einzigen Formulierung nicht getan ist: Jeder Autohersteller kocht sein eigenes Süppchen und verlangt spezielle Formulierungen, was die Anzahl der unterschiedlichen Öle auf einen neuen Höchststand treibt. So gibt es allein für Pkw beim Schmierstoffspezialisten Liqui Moly aktuell über 50 verschiedene Ölspezifikationen, die genau auf bestimmte Fahrzeuge abgestimmt sind. Öl übernimmt dadurch immer mehr die Rolle eines "flüssigen Ersatzteils".
Nachhaltigkeit wird wichtiger
Inzwischen hat auch die Schmierstoff-Industrie erkannt, dass Nachhaltigkeit und Umweltschutz Verkaufsargumente sind. Die Entwicklung steckt hier noch in den Kinderschuhen, doch Motul beweist mit seiner NGEN-Reihe (siehe Artikel auf S. 20/21), dass sich bestimmte Nischenprodukte aus regeneriertem Basisöl oder durch den Einsatz von nachwachsenden Rohstoffen nachhaltiger entwickeln lassen. Zahlreiche weitere Hersteller haben entsprechende Produkte angekündigt. Es bleibt spannend, was für Entwicklungen hier in den nächsten Monaten zu sehen sind.
Schon jetzt verzichten viele Schmierstoff-Hersteller auf Kunststoff-Gebinde und setzen stattdessen auf Bag-in-Box-Systeme, bei denen ein Kunststoffschlauch in einer Kartonbox steckt und sich nach Gebrauch deutlich platzsparender entsorgen lässt. Dadurch lassen sich über 90 Prozent Kunststoff einsparen, außerdem ist das Gewicht der leeren Gebinde deutlich niedriger.
Öl-Neuheiten der Hersteller - Übersicht Juni 2023
Bildergalerie- Ausgabe 6/2023 Seite 016 (1.7 MB, PDF)